Elf-Millionen-Euro-Projekt in Sonsbeck Politik hadert mit Plänen für OGS-Ausbau

Sonsbeck · Im Sonsbecker Schulausschuss fand die erste Aussprache nach Vorstellung der Machbarkeitsstudie durch das Planungsbüro Reichel statt. Keine der drei Gebäude-Varianten konnte überzeugen. Eine Option vier ist aber nicht in Sicht.

 Die Grundschule in Sonsbeck benötigt einen Neubau, der rund 1200 Quadratmeter Fläche umfasst.

Die Grundschule in Sonsbeck benötigt einen Neubau, der rund 1200 Quadratmeter Fläche umfasst.

Foto: Ostermann, Olaf (oo)

Für eine endgültige Entscheidung hat Sonsbecks Politik noch etwas Zeit. Das Thema OGS-Ausbau an der Johann-Hinrich-Wichern-Grundschule wird nicht nur im Bauausschuss am Donnerstag, 9. Juni, sondern auch nochmals im nächsten Sitzungszyklus nach der Sommerpause beraten. Doch schon jetzt zeichnet sich ab, dass der Beschluss von Bauchschmerzen begleitet gefällt werden könnte. Denn bereits bei der ersten Aussprache im Schulausschuss nach Vorstellung der Machbarkeitsstudie zum Offenen Ganztag wurde deutlich: Keine der drei vom Planungsbüro Reichel vorgestellten Gebäude-Varianten kann die Fraktionen überzeugen.

Wie berichtet, sollte das Planungsbüro Reichel ermitteln, wo und in welcher Größenordnung sich ein Neubau auf dem Schulgelände realisieren ließe. Hintergrund ist der bundesweite Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung an Grundschulen, der ab 2026 schrittweise eingeführt wird. In seiner Machbarkeitsstudie geht das Planungsbüro davon aus, dass die Sonsbecker Grundschule weiter dreizügig läuft und rund 65 Prozent der Kinder eine Ganztagsbetreuung in Anspruch nehmen. Nach dieser Rechnung entsteht ein Raumbedarf von 1200 Quadratmetern Fläche, inklusive Mensa. In der bestehenden Schule ist dafür kein ausreichender Platz vorhanden. Ein Neubau muss her. Dafür gibt es drei Optionen. Jede Variante kostet rund elf Millionen Euro.

Doch die Kosten waren im Schulausschuss gar nicht das vorrangige Problem. „Wenn wir schon so viel Geld in die Hand nehmen, sollte dabei eine optimale Lösung entstehen“, sagte Christa Weidinger (SPD). Als optimal wurde aber keine der drei Gebäude-Varianten erachtet. Alle Optionen beinhalten Nachteile.

Die erste Option sieht einen Neubau auf der Fläche des aktuellen OGS-Pavillons vor. Zu den Vorteilen dieses Standortes gehört, dass der Innenhof-Charakter des vom Schulgebäude umschlossenen Schulhofs erhalten bliebe, die Kinder kurze Laufwege hätten und für die Fläche Planungsrecht bestehe. Als entscheidender Nachteil wurde im Ausschuss aber die notwendige Dreigeschossigkeit des Gebäudes erachtet, um auf der kleinen Grundfläche den benötigten Raum von 1200 Quadratmetern zu schaffen. Dadurch wäre ein Großteil des Neubaus nicht barrierefrei. Hinzu kommt: Anders als bei den anderen Varianten ließe sich der jetzt für die OGS-Betreuung genutzte Pavillon nicht erst nach Erstellung des Neubaus abreißen, er müsse bereits vorher weichen. Also müsste eine Zwischenlösung für die Unterbringung der OGS-Kinder her, was zusätzliche Kosten verursache.

 In der ersten Gebäude-Varianten würde ein dreigeschossiger Neubau auf der Fläche des jetzigen OGS-Pavillons entstehen.

In der ersten Gebäude-Varianten würde ein dreigeschossiger Neubau auf der Fläche des jetzigen OGS-Pavillons entstehen.

Foto: Planungsbüro Reichel

Barrierefreiheit ließe sich in der zweiten Gebäude-Variante realisieren, die auf der Wiese hinter der Schule – derzeit als Bolzplatz genutzt – geplant ist. Bei dieser Option hätten die Schüler jedoch lange Laufwege vor sich, der Gebäudeteil wäre vom Schulhof abgetrennt, sodass für die Kinder eventuell eine zweite Spielfläche mit eingeplant werden müsste. Der Standort erfordere zudem die Neuversieglung von Fläche. Außerdem ginge im Bestandsgebäude Raum verloren, weil eine Verbindung zum Neubau hergestellt werden müsste.

