FC Bayern München Diese Krisenherde führten zum Nagelsmann-Aus

Analyse | Düsseldorf/München · Vor 21 Monaten zahlte der FC Bayern noch 15 Millionen Euro Ablöse plus Boni, um Julian Nagelsmann zu verpflichten. Nun muss er gehen. Das sind die Gründe für das vorzeitige Aus des Fußballlehrers.

Bayern-Trainer Julian Nagelsmann ist an mehreren Krisenherden gescheitert.

Bayern-Trainer Julian Nagelsmann ist an mehreren Krisenherden gescheitert.

Foto: dpa/Marius Becker

Julian Nagelsmann wurde vom FC Bayern München freigestellt. Für ihn übernimmt Thomas Tuchel. Dabei hatten die Verantwortlichen im Sommer 2021 noch 15 Millionen Euro plus Boni an RB Leipzig überwiesen, um Nagelsmann als Nachfolger für Hansi Flick zu verpflichten. 21 Monate später führten mehrere Krisenherde dazu, dass er die Kabine verloren hat und somit auch zum Aus.

  • Die aktuelle Tabellensituation

Die Bayern haben eine hervorragende Ausgangsposition auf Borussia Dortmund verspielt. In der Winterpause hatten die Münchner noch zehn Punkte Vorsprung auf den BVB. Nach drei Unentschieden zum Jahresauftakt, einer Niederlage gegen Gladbach und dem 1:2 am vergangenen Wochenende gegen Bayer Leverkusen wurde diese Stellung verspielt. Derzeit ist der Rekordmeister Zweiter mit einem Punkt Rückstand. „Nach gründlicher Analyse der sportlichen Entwicklung unserer Mannschaft speziell seit Januar und mit den Erfahrungswerten der Rückrunde in der Vorsaison haben wir jetzt gemeinsam entschieden, Julian freizustellen“, sagte Sportdirektor Hasan Salihamidzic. Der Vorstandsvorsitzende Oliver Kahn meinte, die „Leistungsschwankungen“ hätten die Saisonziele „in Frage gestellt“.

  • Formkrisen
Porträt: Das ist Julian Nagelsmann - TSG 1899 Hoffenheim, RB Leipzig, Bayern München
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Foto: dpa/Jan Woitas

Natürlich hatte Nagelsmann in seiner zweiten Saison mit dem Abgang von Robert Lewandowski zu kämpfen. Dessen vermeintlicher Ersatz Sadio Mané erwies sich bisher nicht als Verstärkung, war auch aufgrund von Verletzungen bisher kein Erfolgsfaktor. Allerdings haben auch die Leistungen von Leroy Sané, Serge Gnabry oder auch Joshua Kimmich zu wünschen übriggelassen. Bei seinen Stationen in Hoffenheim und Leipzig hat Nagelsmann Spieler besser gemacht, beim FC Bayern ist ihm dies nicht gelungen.

  • Peinliches Ausscheiden

Aktuell ist der FC Bayern eigentlich auf Kurs. Im DFB-Pokal hielt sich die Nagelsmann-Elf bisher schadlos, auch in der Champions-League ist die Mannschaft bisher von Sieg zu Sieg geeilt und zeigte zuletzt gegen Paris Saint-Germain vor allem dank taktischer Kniffe Nagelsmanns hervorragende Leistungen. In der vergangenen Saison war das jedoch anders: In der Königsklasse unterlag der FCB dem Underdog Villareal im Viertelfinale, im DFB-Pokal ein peinliches 0:5 in der 2. Runde gegen Borussia Mönchengladbach. In der Champions-League warten nun mit Manchester City der Top-Favorit und Ex-Bayern-Trainer Pep Guardiola auf die Bayern, im Halbfinale der Gewinner des Duells Chelsea gegen Real Madrid.

  • Der Tapalovic-Machtkampf

Noch Ende Januar hat Nagelsmann einen internen Machtkampf bei den Bayern gewonnen. Torwarttrainer Toni Tapalovic wurde nach zwölf Jahren wegen „Differenzen über die Art und Weise der Zusammenarbeit“ – so begründete es Sportvorstand Hasan Salihamidzic – entlassen. In der Mannschaft und im Staff pflegten jedoch viele gute Beziehungen zum gebürtigen Gelsenkirchener. Allen voran natürlich Keeper Manuel Neuer, der sich öffentlich wegen der Trennung brüskiert zeigte.

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Foto: AP/Andy Rain
  • Die Kabine verloren

Nicht nur aufgrund des Machtkampfs mit Tapalovic hat Nagelsmann die Kabine verloren. Nach dem 1:2 gegen Leverkusen gab es eine klare Ansage gegen Nagelsmann von Salihamidzic: „Das ist nicht das, was Bayern bedeutet“, sagte er damals und führte gleich eine lange Mängelliste auf. Mit Thomas Müller hatte er einen wortgewaltigen Führungsspieler gegen sich aufgebracht. Ständige taktische Wechsel wie zuletzt der abermalige Tausch von Vierer- auf Dreierkette waren ebenso wenig hilfreich. Nach Sport1-Informationen hatten sich zudem Reservisten immer wieder über mangelnde Spielzeit und schlechte Absprachen beschwert, die gestandenen Profis darüber, dass Nagelsmann nur mit Joshua Kimmich sprechen würde.

  • Eigenes Auftreten

Auch abseits des Sportlichen gab es immer wieder Probleme. Sei es beim Gladbach-Spiel vor wenigen Wochen, als er die Schiedsrichter als „weichgespültes Pack“ beschimpfte und sich auf der Spieltags-PK entschuldigen musste oder als er sich im April des vergangenen Jahres abfällig über die Freiwillige Feuerwehr geäußert hat. „Wir sind nicht bei der Freiwilligen Feuerwehr Südgiesing, sondern beim FC Bayern München und da geht es darum, in jedem Spiel eine ordentliche Leistung abzuliefern“, sagte er. Auch seine Beziehung zur ehemaligen Bild-Bayern-Reporterin Lena Wurzenbergersoll vor allem in der Mannschaft nicht gut angekommen sein. Als i-Tüpfelchen kommt die Maulwurfaffäre der vergangenen Wochen zu tragen. Taktische Notizen Nagelsmanns wurde gegenüber der Sportbild geleakt. Seine Äußerungen dazu waren ungewöhnlich.

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