Ringen Duell Neuss gegen Witten lässt keinen kalt

Neuss · Nach 13 Jahren steigt am Samstagabend in der Stadionhalle an der Jahnstraße endlich mal wieder der ewig junge West-Schlager der Ringer-Bundesliga.

 Im ersten Heimkampf des KSK Konkordia Neuss gegen den SV Alemannia Nackenheim setzte sich Ayub Musaev (l.) mit 6:2 gegen Viktor Lyzen durch.

Im ersten Heimkampf des KSK Konkordia Neuss gegen den SV Alemannia Nackenheim setzte sich Ayub Musaev (l.) mit 6:2 gegen Viktor Lyzen durch.

Foto: Agnes Werhahn

Sicher, das NRW-Duell in der Ringer-Bundesliga zwischen dem KSK Konkordia Neuss und dem KSV Witten hat schon etwas Patina angesetzt. Als sich die beiden Rivalen vor 13 Jahren das bislang letzte Mal gegenüberstanden, war Senator Obama gerade zum 44. Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt worden und die deutsche Fußball-Nationalmannschaft unterlag im EM-Finale Spanien mit 0:1. Aber der Herbst 2008 gehörte den Neusser Ringern: Am 4. Oktober gewannen sie in Witten mit 22:13, am 22. November triumphierten sie vor heimischem Publikum mit 24:11.

Lang, lang ist’s her ... Der heute als Sportlicher Leiter für die Konkordia tätige Fatih Cinar stand damals als ganz junger Aktiver im Kader der Mannschaft von KSK-Trainer Ayhan Aytemiz, aktuell sein Amtskollege auf Wittener Seite. Und geht es nach ihm, ist der Ausgang des Kampfes am Samstag (19.30 Uhr) in der Stadionhalle schon jetzt klar: „Neuss gewinnt! Und das ist nicht großkotzig. Wir wollen unserem Trainer Oleg Dubov, der mit seiner Frau einen dringend benötigten Entspannungsurlaub in Kroatien eingelegt hat, diesen Sieg schenken. “ Weil die Punkte am Ende vielleicht entscheidend sind für Play-off-Platz vier und damit den Klassenverbleib, wird er in Sachen Aufstellung indes ungewohnt schmallippig. Nur so viel: „Es sind einige Überraschungen drin.“

Auf jeden Fall freuen dürfen sich die Zuschauer, die Cinar in großer Zahl erwartet („500 sollten es definitiv sein.“), auf den nach zwei Einsätzen noch ungeschlagenen Ayub Musaev. Der 19-Jährige könnte in der Gewichtsklasse bis 66 Kilogramm auf George Ramm treffen. So wie vor fast genau zwei Jahren, als Musaev den da noch in Diensten des KSV Simson Landgraaf stehenden Briten im Top-Fight der Oberliga mit 8:6 bezwang. In der vergangenen, wegen der Corona-Pandemie abgebrochenen Bundesliga-Saison stand Ramm sogar in Neuss unter Vertrag, wechselte dann aber wie Kiril Kildau nach Witten, weil er hinter dem als Eigengewächs mit einer Einsatzgarantie ausgestatteten Musaev keine Perspektive sah.

Kurz vor Weihnachten 2019 war es zu einer denkwürdigen Auseinandersetzung zwischen den beiden Westklubs gekommen – allerdings nicht im Oberhaus, sondern in der Oberliga: Ausgerechnet beim „Final Six“ in der Bonner Schmitthalle kassierte der KSK gegen den KSV Witten II die erste (und einzige) Saison-Niederlage (14:18).

Und eine mehr als umstrittene dazu. Denn im ersten Kampf des Abends vor 450 Zuschauern stand Ahmed Anuhanov in seinem erst dritten Meisterschaftskampf vor einer Sensation: Der junge Neusser hatte in der Klasse bis 57 Kilogramm den mit 11:6 Punkten führenden Deutschen Jugendmeister Noah Englich geschultert – nach Ansicht des Kampfgerichts aber Sekundenbruchteile nach der Schlusssirene, so dass der Kampf mit zwei Punkten für Witten statt mit vier für Konkordia gewertet wurde. Punkte, die den Neussern in der Endabrechnung fehlten. Dass schließlich auch Platz zwei zur Rückkehr in die Eliteklasse reichte, nahm Cinar nichts von seiner Enttäuschung. „Ich wollte als Meister aufsteigen.“

Der Name Noah Englich steht im Übrigen auch für die zahlreichen Verflechtungen zwischen den beiden Vereinen: Der deutsche A-Jugendmeister von 2019 ist der Sohn von Mirko Englich (holte 2008 in Peking Olympia-Silber), der für eine Saison das Trikot des KSK trug und vor 13 Jahren auch zum Wittener Team gehörte, das Neuss mit 13:22 unterlag. Er gewann damals allerdings in der Gewichtsklasse bis 120 Kilogramm mit 3:0 gegen Björn Holk – nur einer der vielen in diesem Kampf vom KSK eingesetzten Ringer, die bis heute einen guten Ruf in der Quirinusstadt haben: Max Schwindt, am Samstag als Trainer für die Gastgeber in der Halle, Sergiy Skrypka, Jackson Vaillant-Cantero, Samet Dülger, seit 2015 Schwiegersohn von Ayhan Aytemiz, Mimoun Touba (im Rückkampf dabei) und Patrick Loës, der als Bundestrainer bei den Olympischen Spielen in Tokio gerade Gold mit Aline Rotter-Focken eingebracht hat.

Einige der alten Recken werden am Samstag ganz sicher in der Halle sein und sich mit einem wohligen Prickeln an glorreiche Zeiten erinnern. So wie Fatih Cinar das tut: „Wenn ich als Kind KSV Witten gehört habe, ging die Post ab. Dann musste ich dabei sein. Das ist für mich und die Leute hier wie Schalke gegen Dortmund.“

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