Wer wird Papandreous Nachfolger? Griechenland erlaubt sich eine Hängepartie
Athen (RPO). Trotz aller Versprechen haben sich die griechischen Parteien noch immer nicht auf einen neuen Ministerpräsidenten verständigen können. Der bisherige Favorit, der Finanzexperte Lucas Papademos, stellte offenbar zu hohe Forderungen. Die Besetzung einer neuen Übergangsregierung soll heute bekannt gegeben werden. Die Europäer sind brüskiert.
Nach Angaben von Regierungssprecher Elias Mosialos verliefen die Gespräche zwischen dem scheidenden sozialistischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou und dem konservative Oppositionsführer Antonis Samaras positiv. Die zu bildende Regierung der nationalen Einheit soll in Griechenland die beim jüngsten Euro-Gipfel Ende Oktober gefassten Beschlüsse zur finanziellen Stabilisierung des hochverschuldeten Landes umsetzen.
Vor allem in der Frage, wer das neue Kabinett anführen soll, hätten beide Seiten eine "positive Annäherung" erzielt, sagte er am Montagabend. Der staatliche Fernsehsender NET hatte zuvor bereits von einer Einigung berichtet. Papandreou berief für den heutigen Dienstag 11 Uhr (MEZ) eine Kabinettssitzung ein. Ob den beiden Konkurrenten Papandreou und Samaras tatsächlich ein Durchbruch gelang, blieb am Montagabend zunächst unklar.
Unklar war weiterhin, wer Papandreous Nachfolger wird. Nachdem den ganzen Tag über der ehemalige Vizepräsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Lucas Papademos, als Favorit gehandelt worden war, brachten die griechischen Medien am Abend zwei neue Kandidaten ins Gespräch - den Vertreter Griechenlands beim Internationalen Währungsfonds (IWF), Panagiotis Roumeliotis, sowie EU-Ombudsmann Nikiforos Diamantouros.
Nach Informationen des Senders NET soll Papademos sein Ja zum unpopulären Posten des Chefs einer Übergangsregierung an eine Reihe von Bedingungen geknüpft haben: Unter anderem habe er eine reines Kabinett aus Technokraten abgelehnt und eine längere Amtszeit für die neue Regierung gefordert.
Samaras aber lehnte bislang eine Beteiligung seiner Nea Dimokratia (ND) an einer Übergangsregierung ab, deren Hauptaufgabe es sein wird, die Ende Oktober auf dem Brüsseler Gipfel beschlossenen Sparziele für Griechenland umzusetzen. Laut der Online-Ausgabe der Wochenzeitung "To Vima" wird es darüber am Dienstag "letzte Verhandlungen" geben.
Bei einem Treffen der Euro-Finanzminister in Brüssel begrüßten die Euro-Länder nach den Worten von Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker die Bestrebungen, eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden. Er sei erfreut, dass es nun den Willen zur Zusammenarbeit gebe, sagte der Chef der Eurogruppe und fügte hinzu: "Das hätte bereits vor Monaten geschehen sollen." Es sei "furchtbar schwierig" von den Menschen in Deutschland, den Niederlanden oder Belgien Solidarität mit Griechenland zu fordern, wenn es dort keinen Willen zu nationalen Zusammenarbeit gebe.
Damit die im Gegenzug für internationale Finanzhilfe vereinbarten Spar- und Reformziele von Griechenland weiter verfolgt werden, fordern die Euro-Länder von der neuen Regierung und den Chefs der beiden großen Parteien eine schriftliche und unwiderrufliche Bestätigung, dass sie den vereinbarten Weg weitergehen. Wenn die Zweifel über den Sparwillen der neuen Führung in Athen ausgeräumt seien, könne die gestoppte Überweisung der nächsten Rate aus dem Programm mit Hilfskrediten für Griechenland noch im November freigegeben werden, sagte Juncker.
Papandreou hatte vor einer Woche mit der Ankündigung für Aufregung gesorgt, die Griechen in einer Volksabstimmung über die Gipfelbeschlüsse abstimmen zu lassen. Unter internationalem Druck nahm er inzwischen Abstand von dem Vorhaben und kündigte an, zu Gunsten einer Einheitsregierung auf sein Amt zu verzichten. Auch seinen bisherigen Widerstand gegen Neuwahlen gab er auf.