App „Too good to go“ im Test So wird man in Neuss zum Essensretter
Neuss · Über die App „Too Good To Go“ können Unternehmen Lebesmittel, die ansonsten weggeschmissen würden, anbieten. Doch wie funktioniert die praktische Umsetzung in Neuss? Ein Praxistest.
Mit dem Memory-Zentrum der Augustinus-Gruppe ist zum Jahresbeginn ein weiterer Standort auf der Neusser „Too-Good-To-Go“- Karte erschienen. „Too Good To Go“ ist eine App, in der Lebensmittelhändler, Restaurants und andere Gastronomiebetriebe Lebensmittel, die am Ende des Tages übrig bleiben, für einen Bruchteil des ursprünglichen Preises verkaufen können. Auf diese Weise landen die Lebensmittel nicht im Abfall und Kunden und Betreiber tragen zu einem nachhaltigeren Konsumverhalten bei. In Neuss sind der App mittlerweile bereits rund 30 Betriebe beigetreten.
Der Bestellprozess bei „Too Good To Go“ ist unkompliziert: Die App zeigt in einem individuell einstellbaren Radius alle teilnehmenden Geschäfte an, bei denen Kunden noch übriges Essen retten können. Bezahlt werden die sogenannten „Magic Bags“ online, man muss also nur noch in das Geschäft gehen, dort den digitalen Beleg entwerten und erhält dann das gerettete Essen.
Als Essensretter bei „Too Good To Go“ muss man in erster Linie eines sein: schnell. Nicht nur sind die Tüten mancher Gastronomiestandorte wie des Memory-Zentrums regelmäßig innerhalb kürzester Zeit ausverkauft, auch der Inhalt der Tüte hängt von der Pünktlichkeit der Kunden ab. Besonders, wenn ein Geschäft mehrere Magic Bags pro Tag anbietet, mahlt zuerst, wer zuerst kommt. Die Tüte ist zwar vorher in der App reserviert und kann von niemandem weggeschnappt werden, allerdings ist die Auswahl an übrig gebliebenen Lebensmitteln direkt zu Beginn der Abholzeit häufig größer.
Grundsätzlich sind die „Magic Bags“ Überraschungstüten – auch im Bezug auf Allergene oder sonstige Einschränkungen der Ernährung. Zwar gibt es in der App die Möglichkeit, nur vegetarisch oder vegan kochende Betriebe anzuzeigen, allerdings bleiben dann kaum Optionen übrig. Die Betriebe selbst wissen am Morgen nicht, welche Lebensmittel am Abend überbleiben und können bestimmte Diäten oder Allergien insofern schlicht nicht berücksichtigen – für Betroffene ist das unpraktisch. Der Überraschungseffekt hat jedoch auch seine guten Seiten: Von Bärlauch-Aufstrich und Cocktails bis hin zu Thunfischbaguettes oder verschiedenster internationaler Feinkost hat eine Neusser Magic Bag alles Mögliche an Überraschungen zu bieten und ist häufig so prall gefüllt, dass man sein Schnäppchen als Kunde kaum glauben kann.
Für Geschäfte ist die App nicht nur eine Möglichkeit, der Lebensmittelverschwendung entgegenzuwirken, sondern auch ein neuer Weg, sichtbar zu werden. „Wir haben mittlerweile einige Stammkunden, die nur durch die App auf uns aufmerksam geworden sind“, berichtet Timea Klimpel, die zusammen mit István Kiss das Ungarische Feinkostgeschäft „MeinSpeis“ betreibt. Sie sind bereits seit Februar 2022 bei „Too Good To Go“ aktiv. Das Angebot werde gut angenommen und der Aufwand für die Betreiber sei dabei minimal, berichtet Klimpel und fügt hinzu: „Besonders schön finde ich, dass durch die Tüten wirklich Personen aller Gesellschaftsschichten zu uns finden.“