 Die Gebäude-Variante zwei würde auf der Bolzwiese hinter dem Schulgebäude entstehen.

Die Gebäude-Variante zwei würde auf der Bolzwiese hinter dem Schulgebäude entstehen.

Foto: Planungsbüro Reichel

Wie Bürgermeister Heiko Schmidt im Ausschuss erklärte, sind in der Machbarkeitsstudie zunächst nur diese beiden Varianten erarbeitet worden. Aufgrund der überwiegenden Nachteile beider Optionen habe die Verwaltung angeregt, dass das Planungsbüro noch eine dritte Variante prüfen soll. „Alles andere wäre unehrlich“, begründete Schmidt. Diese Variante sieht vor, einen Neubau auf einer Fläche zu schaffen, auf der sich derzeit ein Gebäude mit vermieteten Wohnungen befindet. Das Gebäude müsste abgerissen werden und für die Menschen anderweitig Wohnraum gefunden werden. Laut Planungsbüro hätte diese Variante rein baulich gesehen aber die größten Vorteile: eine gute räumliche Vernetzung von Schule und OGS, kurze Laufwege, Barrierefreiheit, eine Vergrößerung der Schulfläche und Weiteres.

 Die nachträglich erarbeitete Variante drei sieht den Neubau auf der Fläche eines Gebäudes mit Mietwohnungen vor.

Die nachträglich erarbeitete Variante drei sieht den Neubau auf der Fläche eines Gebäudes mit Mietwohnungen vor.

Foto: Planungsbüro Reichel

Die SPD lehnte diese Variante vehement ab. In der heutigen Zeit Wohnraum aufzugeben und Menschen umzuquartieren sei unethisch, sagte Weidinger. Auch die BIS gab an, dass die dritte Variante baulich vielleicht die beste Lösung sei, aber sozial nicht verträglich. „Wir konnten uns mit keiner der Varianten wirklich anfreunden“, ergänzte Manfred Hegmann. Er habe das Gefühl, dass die Politik getrieben werde, eine Entscheidung zu treffen, obwohl keine Option überzeugen könne. SPD und FDP plädierten gar dafür, „nicht an den Varianten kleben zu bleiben“ und stattdessen mit der Schule eine vierte Option zu erarbeiten.

Tatsächlich war Grundschulleiter Martin Nenno bei der Sitzung anwesend. Und alle Ausschussmitglieder interessierten sich brennend dafür, welchen Favoriten er habe. Nenno betonte zunächst lediglich, nicht an den Kindern vorbeizuplanen. „Die Schüler sind seit zwei Jahren durch die vielen Einschränkungen der Pandemie ohnehin schwer gebeutelt“, so Nenno. Sie müssten derzeit die Turnhallensanierung hinnehmen und für den Sport bis zur Realschule laufen. Und nun solle auch ihre Schule zur Baustelle werden. „Es ist wichtig, die für die Kinder verträglichste Lösung zu finden“, sagte er. Nach mehrmaliger Nachfrage im Ausschuss gab er schließlich an, die Variante zwei mit dem Neubau am Bolzplatz persönlich am geeignetsten zu erachten.

  Die Gebäude-Varianten (v.l.) auf der Fläche des jetzigen OGS-Pavillons, auf der Wiese hinter der Schule und auf der Fläche eines aktuellen Wohnhauses.

Die Gebäude-Varianten (v.l.) auf der Fläche des jetzigen OGS-Pavillons, auf der Wiese hinter der Schule und auf der Fläche eines aktuellen Wohnhauses.

Foto: Planungsbüro Reichel
 Es gibt drei Varianten

Es gibt drei Varianten

Foto: Planungsbüro Reichel
 Es gibt drei Varianten

Es gibt drei Varianten

Foto: Planungsbüro Reichel

Bürgermeister Schmidt warf ein, eine Entscheidung über ein für die nächsten 40 Jahre vorgesehenes Gebäude nicht von der Bauzeit abhängig zu machen. Doch auch unter den Ausschussmitgliedern fand diese Variante letztlich die größte Zustimmung. BIS und SPD sprachen sich dafür aus. Die Grünen, die besonderen Wert auf die Barrierefreiheit setzten, favorisierten zwar Variante drei, um keine Fläche versiegeln zu müssen. „Wir können die Variante zwei aber auch mittragen“, sagte Christoph Fromont. Die FDP lehnt weiterhin alle drei Varianten ab. Die CDU hat sich noch nicht für eine Option entschieden.

(beaw)
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