Profis oder Amateure? Regionalliga West spielt als einzige vierte Liga weiter

Frankfurt/Main · In der Regionalliga West wird Profifußball gespielt. Das sagt die Landesregierung NRWs und gestattet es den Vereinen, im November zu spielen. In Deutschland ist das beispiellos: Alle anderen Regionalligen befinden sich im Lockdown.

 Nur in Nordrhein-Westfalen gilt Viertliga-Fußball als Profifußball.

Nur in Nordrhein-Westfalen gilt Viertliga-Fußball als Profifußball.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Erleichterung in Köln, Unmut in Offenbach, Ungewissheit in Berlin: Die fünf Fußball-Regionalligen sind derzeit ein Musterbeispiel für den regional unterschiedlichen Umgang mit der Corona-Krise im Sport. Während Rot-Weiss Essen, Alemannia Aachen und die anderen viertklassigen Clubs in Nordrhein-Westfalen während des Teil-Lockdowns im November weiterspielen dürfen, ist der Spielbetrieb im Norden, Nordosten, Süden und im Südwesten unterbrochen.

Ein entscheidender Punkt in der Frage „spielen oder nicht spielen“ ist die Einordung des viertklassigen Fußballs: Zählt die Regionalliga als Profi-Mannschaftsport? Dann ist eine Fortsetzung des Spielbetriebs von den Beschlüssen der Politik gedeckt. Oder handelt es sich um Amateursport? Dann darf nicht gespielt werden.

Regionalliga West

Dass die Clubs im Westen weiterspielen dürfen, lässt gerade die ambitionierten Vereine aufatmen. „Die meisten Clubs arbeiten unter Profibedingungen. Deshalb ist die Entscheidung, weiterzuspielen, auch folgerichtig“, wird Marcus Uhlig, Vorstand bei Rot-Weiss Essen, vom „Reviersport“ zitiert. Man sei „sehr erleichtert“, erklärte Benjamin Bruns, Geschäftsführer von Fortuna Köln. „Das gibt Kraft und stärkt noch mehr den Willen für die nächsten Wochen.“

Unverständnis zeigte dagegen Oberhausens Präsident Hajo Sommers. „Es gibt keine Testungen. Ich betone: die Spieler werden nicht getestet und es geht weiter“, sagte Sommers. „Wie wollen wir das denn den Menschen erklären, die Kinos, Theater, Kneipen oder Restaurants schließen mussten?“

Problematisch könnte die Fortsetzung des Spielbetriebes für Vereine werden, die besonders stark von Zuschauereinnahmen abhängig sind. Wie in der Bundesliga sind auch in der Regionalliga keine Fans im Stadion zugelassen.

Regionalliga Südwest

Genau an der einheitlichen Beantwortung dieser Frage droht die schnelle Fortsetzung des Spielbetriebs im Südwesten zu scheitern. Dort spielen Teams aus fünf Bundesländern, die viertklassigen Fußballclubs werden entsprechend unterschiedlich klassifiziert. Am Dienstag liefen mehrstündige Beratungen der Verantwortlichen und der Vereine. Da unter anderem die zweite Mannschaft des FSV Mainz 05, der TuS RW Koblenz und der FK Pirmasens in Rheinland-Pfalz als Amateurclubs eingestuft werden, erscheint eine Spielpause bis Ende November als wahrscheinlichste Option.

Die Kickers Offenbach hatten die Liga bereits vor der Entscheidung in einem Offenen Brief zu einer Fortsetzung der Spielzeit aufgefordert und für den Fall einer Unterbrechung indirekt mit einem Gang vor Gericht gedroht. „Wir haben bereits in der jüngsten Vergangenheit gezeigt, dass wir auch juristisch kämpfen können und wollen“, schrieb OFC-Präsident Joachim Wagner, der die Ligen-Führung kritisierte.

Der Blick in den Südwesten macht ein grundsätzliches Problem der Regionalligen deutlich: Während einige Vereine mit großer Vergangenheit wie Offenbach de facto wie ein Proficlub aufgestellt sind, bezeichnet sich der Tabellenletzte Stadtallendorf selbst als Dorfclub.

Regionalliga Nordost

Der Nordostdeutsche Fußballverband (NOFV) hatte seinen Spielbetrieb ab Montag erst einmal eingestellt. Wie es weitergeht, soll an diesem Mittwoch in einer Videokonferenz besprochen werden. Da müssen sicher auch die Wogen geglättet werden. Die Aussetzung des Spielbetriebs und die Art der Verkündung hatte für Unverständnis gesorgt. „Es war unglücklich in der Gesamtheit, wie verfahren wurde. Wir wurden vom NOFV über die Medien informiert“, sagte Sportdirektor Rocco Teichmann vom bislang ungeschlagenen Tabellenführer Viktoria Berlin am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur.

Im Gegensatz zu anderen Clubs können die Berliner wenigstens den Trainingsbetrieb fortführen, da man vom zuständigen Bezirksamt professionelle Strukturen bescheinigt bekam. Beim BFC Dynamo wartete man noch auf eine Entscheidung der Behörden. Andere Berliner Clubs erwägen wohl, nach Brandenburg auszuweichen, wo das Training erlaubt wäre. Ob im Dezember dann wieder gespielt werden kann, ist für Teichmann derweil völlig offen. „Das ist wie ein Blick in die Glaskugel.“

Regionalliga Nord

Schon zügig nach den politischen Entscheidungen, den Amateursport im November größtenteils auszusetzen, gab der Norddeutsche Fußballverband in der vergangenen Woche bekannt, den Spielbetrieb zu unterbrechen. „Bei der Regionalliga Nord handelt es sich nicht um eine bundesweite Profispielklasse mit regelmäßigen Testungen. Folglich ist sie dem Amateursport zuzuordnen und fällt unter diese Verordnungen“, sagte Verbandspräsident Günther Distelrath der dpa.

Distelrath ist zuversichtlich, die Liga trotz der Unterbrechungen beenden zu können. Die Regionalliga für die Clubs in Bremen, Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein ist in diesem Jahr in eine Nord- und eine Südstaffel geteilt. „Dadurch haben wir jetzt ein bisschen Luft, die wir angesichts des nun bevorstehenden vierwöchigen Lockdowns auch dringend brauchen“, sagte Distelrath.

Regionalliga Bayern

In Bayern wird der Amateurfußball, zu dem auch die Regionalliga gezählt wird, gleich bis zum 31. Dezember 2020 unterbrochen. Im Süden hatten die Verantwortlichen schon vor Monaten einen anderen Weg eingeschlagen: Anstatt die Saison 2019/20 nach der Zwangspause im Frühjahr abzubrechen, unterbrachen sie die Spielzeit vorerst nur. Die Hoffnung liegt nun auf einem Neustart 2021. „Oberste Priorität – und das war von Anfang an so auch klar kommuniziert worden – hat der Ligen-Spielbetrieb der Saison 2019/20, den es zu retten gilt, damit wir hoffentlich zum 1. Juli 2021 wieder in geordnete Bahnen übergehen können“, sagte der im BFV-Präsidium für den Spielbetrieb verantwortliche Jürgen Faltenbacher.

(dpa)
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