Immer gleiche Namen So funktioniert die Trainerwahl in der Bundesliga

Düsseldorf · Thomas Tuchel ist beim FC Bayern München der logische Nachfolger für Julian Nagelsmann. Nur wenige Vereine in der Bundesliga denken außerhalb der immer gleichen Standards.

Julian Nagelsmann und Thomas Tuchel standen sich in der Bundesliga 2016 erstmals gegenüber.

Julian Nagelsmann und Thomas Tuchel standen sich in der Bundesliga 2016 erstmals gegenüber.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Die Gemüter haben sich wieder beruhigt. In den Schlagzeilen über die Bundesliga herrscht wieder Normalität. Dabei war es am Donnerstagabend zum großen Trainerbeben beim FC Bayern München gekommen. Julian Nagelsmann wurde von seinem Amt als Trainer entbunden, Thomas Tuchel wurde sein Nachfolger. Dem teuersten deutschen Coach aller Zeiten folgt nun mit dem ehemaligen Chelsea-Manager einer der besten seiner Zunft.

Dass die Wahl bei einer Nagelsmann-Demission auf Tuchel fallen würde, war letztlich nur logisch und folgerichtig. Wie die Bayern-Verantwortlichen Oliver Kahn und Hasan Salihamdzic am Samstag bestätigten, war Tuchels Verfügbarkeit ein Grund dafür, dass sie den Schwaben so plötzlich verpflichteten. Denn lange wäre er wohl auch nicht mehr auf dem Markt gewesen.

Im Endeffekt könnte man meinen, dass die Auswahl eines Trainers nach dem Prinzip eines Kartenspiels erfolgt: Es gibt ein Kartendeck mit allen verfügbaren Fußballtrainern, aufgeteilt auf mehrere Stapel. Wer seinen Trainer entlässt und seine Karte wieder in den Stapel legt, zieht eine neue Karte. Die Qualität und die finanziellen Möglichkeiten des Vereins entscheiden, aus welchem Stapel gezogen werden darf. Dieses Spiel geht bis runter in die Kreisliga. Wer es einmal geschafft hat, in irgendwelchen Gefilden arbeiten zu dürfen, wird dort auch immer wieder einen neuen Verein finden. Gemischt werden diese Stapel äußerst selten. Mit Verlassen des Vereins entscheiden die Leistungen des Trainers, in welchen Stapel er zurückgelegt wird.

Der FC Bayern, das war in der vergangenen Woche zu sehen, zieht aus dem Stapel mit der höchsten Qualität. Thomas Tuchel hat mit Chelsea die Champions League gewonnen, stand mit Paris im Champions-League-Finale, spielte mit dem BVB den höchsten Vereins-Punkteschnitt der Geschichte und verantwortete bei seiner ersten Station in Mainz die erfolgreichste Bundesliga-Saison überhaupt.

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Foto: dpa/Jan Woitas

Sehr zum Ärger von Real Madrid offenbar. Der spanische Top-Klub wäre, so heißt es, bei einem Abgang von Carlo Ancelotti nach Brasilien gern der Klub gewesen, der Tuchel hätte verpflichten wollen. Die heißesten Eisen sind nun Nagelsmann oder Antonio Conte, der gerade erst Tottenham Hotspur verlassen musste.

Aus Stapel zwei haben sich in der laufenden Saison bereits andere Klubs bedient. RB Leipzig zum Beispiel. Dort befinden sich die Trainer, die in Deutschland bei den besseren Vereinen unterkommen, international aber – wenn überhaupt – eher die zweite Klasse coachen dürfen. Die Sachsen holten mit Marco Rose den ehemaligen Trainer der Salzburger Tochter-Filiale, der zuletzt Borussia Mönchengladbach und den BVB trainierte. Zu dieser Klasse gehören auch Niko Kovac (VfL Wolfsburg) oder Oliver Glasner, der sich mit seinen Errungenschaften bei Eintracht Frankfurt aber auch für die internationale Klasse interessant gemacht hat und ebenfalls bei Tottenham im Gespräch sein soll.

Weitere Beispiele für diese Kategorie sind Domenico Tedesco, der nun sein Debüt als Nationaltrainer Belgiens gegeben hat, Lucien Favre, der zuletzt OGC Nizza in Frankreich trainierte, oder Roger Schmidt, der mit Benfica Lissabon zuletzt das Viertelfinale der Champions League erreichen konnte.

Aus Stapel drei mit den „üblichen Verdächtigen“ ziehen dann eher die abstiegsbedrohten Bundesligisten oder der Zweiten Liga. Dort sind Trainer, die nach Jobverlusten wirklich immer und überall ins Gespräch gebracht werden. Wie Bruno Labbadia, der mit 57 nun seine neunte Trainerstation in eben jenen Gefilden beim VfB Stuttgart übernommen hat, Michael Frontzeck oder Frank Kramer, der nach dem Abstieg mit Arminia Bielefeld für drei Monate den Bundesliga-Aufsteiger FC Schalke 04 trainieren durfte.

Nur wenige Vereine bewegen sich außerhalb dieses Radius. Der FSV Mainz 05 gilt dabei als Trainer-Talentschmiede. Neben Jürgen Klopp und Tuchel feierten dort Martin Schmidt (heute Sportdirektor der Mainzer), Sandro Schwarz (heute Hertha-Trainer), oder auch der jetzige Coach Bo Svensson ihr Debüt als Profitrainer. Auf diesem Pfad bewegt sich mittlerweile auch der VfL Bochum, der Thomas Reis aus der U19 des VfL Wolfsburg und den in Deutschland unbekannten Thomas Letsch aus den Niederlanden engagiert hat.

Der SC Freiburg, der seit mehr als elf Jahren von Christian Streich trainiert wird, aber auch der 1. FC Heidenheim, bei dem Frank Schmidt seit 16 Jahren an der Seitenlinie steht und noch vier Jahre Vertrag hat, beteiligen sich überhaupt nicht mehr am Spiel. Der 1. FC Köln hofft derweil, mit Steffen Baumgart endlich jemanden gefunden zu haben, der auch eine solch jahrzehntelange Ära prägen kann. Denn so versiert die Klubs auch sind im Spiel mit den Trainer-Karten, am liebsten würden sie das Spiel erst gar nicht spielen müssen. Weil sie einmal ihren Joker gezogen haben.

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