Silvester und seine Konsequenzen im Rhein-Kreis Ein rauer Start ins neue Jahr

Meinung | Rhein-Kreis · Berichte über rücksichtsloses Feiern, gefährliche Situationen für Feuerwehr und Rettungskräfte gab es auch im Rhein-Kreis Neuss: Was folgt auf die Silvesternacht?

Die Feuerwehr in Grevenbroich hatte es in der Silvesternacht mit gefährlichen Einsätzen zu tun.

Die Feuerwehr in Grevenbroich hatte es in der Silvesternacht mit gefährlichen Einsätzen zu tun.

Foto: Feuerwehr Grevenbroich

Nein, es waren (noch) keine „Berliner Verhältnisse“ in der Silvesternacht im Rhein-Kreis Neuss. Was war es dann, das Polizisten, Rettungssanitäter und auch viele Menschen nervt und die Kommunalpolitik über Konsequenzen diskutieren lässt? Der „normale Wahnsinn“ zum Jahreswechsel? Eher nicht.

Nicht nur Polizei und Rettungskräfte, auch viele andere Menschen reagieren, wenn man den mehr als zahlreichen Kommentaren in den sozialen Medien glauben darf, zunehmend genervt auf eine Art von „Feiern“, die offensichtlich immer häufiger mit Ignoranz, Rücksichtslosigkeit und sogar Gewalt verbunden ist. Böller und Raketen nicht nur um Mitternacht, sondern fast zwei Tage lang, größere und kleinere Brände, Kracher in Briefkästen und Hausfluren oder unter Autos, von fahrlässig oder vielleicht sogar bewusst gezündetem Feuerwerk, das Einsatzfahrten und Löscheinsätze behinderte, wie in Grevenbroich geschehen, ganz zu schweigen. Die Liste ließe sich fortsetzen.

Nun muss Silvester niemand zum Lachen in den Keller und ausgelassene Partys müssen möglich sein und auch toleriert werden. Dennoch gehört das Thema auf die politische Tagesordnung. Dass jetzt in diesem Zusammenhang angesichts der Bilder aus Berlin auch über gescheiterte Integration diskutiert wird, ist in Ordnung, die Betonung liegt aber auf dem „auch“. In diesem Bereich gibt es Probleme, vor denen man die Augen nicht verschließen darf, auch wenn klar ist, dass allein entsprechendes Hinterfragen Wasser auf die Mühlen derjenigen ist, die selbst zu einem großen Teil dafür verantwortlich sind, dass das gesellschaftliche Klima rauer wird, vielleicht sogar vergiftet ist.

Nüchternheit in der Analyse und Konsequenz bei der strafrechtlichen Verfolgung sind das Gebot der Stunde. Das zu Recht beklagte Verhalten weniger, aber leider längst nicht mehr Einzelner, ist im Rhein-Kreis ein Problem quer durch viele Bevölkerungsgruppen. Müllberge und Scherbenhaufen noch Tage nach dem Jahreswechsel sind ebenso wenig einer Gruppe zuzuordnen wie unverantwortlicher Umgang mit Feuerwerk. Die entsprechenden Berichte auf Facebook & Co. sprechen Bände. Traurig, aber wahr: Dass sich das mit Appellen lösen lässt, ist wenig wahrscheinlich.

Für Silvester könnten, wie im Ausland schon vielerorts praktiziert, zentral veranstaltete Feuerwerke und ein weitgehendes Verbot privater Feuerwerke die Lösung sein. Das hohe Gut der persönlichen Freiheitsrechte spricht gegen solche harten Reglements, das Gefahrenpotenzial und die Belastung von Polizei, Rettungskräften, Ärzten und anderen dafür. Keine leichte Entscheidung, aber ohne echte Alternativen ist eine weitere Eskalation wahrscheinlich. Die politische Diskussion ist eröffnet, auch wenn manche bereits befürchten, dass sie zu einem Dauerbrenner à la Sommerzeit-Debatte werden könnte. Alle Jahre wieder... Der Unterschied ist das Gefahrenpotenzial.

Klar ist allerdings auch: Böller-Verbotszonen oder zentrale Feuerwerke lösen vielleicht ein Problem in der Silvesternacht. Rücksichtslosigkeit, Ignoranz und Gewalt lassen sich dauerhaft nicht einfach verbieten. Grundsätzliche Veränderungen sind nur zu erwarten, wenn an allen Stellschrauben gedreht wird, die geeignet sind, das Miteinander in einer krisengebeutelten und auseinanderdriftenden Gesellschaft zu fördern. Die Erkenntnis ist leider überhaupt nicht neu, aber – siehe Silvester – auch im neuen Jahr eine Aufgabe, um die wir alle gemeinsam nicht herumkommen. Das ist anstrengend und teuer – aber es ist es wert.

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