Radsport „Emu“ fährt am Ende allen auf und davon

Neuss · Es war die kurioseste Tour de Neuss aller Zeiten, doch am Ende der 82 Kilometer hatte sie den Sieger, auf den die meisten der mehr als 25.000 Zuschauer gehofft hatten: Emanuel „Emu“ Buchmann, am Sonntag auf den Champs Elyséés als Gesamtvierter der Tour de France vom Rad gestiegen, triumphierte dank eines fulminanten Antritts drei Runden vor Schluss, dem weder Nikias Arndt noch Vorjahressieger Nils Politt folgen konnten.

Mitternacht war längst vorbei, in Person von Altmeister Lars Teutenberg hatte sich der letzte Fahrer gerade auf den Weg gemacht, als sich Barthel Winands zufrieden auf seinem Stuhl im „Drusus 1“ zurücklehnte: „Letztes Jahr haben wir gesagt: Das ist nicht zu toppen,“ meinte der 2. Vorsitzende des Neusser Radfahrervereins, „dieses Jahr sagen wir das wieder.“

In der Tat: An ihrem „18. Geburtstag“ ist es der Tour de Neuss gelungen, auf die glanzvollen Vorjahre noch mal ein Schüppchen drauf zu legen. Das hatte sie vor allem dem neuen Stern am deutschen Radhimmel zu verdanken: Emanuel Buchmann, als Vierter der Tour de France der erklärte Liebling der Fans, war umlagert, wo immer er auftauchte – vor und nach dem Rennen, vor und nach der Siegerehrung, jeder wollte ein Autogramm von oder ein Foto mit dem eher schüchternen 26-Jährigen aus Ravensburg. Selbst Fabian Wegmann, 2007 Sieger der Tour de Neuss, der Buchmann drei Wochen als Co-Kommentator der ARD durch Frankreich begleitet hatte, zückte sein Handy, um seinen Sohn mit „Emu“ zusammen abzulichten.

Fotos: So war die Tour de Neuss 2019
21 Bilder

So war die Tour de Neuss 2019

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Foto: Andreas Woitschützke

Einen solchen „Hype“ um einen einzelnen Fahrer hatte die Tour de Neuss zuletzt vor 15 Jahren beim Sieg von Jens Voigt erlebt. Klar, dass die meisten da auch einen Sieg von Emanuel Buchmann erwarteten, einschließlich des 26-Jährigen selbst: „Natürlich wäre es schön, das erste Rennen nach der Tour de France zu gewinnen, aber es wird schwer.“

Damit lag er keineswegs falsch. Denn es kam wie erwartet – von Beginn an war Dampf auf dem Radsportkessel, mit ständig wechselnden Führungen, um die sich in der ersten Hälfte des Rennens vor allem die Fahrer der „kleinen“ Teams verdient machten. „Hier will sich jeder mal zeigen,“ stellte Tour-Moderator Christian Stoll fest. Die Folge: „Das Tempo war von Anfang an extrem hoch,“ sagte Buchmann. Dafür sorgte mit immer neuen Vorstößen Lars Linden, ein Amateur  vom RC Staubwolke Fischeln, der hinterher mit dem „Friedhelm-Hamacher-Preis“ für den kämpferischsten Fahrer belohnt wurde und dabei Konkurrenz und Publikum mit einem Einblick in seine Renntaktik verblüffte: „Ich fahre immer so – vorne raus höchstes Tempo und dann gucken, dass ich durchkomme.“ Was ihm auf Rang 25 am Mittwochabend auch tatsächlich gelang.

Für die Beine derjenigen, die gerade dreieinhalbtausend Kilometer Frankreich-Rundfahrt hinter sich haben, ist so etwas natürlich Gift. Für zum Plaudern aufgelegte Moderatoren ebenso – Christian Stoll wurde zusehens ratloser: „So ein Rennen habe ich noch nie erlebt.“ Und das will einiges heißen, schließlich kommentiert der Bremer seit 38 Jahren Radrennen.

Zehn Runden vor Schluss hatte immer noch ein gutes Dutzend Fahrer Siegchancen. Und nachdem Vorjahressieger Nils Politt nach einem verzweifelten Soloritt wieder eingefangen wurde, schien alles auf eine Sprintentscheidung hin zu deuten. Doch wer Augen hatte, zu sehen, sah, dass sich langsam aber sicher ein „Bora-Zug“ an der Spitze des Feldes formierte. Michael Schwarzmann und Andreas Schillinger, der 2014 in Neuss gewonnen hatte, brachten ihren Kapitän in Position.

Der Triumphator im Ziel: Emanuel Buchmann gewinnt vor mehr als 25.000 Zuschauern die 18. Auflage der Tour de Neuss.

Der Triumphator im Ziel: Emanuel Buchmann gewinnt vor mehr als 25.000 Zuschauern die 18. Auflage der Tour de Neuss.

Foto: Andreas Woitschützke
18. Tour de Neuss - Radrennen in der Neusser Innenstadt

18. Tour de Neuss - Radrennen in der Neusser Innenstadt

Foto: Andreas Woitschützke
 Bora-hansgrohe dominierte das Rennen am Mittwochabend, auf dem Rundkurs (l.) wie auf dem Siegerpodest, auf dem Emanuel Buchmann von Nikias Arndt und Nils Politt (r.) umrahmt wird. Mit ihnen freuen sich Stephan Hilgers (l.), Barthel Winands und Bürgermeister Reiner Breuer (r.).

Bora-hansgrohe dominierte das Rennen am Mittwochabend, auf dem Rundkurs (l.) wie auf dem Siegerpodest, auf dem Emanuel Buchmann von Nikias Arndt und Nils Politt (r.) umrahmt wird. Mit ihnen freuen sich Stephan Hilgers (l.), Barthel Winands und Bürgermeister Reiner Breuer (r.).

Foto: Andreas Woitschützke

Und drei Runden vor Schluss trat Emanuel Buchmann an, unwiderstehlich. Am Ende wurde die Solo- zu einer Triumphfahrt für den Tour-de-France-Vierten, die er gewohnt bescheiden kommentierte: „Eigentlich liegen mir solche flachen Kurse gar nicht. Aber die Stimmung war so super – da konnte ich gar nicht anders als zu gewinnen.“

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