Italien in der Krise Berlusconi gewinnt Parlamentsabstimmung

Rom (RPO). Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat zwar die Haushaltsabstimmung im Parlament gewonnen, verfügt aber nicht mehr über die Mehrheit in der Abgeordnetenkammer. 308 Abgeordnete stimmten am Dienstag für die Billigung des Rechenschaftsbericht 2010, 321 enthielten sich, keiner stimmte gegen ihn.

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Foto: dpa/Angelo Carconi

Direkt nach Bekanntgabe des Ergebnisses forderte die Opposition erneut den Rücktritt Berlusconis, um die nervösen Finanzmärkte zu beruhigen. Die Renditen italienischer Staatsanleihen waren am Dienstag auf den höchsten Stand seit der Euro-Einführung 1999 gestiegen. Silvio Berlusconi will sich zeitnah mit Präsident Giorgio Napolitano treffen. In einem Gespräch sollten die Konsequenzen des Mehrheitsverlusts diskutiert werden, berichtete die italienische Nachrichtenagentur Ansa.

"Die Regierung hat nicht die Mehrheit!", rief Oppositionsführer Pierluigi Bersani nach der Abstimmung. "Wir wissen alle, dass Italien die reale Gefahr läuft, in den kommenden Tagen Zugang zu den Finanzmärkten zu verlieren." Bersani bezog sich auf die Risikoaufschläge für italienische Staatsanleihen, die am Morgen auf einen Rekordwert von zeitweise 6,74 Prozent gestiegen waren. Am Vortag hatten sie noch 6,40 Prozent betragen, am Freitag 6,20 Prozent.

Durch die steigenden Renditen wird es für das schuldengeplagte Land immer teurer, sich frisches Geld an den Märkten zu besorgen. Die italienische Staatsverschuldung liegt mit 120 Prozent so hoch wie bis auf Griechenland in keinem anderen Euro-Land. Die Schulden der drittgrößten europäischen Volkswirtschaft sind mit etwa 1,9 Billionen Euro nach Ansicht von Experten zu hoch, als dass Italien von Europa im Notfall gerettet werden könnte.

Berlusconi studierte das Abstimmungsergebnis aufmerksam. Von den 321 Enthaltungen dürften die meisten aus den Reihen der linksgerichteten Opposition stammen, die diesen Schritt schon im Vorfeld angekündigt hatte.

Bossi fordert Berlusconis Abgang

Berlusconi reagierte auf die erneute Rücktrittsforderung an ihn nicht umgehend, bislang hatte er sich jedoch hartnäckig geweigert, seinen Posten als Regierungschef vor dem Ende seiner Amtszeit 2013 aufzugeben. Erst kurz vor der Abstimmung hatte Lega-Nord-Chef Umberto Bossi offen den Rücktritt seines Koalitionspartners gefordert. "Wir haben ihn gebeten zurückzutreten, einen Schritt beiseitezutreten", sagte der Vorsitzende der rechtspopulistischen Partei am Dienstag bei seiner Ankunft am Parlament zu Journalisten.

Bossi sagte, der Mann, den Berlusconi bereits zu seinem möglichen Nachfolger auserwählt hat, der ehemalige Justizminister Angelino Alfano, solle die Regierungsführung übernehmen. Es ist allerdings die Entscheidung des italienischen Staatspräsidenten Giorgio Napolitano, ob er einen neuen Ministerpräsidenten ernennt oder das Parlament auflöst und Neuwahlen ausruft. Berlusconis wankelmütiger Koalitionspartner hat den italienischen Regierungschef schon einmal zu Fall gebracht. 1994 entzog Bossi Berlusconi das Vertrauen und es kam zum Sturz der Regierung.

(dapd/felt)
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