Tagung der Finanzminister in Brüssel Euro-Länder verlangen von Athen schriftliche Zusagen

Brüssel (RPO). Die Euro-Länder kennen kein Pardon mehr: Noch bevor die neue griechische Regierung steht, diktieren sie Bedingungen für neue Milliardenhilfen. Zudem fordern die Euro-Finanzminister eine schriftliche Verpflichtung zum vereinbarten Spar- und Reformprogramm. Das Vertrauen nach dem zunächst angekündigten und später abgeblasenen Referendum ist aufgebraucht.

Erst nach Abgabe einer entsprechenden Erklärung durch die beiden großen Parteien gäben die Euro-Länder die Auszahlung der nächsten Kredittranche frei, erklärte Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker am Montag nach dem Treffen der Finanzminister in Brüssel. EU-Währungskommissar Olli Rehn ergänzte, die sechste Tranche über acht Milliarden Euro könne dann voraussichtlich im Lauf des November freigegeben werden. Griechenland müsse jetzt das Vertrauen wieder aufbauen, das es durch das zunächst angekündigte und dann abgeblasene Referendum über das Rettungspaket verloren habe.

"Ich bin nicht der einzige, der glaubt, dass die Ankündigung des Referendums ein Bruch des Vertrauens der Vereinbarung vom 27. Oktober war", sagte Rehn. Die Kommission habe deshalb nur ihre Forderung nach nationaler Einheit erneuert, wies er Kritik zurück, den griechischen Wählern vorschreiben zu wollen, für welche Regierung sie sich entscheiden sollten. Auf dem Euro-Gipfel Ende Oktober war ein neues Rettungspaket für Griechenland über 130 Milliarden Euro beschlossen worden sowie ein Verzicht der privaten Gläubiger auf 50 Prozent oder 100 Milliarden Euro ihrer Forderungen an das Land angekündigt worden.

Der sozialistische Ministerpräsident Giorgos Papandreou hatte völlig überraschend eine Volksabstimmung darüber vorgeschlagen, diesen Vorstoß auf Druck von Deutschland und Frankreich aber rasch wieder zurückgenommen. Er wird nun zurücktreten und Platz für eine Übergangsregierung machen mit den Konservativen, die die strengen Auflagen des Rettungsprogrammes bisher boykottierten und sich jetzt beugen sollen. Die Verhandlungen darüber zogen sich am Montag zum Ärger der Minister in Brüssel in die Länge.

Bis vor kurzem hieß es, Griechenland sei ohne das Geld Mitte November pleite. Nun sollen die Milliarden erst Mitte Dezember gebraucht werden. Die Eurogruppe werde über die Auszahlung der Tranche womöglich in einer Telefonkonferenz vor Ende des Monats entscheiden, kündigte Juncker an. Bis zum Jahresende soll außerdem das zweite Hilfspaket für Griechenland stehen, das einen massiven Forderungsverzicht privater Gläubiger vorsieht. Griechenland soll darüber mit den Banken und Fonds verhandeln. Dazu werde womöglich eine zusätzliche Sitzung der Eurogruppe in der dritten Dezemberwoche einberufen.

Detailarbeit an den Hebeln des ESF

Juncker sagte, bis Dezember werde die Eurogruppe zudem die neuen Instrumente des EFSF endgültig auf den Weg bringen. Die Finanzminister gaben EFSF-Chef Klaus Regling den Auftrag, anhand eines detaillierten Konzepts mit Investoren und Rating-Agenturen über die beiden geplanten Optionen zur Hebelung der verfügbaren EFSF-Mittel zu beraten. Danach werde entschieden, ob beide Modelle - die teilweise Risikoabdeckung von neu begebenen Staatsanleihen kriselnder Staaten und ein Investmentfonds zum Aufkauf von Staatsanleihen - in die Tat umgesetzt werden sollten oder nur eines von beiden, sagte Regling.

Bei der ersten Option, der Verlustabsicherung, soll der EFSF eine Garantie abgeben, im Fall eines Zahlungsausfalles des Staates, der die Anleihen begibt, den Verlust zu tragen. Diese Garantie könnte auch separat gehandelt werden. Um Spekulationen einen Riegel vorzuschieben, kann die Garantie aber nur zu Geld gemacht werden, wenn ihr Besitzer auch tatsächlich Staatsanleihen des betreffenden Landes hält.

Investoren scheuen zurück

Die zweite Option - jetzt CIF (Co-Investment Fund) statt SPIV (spezielle Zweckgesellschaft) genannt - soll dazu dienen, neben EFSF-Mitteln auch Gelder von staatlichen oder privaten Investoren einzusammeln, um Anleihen aufzukaufen. Beim Gipfel der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) in der vergangenen Woche hatte allerdings kein großes Drittland die von der Euro-Zone erhoffte Beteiligung an dem Spezialfonds zugesagt. Russland lehnte dies am Montag ausdrücklich ab.

Auch die Nutzung von IWF-Mitteln zur Stärkung des EFSF ist unklar, nachdem Deutschland strikt dagegen ist, die Sonderziehungsrechte der Euro-Länder beim IWF ins Feuer zu werfen. Über die Goldreserven sei jedenfalls nicht gesprochen worden - weder beim G-20-Gipfel noch in der Eurogruppe, betonte Juncker. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung hatte berichtet, beim G-20-Gipfel sei ein Rückgriff auf Sonderziehungsrechte und auch auf die Goldreserven der Bundesbank zur Stärkung des EFSF gesprochen worden. Regierungssprecher Steffen Seibert hatte bestätigt, Bundeskanzlerin Angela Merkel habe diesen Vorschlag abgelehnt, da allein die Bundesbank über die Reserven verfügen könne.

(RTR/pst/rm)
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