Zähe Verhandlungen in Athen Griechische Politiker rechtfertigen die Pokerei

Athen (RPO). Seit drei Tagen in Folge versprechen die rivalisierenden Parteien in Griechenland eine handlungsfähige neue Regierung. Die Euro-Retter in Brüssel sind genervt, in der Bevölkerung wächst die Wut. Griechische Politiker aber rechtfertigten die Zeit, die für die Verhandlungen benötigt wird. Am Nachmittag soll Ministerpräsident Papandreou den Wechsel endlich einleiten.

 Das Kabinett in Athen reiht Notsitzungen aneinander. Die Minister haben ihren Rücktritt angeboten.

Das Kabinett in Athen reiht Notsitzungen aneinander. Die Minister haben ihren Rücktritt angeboten.

Foto: www.papandreou.gr, AFP

Der stellvertretende griechische Regierungssprecher Angelos Tolkos versprach am Mittwoch, die Zusammensetzung der neuen Regierung werde im Laufe des Tages bekannt gegeben. Er ließ aber nicht erkennen, wer der neue Ministerpräsident sein werde.

Ähnliche Äußerungen waren bereits am Dienstag gemacht worden. "Dieser Vorgang ist neu für das Land", sagte Tolkas dem Fernsehsender Skai. "Daher denke ich, dass drei Tage eine vertretbare Zeit für Verhandlungen darstellen, in denen jede Seite die nötigen Zugeständnisse machen muss."

Samaras spielt eine zweifelhafte Rolle

Er spielt damit auf die traditionelle Antagonie der beiden großen griechischen Parteien an, die Sozialisten und die konservative Neue Demokratie. Sie haben seit der Beendigung der Monarchie im Jahre 1974 nur selten zusammengearbeitet. Zumeist überwiegt der Drang, dem anderen eins überzuziehen.

Diesen Eindruck befeuerte zuletzt vor allem Antonis Samaras, Chef der Konservativen. Eine Zusammenarbeit mit der Regierung Papandreou im nationalen Interesse hat er bislang abgelehnt. In den Verhandlungen zu einer Übergangsregierung bestand er eingangs darauf, ein reines Technokraten-Kabinett zu bilden. Das Kalkül: Unbelastet in den Wahlkampf im Februar ziehen zu können. Samaras tickt noch in Wahlkampfmustern.

Der Top-Favorit für die Nachfolge Papandreous, der ehemalige EZB-Vize Lucas Papademos, hat sich Medienberichten zufolge gegen die Bedingungen Samaras' gestemmt. Seitdem steht er wieder in Frage. Er wollte offensichtlich nicht zulassen, dass die Parteien in den alten Wahlkampf-Modus zurückschalten, anstatt sich ihrer Verantwortung zu stellen.

Minister machen Platz für Nachfolger

Der Präsident der griechischen Zentralbank, Giorgos Provopoulos, erklärte am Mittwoch, die sofortige Bildung einer neuen Regierung sei "zwingend erforderlich". Jede Verzögerung drohe, "die Glaubwürdigkeit des Landes noch weiter zu untergraben", teilte Provopoulos in einer Erklärung mit. Angesichts des tagelangen politischen Tauziehens um die Zusammensetzung der Übergangsregierung brach die Börse in Athen am Mittwoch erneut zeitweise um mehr als drei Prozent ein.

Doch nun scheint es so, als ob der Boden für die baldige Bekanntgabe bereitet ist. Am Dienstag hatten sozialistische Mitglieder des Kabinetts bei Ministerpräsident Giorgos Papandreou ihren Rücktritt eingereicht. Dies ist Voraussetzung für die Bildung einer neuen Regierung, die nur bis zum Februar im Amt bleiben soll.

In den vergangenen Tagen hatte sich der Blick mehr nach Rom als nach Athen gerichtet. Es wurde befürchtet, dass die italienische Wirtschaft dasselbe Schicksal wie die griechische ereilen könnte. Wie Papandreou hat auch Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi versprochen, zurückzutreten.

Zustimmung zum neue Rettungspaket nötig

Aufgabe der neuen griechischen Regierung wird sein, das europäische Rettungspaket mit Krediten über 130 Milliarden Euro abzusichern und die entsprechenden Gesetze durch das Parlament zu bringen. Die Zustimmung ist Voraussetzung für die Freigabe der nächsten acht Milliarden Euro Kredithilfen, ohne die Griechenland noch vor Weihnachten bankrott wäre.

Am Montag hatten die Finanzminister der Eurozone verlangt, dass die Führer der beiden großen griechischen Parteien sich schriftlich verpflichten müssten, die Bedingungen für die Rettung einzuhalten, bevor Athen die nächste Darlehenstranche erhalten kann.

Sprecher der Regierung hatten mitgeteilt, für eine solche schriftliche Zusage seien die Unterschriften Papandreous und des Oppositionsführers Antonis Samaras ebenso Voraussetzung wie die des Direktors der Bank von Griechenland, des Ministerpräsidenten der neuen Koalitionsregierung und des neuen Finanzministers. Diese Forderung hatte eine scharfe Reaktion der Konservativen unter Samaras ausgelöst. Er werde nicht zulassen, dass jemand an seinen Worten zweifle. In diesen Tage stehe die nationale Würde auf dem Spiel.

(apd/AFP/rm)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort