Vor dem Spiel in Mainz Warum Dortmund sich Träume vom Titelkampf erlauben kann

Analyse | Dortmund · Mit einem Sieg am Mittwoch im Nachholspiel in Mainz würde Borussia Dortmund den Rückstand auf die Bayern auf vier Punkte verkürzen. Das macht noch einmal Hoffnung auf einen Titelkampf spät in der Saison.

 Die BVB-Erfolgswelle soll dem FC Bayern noch mal nahe kommen: Erling Haaland (r.) und seine Mitspieler jubeln jedenfalls am Sonntagabend schon mal gemeinsam über den Sieg gegen Arminia Bielefeld.

Die BVB-Erfolgswelle soll dem FC Bayern noch mal nahe kommen: Erling Haaland (r.) und seine Mitspieler jubeln jedenfalls am Sonntagabend schon mal gemeinsam über den Sieg gegen Arminia Bielefeld.

Foto: AP/Martin Meissner

Das Wort mit dem großen „M“ steht vorläufig noch auf dem Index. Aber natürlich wurden Trainer und Spieler von Borussia Dortmund nach dem 1:0 gegen Arminia Bielefeld und vor dem Nachholspiel bei Mainz 05 (Mittwoch, 18.30 Uhr) gefragt, ob es denn nun doch noch einmal einen Angriff auf die Meisterschaft geben könne. Schließlich wäre mit einem Erfolg über Mainz der Rückstand in der Tabelle auf vier Punkte verkürzt, und das Spitzenspiel in München wird auch noch erst gespielt – am 31. Spieltag.

Vorsichtige Hoffnung gestattete sich das BVB-Aufgebot zumindest. Trainer Marco Rose sagte zum vielleicht wieder eröffneten Titelkampf: „Ich wäre sofort dabei.“ Und Emre Can, der Mann für alle defensiven Aufgaben, wurde regelrecht stürmisch. „Wir träumen immer“, versicherte er.

Bevor die Träume allerdings zu groß werden und zu viel Wunschdenken den klaren Blick verstellt, beeilte sich Can mit der Landung auf dem Boden der Tatsachen. „Wir müssen von Spiel zu Spiel schauen und nicht auf die Bayern“, betonte er, „wenn wir unsere Spiele gewinnen, dann werden wir sehen.“

Große Erfolgsserien, das weiß der Verteidiger, sind dem BVB in dieser Saison noch nicht gelungen. Es ist eher ein Spieljahr der Jojo-Bewegung – mal ziemlich hoch fliegend, mal ziemlich tief. Rose sprach von „diesen Tälern, mal ein gutes Spiel, dann kommt ein schlechtes Spiel, dann ein ordentliches“. Ganz selten jedoch folgt auf ein gutes Spiel ein ebenso gutes – auch, weil es immer wieder prominente Ausfälle gab in der Dortmunder Mannschaft. Die Begegnung mit Bielefeld, wahrlich keinem Branchenriesen, war ein weiteres Beispiel. Fast eine komplette Mannschaft fehlte, unter anderem die Abwehrspieler Mats Hummels, Manuel Akanji und Raphael Guerreiro und Kapitän Marco Reus. Die Westfalen durften es bereits als großes Zeichen der Hoffnung bewerten, dass Giovanni Reyna und Erling Haaland in der Schlussphase als Einwechselspieler den Rasen betraten. Rose stellte mit Recht fest, man habe ihnen angesehen, dass sie „einige Zeit draußen waren“.

Trotzdem haben Dortmunder Träume selbstverständlich etwas mit der Rückkehr von großen Spielern und einer Stammformation mit dem besten Personal zu tun. „Wenn“, sagte Rose, „alle mal zurück sind und alle mal in Fahrt kommen, wenn wir eine Serie starten können…“ Er setzte den Satz nicht fort. Vielleicht merkte er mitten im Vortrag, dass eine Herausforderung des Branchenführers zum jetzigen Zeitpunkt ein bisschen arg verwegen klingt. Eine versteckte Kampfansage gönnte er sich dennoch. Er griff das Bild mit den Tälern noch mal auf und beteuerte: „Damit müssen wir uns beschäftigen. Dann kommt der Rest von ganz allein.“

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Vorerst sind das Absichtserklärungen. Und sie stehen im herben Kontrast zum Auf und Ab in den Leistungen, zu hinreißenden fußballerischen Vorstellungen auf der einen und verblüffenden Schwächen in den so bedeutenden Kleinigkeiten des Spiels auf der anderen Seite. Möglicherweise hatte den Dortmundern die vergleichsweise biedere Darbietung gegen die kleine Arminia deshalb ganz gut gefallen, denn sie hatte weder Höhen noch Tiefen. Das Rumpfaufgebot bewältigte seine Aufgabe mit sachlicher Kompetenz und nüchternem Mannschaftsspiel. „Fleißig“, nannte der Trainer, was sein Team geboten hatte, „es war ein Arbeitssieg, kein Spektakel. Ich bin froh, dass wir das Spiel zu Ende gekämpft haben.“

Seine fußballerische Vorstellung sieht allerdings anders aus. „Wir haben die Leute noch nicht so begeistert“, stellte er vor der Partie gegen Bielefeld fest. Wilde Partys auf den Rängen verursachte auch das 1:0 nicht. Zwischenzeitlich höhnten gar Fans aus dem Gästeblock: „Ohne Arminia wär hier gar nichts los.“ Roses Job besteht folglich darin, mit entsprechendem Fußball die Anhänger wieder auf seine Seite zu holen. Er drückte es ein bisschen geschraubt aus. „Im Optimalfall schaffen wir es, uns an die Begeisterung heranzuarbeiten“, sagte er. Die gedrechselt vorgetragene Zielvereinbarung beleuchtet nur, dass der Trainer es auch nicht so leicht hat. Er selbst erklärte: „Wo wir hinwollen, das ist schon komplex.“

Nicht einmal das Reden darüber ist einfach.

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