Deutschlandbesuch ab Dienstag Berlin rüstet sich für Obama

Berlin · Zwei Tage vor dem Berlin-Besuch von US-Präsident Barack Obama steht die Hauptstadt Kopf. Absperrungen und Sicherheitsüberprüfungen haben begonnen, Taucher durchsuchen die Spree nach Sprengstoff, Hotels und Restaurants müssen Sicherheitschecks erdulden.

Und hinter den Kulissen verhandelt die Obama-Regierung mit der Bundesregierung über Bodyguards, TV-Kameras und Gästelisten. Berlin erwartet den mächtigsten Mann der Welt.

Gegen 19 Uhr landet die "Air Force One"

Am Dienstag wird Obama gegen 19 Uhr mit der "Air Force One" auf dem Flughafen in Berlin-Tegel erwartet. Aus Sicherheitskreisen hieß es, Anwohner in der Nähe des Flughafens müssen von Dienstagnachmittag bis Mittwochnacht, wenn der Staatsgast wieder ausgeflogen ist, ihre Fenster mit Blickrichtung zum Flughafen geschlossen halten.

Mit Polizeischutz fährt Obamas Delegation dann zum Hotel am Potsdamer Platz. Rund um das Ritz-Carlton, das von Dienstag auf Mittwoch für normale Touristen geschlossen ist, sowie am Brandenburger Tor, wo der US-Präsident am Mittwochnachmittag eine Rede halten soll, wird für zwei Tage ein Hochsicherheitsbereich eingerichtet. Passanten sollen strikt kontrolliert werden und müssen einen Ausweis bei sich haben.

Obama hat 200 Sicherheitsleute dabei

Rund 200 eigene US-Sicherheitsleute begleiten angeblich den US-Präsidenten. Auf deutscher Seite ist das Bundeskriminalamt verantwortlich. Auskünfte erteilt die Behörde nicht. Alles ist streng geheim. Informationsschreiben der Polizei an Anwohner geben vereinzelt Auskunft darüber, was auf sie zukommen wird.

Die Straßen rund um den Pariser Platz am Brandenburger Tor sind bereits komplett gesperrt, auch Fahrräder dürfen den Bereich nicht passieren. Derzeit durchkämmt die Polizei das Areal mit Spürhunden. In der Kanalisation wird nach Sprengstoffen gefahndet, Gullydeckel werden verschweißt und versiegelt.

Dutzende Scharfschützen auf den Dächern

Am Mittwochmorgen werden sich dann Dutzende Scharfschützen auf den Dächern rund um den Pariser Platz breit machen. Obama will dort auf einer großen Bühne, 16 Uhr, gen Osten, also in Richtung des Hotels Adlon sprechen. Fast genau 50 Jahre nach der legendären Rede John F. Kennedys am Berliner Rathaus Schöneberg ("Ich bin ein Berliner") wird Obamas Ansprache mit Spannung erwartet.

In Regierungskreisen wird damit gerechnet, dass auch Obama ein Wort oder ein Satz auf deutsch sprechen werde. 8000 geladene Gästen müssen vier Stunden vor der Rede vor Ort sein, um umfassende Sicherheitsüberprüfungen zu durchlaufen. Das gilt auch für Bundestagsabgeordnete.

An dem Tag sollen rund um das Brandenburger Tor nur noch Fußgänger mit "berechtigtem Interesse" durchgelassen werden — zum Beispiel Anwohner oder Berufstätige. Gastronomen kapitulieren bereits und schließen ihr Lokal. "Es wäre für uns zu schwierig, die Gäste ins Lokal zu lotsen", sagte ein Restaurant-Chef.

Die ARD ist angeblich als einzige Fernsehanstalt akkreditiert, um von der Rede Obamas zu berichten. Die Fernsehchefs mussten dem Obama-Lager sogar mühsam abringen, dass sie mehr als eine Kamera aufstellen dürfen. Die übrigen Sender sollen sich vom ARD-Team das Bildmaterial geben lassen. Die deutsche Seite habe auf den Ablauf des Besuchs und den Umgang mit den Journalisten keinen Einfluss, berichtet ein Mitglied der Bundesregierung entnervt.

Eine Interviewanfrage der großen deutschen TV-Sender lehnte Obama ab. Dafür begleiten den Präsidenten Dutzende US-Journalisten. Den obligatorischen Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Berlin in Anwesenheit von Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit soll Obama erst nach langwierigen Verhandlungen zugesagt haben. Medienvertreter sind allerdings nicht dabei.

Wer eine Audienz beim US-Präsidenten in dessen Hotel am Potsdamer Platz bekommt, ist ein gut gehütetes Geheimnis. Neben US-Botschafter Phil D. Murphy, dessen Amtszeit in wenigen Wochen endet, wird Obama auf jeden Fall SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück empfangen. Der Termin mit dem Kanzlerkandidaten gehört in Wahljahren zum guten Ton der transatlantischen Beziehungen. Auch frühere Kanzlerkandidaten — von Franz-Josef Strauß bis Rudolf Scharping — trafen den jeweils amtierenden US-Präsidenten. Obama will Steinbrück angeblich in der Nähe des Hotels in der Repräsentanz der Commerzbank treffen.

Wer darf mit Obama zu Abend essen?

Hinter den Kulissen buhlen Politiker, Wirtschaftsführer und Medienvertreter um einen der rund 250 begehrten Pätze beim Abendessen mit Obama in Schloss Charlottenburg. Auf Einladung von Bundeskanzlerin Angela Merkel wird ab 19 Uhr ein festliches Dinner für Obama gegeben. Die Gästeliste ist bislang geheim und wird wesentlich auch von der üppigen Delegation Obamas bestimmt.

SPD und Grüne dürfen nach Informationen unserer Redaktion jeweils nur zwei Vertreter entsenden. Aus der SPD kommen Steinbrück und SPD-Chef Sigmar Gabriel. Fraktionschef und Ex-Außenminister Frank-Walter Steinmeier verzichtete offenbar zugunsten des Kanzlerkandidaten. Von den Grünen kommen Claudia Roth und Renate Künast.

Joachim Sauer sitzt neben Michelle Obama

Die Altkanzler Helmut Schmidt und Helmut Kohl sind angeblich eingeladen, ob sie teilnehmen, ist offen. Auch Altbundespräsident Richard von Weizsäcker, Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher und langjährige Transatlantiker wie Hans-Ulrich Klose, Ex-US-Botschafter John Kornblum oder der Chef der Atlantik-Brücke, Friedrich Merz, stehen auf der Liste.

Die Bundesregierung wird vollzählig vertreten sein. Einen der wenigen öffentlichen Auftritte wird auch Joachim Sauer, Ehemann von Bundeskanzlerin Merkel, haben. Er ist Miteinladender und wird neben Michelle Obama sitzen.

(brö)
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