Borussias Reise ins Heilige Land Die Gladbacher Freundschaft zu Israel

Mönchengladbach · 2008 gab es auch ein Freitagabendspiel beim BVB. Danach stand eine besondere Reise an. Tony Jantschke verpasste sie.

Lang ist’s her: Der damals 18-jährige Tony Jantschke vor fast genau zehn Jahren gegen Dortmunds Tinga.

Lang ist’s her: Der damals 18-jährige Tony Jantschke vor fast genau zehn Jahren gegen Dortmunds Tinga.

Foto: imago sportfotodienst

Es war auch ein Freitagabend. Und ebenfalls ein Spiel bei Borussia Dortmund. Tony Jantschke, heute 28, war damals zum zweiten Mal als gerade volljähriger Profi Mitglied der Gladbacher Anfangself. Im 5-4-1-Bollwerk, das Trainer Hans Meyer damals entworfen hatte für das Spiel des Letzten beim Tabellen-Achten, war er der zentrale Sechser im defensiven Mittelfeld. 1:2 verlor Gladbach an jenem 12. Dezember 2008. Danach hatten es die niederrheinischen Borussen eilig. „Wir sind anschließend direkt nach Israel geflogen“, erinnert sich Jantschke, der 2018 sein Bundesliga-Jubiläum feierte. Am 29. November 2008 hatte er beim 1:3 gegen Energie Cottbus seinen ersten Einsatz. Das „Wir“ indes schloss Jantschke nicht mit ein. Er zog sich im früheren Westfalenstadion eine Gehirnerschütterung zu und musste auf die Reise ins Heilige Land verzichten. Alexander Voigt musste kurzfristig einspringen.

Borussia reiste auf Einladung des DFB nach Israel. Von Dortmund aus ging es nach Frankfurt zum Flughafen, von dort nach Tel Aviv. Es war, man darf es so sagen, eine sehr kompakte Reise. Von Freitagabend bis Montag dauerte sie, und der straffe Terminplan machte möglich, dass die Borussen „an einem Tag so viel machten wie andere an zwei Tagen“, wie Reiseleiter Bar El sagte. Neben den Borussen waren eine vom damaligen DFB-Präsidenten Dr. Theo Zwanziger angeführte Delegation des Fußball-Verbandes mit dabei, zudem die U18-Nationalmannschaft jener Tage, zu der als einziger Borusse Patrick Herrmann, da 17, gehörte, die Nationalmannschaft der Autoren, 17 Sponsoren und gut 30 Fans.

Ein Spiel gegen das vom Ex-Borussen und Rekordnationalspieler Lothar Matthäus trainierte Team von Maccabi Nentanya gab es, einen Rundgang durch die histroische Altstadt von Jerusalem mit dem Tempelberg, der Via Dolorosa und der Klagemauer sowie einen Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, wo Herrmann und die anderen U18-Spieler einen Kranz niederlegten.

Zwei israelische Spieler waren in der Saison 2008/2009 im Borussen-Kader: Gal Alberman und Roberto Colautti. Alberman bekam Besuch von seiner Familie, die in der Nähe von Tel Aviv lebte. „Ich will meinen Kollegen zeigen, warum ich stolz auf mein Land bin“, sagte der Mittelfeldspieler, der von 2008 bis 2010 Borusse war. Er und Colautti, der am Ende jener Saison mit seinem Last-Minute-Tor zum 1:0-Sieg gegen Schalke extrem zur Rettung beitrug, waren nicht die ersten Israelis in Gladbach. Den Anfang machte ein Pionier: Shmuel Rosenthal, der als erster Spieler aus Israel 1972 in die Bundesliga wechselte. Er machte nur 13 Spiele (ein Tor) für Gladbach, doch passte sein Deutschland-Abenteuer am Niederrhein zur borussisch-israelischen Freundschafft, die sich in dieser Zeit entwickelte.

1969 hatte alles begonnen. Israels Nationalmannschaft war in Deutschland und suchte einen Gegner. Trainer Emanuel „Eddy“ Schaffer fragte bei Borussias Meistertrainer Hennes Weisweiler an, der früher an der Kölner Sporthochschule sein Lehrer gewesen war. Weisweiler sagte zu. Am 12. August 1969 gab es dann das Spiel Borussia gegen Israel, der Bundesligist gewann 3:0. Aus diesem Spiel heraus entstand eine Freundschaft zwischen Manager Helmut Grashoff und Schaffer, der zum Gegenbesuch einlud. Am 25. Februar 1970 war Gladbach dann die erste deutsche Mannschaft, die nach Israel reiste.

Es war ein Politikum in unruhigen Zeiten, die Spielerfrauen in Gladbach versuchten, Grashoff die Reise auszureden. Doch sie fand statt, und seither folgten einige weitere, unter anderem absolvierte Borussia mehrere Trainingslager in Israel. Insgesamt gab es 27 Begegnungen zwischen den Gladbachern und Teams aus Israel, hinzu kommen zwei Spiele von Borussias U23 gegen Klubs aus Israel (2010 und 2011). Die Reise vom Dezember 2008 war der bislang letzte Besuch im Heiligen Land. Schaffer, der 2012 starb, war damals auch da.

2014 wurde Borussia mit dem Zukunftspreis der Israelstiftung „für sein langjähriges, nachhaltiges und über den Sport hinaus wirkendes Engagement zur Völkerverständigung und Versöhnung zwischen Israel und Deutschland“ ausgezeichnet. „Die Freundschaft zu Israel ist ein wichtiger Teil unserer Vereinsgeschichte, auf den wir stolz sind“, sagt Borussias Geschäftsführer Stephan Schippers.

Tony Jantschke, der 2008 die Israel-Reise verpasste, holte diese 2013 nach. Mit der deutschen U21 spielte er dort bei der EM. Zum Aufgebot gehörten auch Patrick Herrmann und Matthias Ginter, der da noch beim SC Freiburg spielte. Ginter wird ganz sicher beim Tospiel am Freitag in Dortmund fehlen, auch Jantschke ist fraglich – und bei Herrmann ist zwischen einem Platz in der Startelf und einer Nicht-Nominierung alles denkbar. Klar ist: Nach dem Spiel steht keine eilige Abreise mit dem Ziel Israel an. Die Borussen haben einfach Weihnachtsurlaub. „Die Reise vor zehn Jahren war aber ein bleibendes Erlebnis“, sagt Herrmann.

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