Musik aus Neuss Gregor Linßens Oratorium ist zurück in der Probenphase

Neuss · In den vergangenen Monaten mussten Chöre zumeist verstummen: Auch Gregor Linßen war betroffen. Sein neues Oratorium hangelte sich von einem abgesagten Termin zum nächsten. Nun wurde das Projekt wieder aufgenommen.

 Wie klingt ein Chor nach fast zweijähriger Pause? Erstmalig kamen die 40 Sänger wieder zusammen, um Gregor Linßens neues Oratorium „Die sieben Gaben des Heiligen Geistes“ einzustudieren.

Wie klingt ein Chor nach fast zweijähriger Pause? Erstmalig kamen die 40 Sänger wieder zusammen, um Gregor Linßens neues Oratorium „Die sieben Gaben des Heiligen Geistes“ einzustudieren.

Foto: Andreas Woitschützke

Der Musikwissenschaftler Günter Kreutz ist überzeugt: „Das Singen ist gut für das psychische Wohlbefinden.“ Der Mensch stärke zudem seit früher Zeit mit Gesang soziale Bindungen, sagt der Professor. Und schon Darwin glaubte, dass der Stimmklang bei der Partnerwahl eine große Rolle spiele.

Doch die Pandemie hat den Gesang nahezu ausgegrenzt, Chöre mussten in den vergangenen 21 Monaten zumeist verstummen. „Für einen Musiker ist das die totale Krise“, sagt der Neusser Komponist Gregor Linßen (55).Er war besonders betroffen, denn sein neues Oratorium „Die sieben Gaben“ des Heiligen Geistes – sein fünftes, fertig geschrieben im Dezember 2019 – hangelte sich von einem abgesagten Termin zum andern. Bereits im September 2018 sangen Neusser Chöre fertige Teile des Pfingstzyklus im Kölner Dom anlässlich der Domwallfahrt. Die Uraufführung des anderthalbstündigen Gesamtwerks war für die Pfingstnacht 2020 in der Propsteikirche St. Augustinus in Gelsenkirchen geplant. Doch im März 2020 musste das schon weit gediehene Chorprojekt abgebrochen werden. Das Oratorium benötigt etwa 25 Chor-Probeneinheiten à 90 Minuten. Zwar gab es im vergangenen Jahr einen Livestream, der in der Neusser St. Pius-Kirche aufgenommen und zu Pfingsten ins Internet gestellt wurde. Während alle Instrumentalisten dabei waren – ein Jazztrio, ein Bläserquintett, Orchesterpercussion und große Kirchenorgel – fehlte der Chor, der in allen Oratorien von Gregor Linßen eine bedeutende und vor allem sinngebende Rolle spielt.

Nun hat der Komponist am vergangenen Donnerstag die Chorproben wieder aufgenommen. Im neuen Pfarrsaal der Dreikönigenpfarre war ausreichend Platz für die gut 40 Sängerinnen und Sänger aus Remscheid, Duisburg, Mettmann, Viersen, Düsseldorf und natürlich Neuss. Sehr sichere Chorsänger hatte Gregor Linßen von der ersten Probenphase befreit. Dennoch war Uta (52) dabei, die das ganze Oratorium mit bis zu fünfstimmigen Gesängen – insgesamt 25 Lieder vom gregorianischen Choral bis zur Popmusik – auswendig beherrscht. „Ich war ja auch bei den Proben vor zwei Jahren dabei“, erklärt sie. „Eines der großen Dinge, an denen wir arbeiten müssen, ist der Groove“, fordert der Chorleiter und Komponist zum Einsingen: „Das organische Pulsieren eines Stückes ist in der Popmusik das Maß der Perfektion.“ Dann geht es an den „Apparat klar machen“: Kopf in den Nacken, nach links und rechts, bis „er locker sitzt.“ „Wir sind vollkommen degeneriert und nicht gewohnt, gerade zu stehen“, sagt der Animator und fordert „Halswirbelsäule an die Wand!“ Gut 20 Minuten dauern diese Lockerungsübungen. „Und jetzt können wir anfangen, zu singen“, sagt Gregor Linßen und intoniert auf dem Flügel „Peace“, ein Friedensgebet zum Ende des Zyklus. Der Prophet Jesaja spricht von den sechs Gaben des Heiligen Geistes, der Komponist hat eine siebte als „Vision“ hinzugefügt, zu der das Friedenslied und das Finale „Und die Nacht wird sich verwandeln in ein unendliches Lichtermeer“ gehören. Das klappt alles perfekt, denn die Mehrheit war auch bei den Proben vor zwei Jahren dabei. Lediglich bei „Genug ist genug, zuviel ist zuviel! Doch der Teufel lehrt, nach Mehr zu giern“ gibt es minimale Einzelproben im Alt und Tenor.

Wer sich an dem Projekt beteiligen möchte, bekommt hier mehr Infos.

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