Interview „Wir waren zum Glück nicht euphorisch“

Mönchengladbach · Die Qualifizierungs-Referentin des Gladbacher Stadtsportbundes, Kerstin Schultz, spricht über ausgefallene Angebote, das Sportabzeichen und einen Job, der wichtige Erfahrungen bringen kann.

 Kerstin Schultz vom Stadtsportbund Mönchengladbach.

Kerstin Schultz vom Stadtsportbund Mönchengladbach.

Foto: Ja/SSB

Frau Schultz, es gibt viele Lockerungen, was den Sport im Freien angeht. Geht es jetzt auch beim Stadtsportbund Mönchengladbach wieder richtig los?

Schultz Nein, leider nicht. Wir steigen noch nicht voll wieder ein, weil die Hygiene-Vorschriften vieles noch nicht zulassen. Einige Kurse des Bildungswerks laufen wieder an, aber wir haben unsere Aus- und Fortbildungen bis zu den Sommerferien abgesagt. Denn es gibt auch einfach keine Anmeldungen, weil die Menschen sehr verunsichert sind. Außerdem sind die Hallen von der Stadt noch immer geschlossen. Wir hoffen, dass es ab dem 30. Mai weitere Lockerungen gibt, dann schauen wir, was möglich ist. Wir hoffen natürlich, dass wir zum Beispiel unsere Sommerferien-Aktion für Kinder im Juli im Haus des Sports durchführen können. Und, dass das dritte Sport im Park, das am 22. Juni losgehen soll, stattfinden kann. Da geht es um Veranstaltungen unter freiem Himmel, darum bin ich guter Dinge, dass wir das hinkriegen. Wir sind mit den Klubs im Gespräch.

Folgt insgesamt auf die Euphorie, dass es wieder losgeht, wie in vielen anderen Bereichen nun auch im Sport der Frust, dass vieles einfach unter den aktuellen Vorgaben noch nicht wieder möglich ist?

Schultz Wir waren zum Glück nicht euphorisch, sondern eher abwartend. Wir haben unsere Pläne in der Schublade, natürlich, aber wir wussten auch immer, dass es nicht von heute auf morgen wieder normal sein wird. Die Gesundheit der Menschen steht im Vordergrund, daran muss alles ausgerichtet werden. Darum sind wir vorbereitet, aber auch geduldig. Das ist wohl auch bei den Vereinen so. Ich hatte ein bisschen erwartet, dass das Telefon ständig klingelt und Fragen kommen, aber dem war nicht so.

Bald endet auch die Bewerbungsfrist für die Stellen im Bundesfreiwilligendienst. Wie ist die Situation?

Schultz Wir haben insgesamt drei Stellen, zwei sind vergeben, auf die dritte können sich Interessenten bewerben. Wir würden sie zum 1. September gern besetzten. Wir setzen ein wenig auf die Abiturienten, die wegen der Pandemie vielleicht umplanen müssen. Es ist ein Job, der viel bietet, vor allem natürlich Einblicke in den organisierten Sport. Wer sich dort später beruflich sieht, bekommt einen tollen Einstieg. Aber es kann auch eine ausgezeichnete Vorbereitung auf ein Lehramt-Studium sein. Was wir noch anbieten, ist die Sporthelfer-Ausbildung für 13- bis 16-Jährige. Es ist der erste Weg zum Trainer-Sein. Die Ausbildungen sind in den Osterferien ausgefallen und werden nun in den Sommerferien stattfinden. Was das angeht, spüren wir aber deutlich die Folgen der Pandemie.

Inwiefern?

Schultz Im Jahr kommen wir meistens auf 30 Teilnehmer. Bis jetzt haben wir sieben Anmeldungen. Wir rekrutieren die Teilnehmer normalerweise in den Schulen. Das war zuletzt nicht möglich. Und jetzt haben die Schulen natürlich erst einmal andere Prioritäten.

Wie ist es mit dem Sportabzeichen. Befürchten Sie durch die aktuelle Situation auch da Einbrüche bei den Zahlen?

Schultz Wir haben in diesem Jahr sogar schon eine Urkunde rausgegeben. Das war Ende Februar. Normalerweise beginnt die Sportabzeichen-Saison im Mai. Wir haben den Start aber ausgesetzt, weil es schwer ist, die Hygiene-Vorgaben einzuhalten. Aber wenn es Ende Mai weitere Lockerungen gibt, haben wir nur vier Wochen verloren. Das Problem ist eher, dass die Sportabzeichentage der Schulen verschoben wurden. Da machen wir natürlich immer gute Zahlen. Wir haben neue Termine für September und Oktober angesetzt, doch da ist die Resonanz noch gering. Die Schulen sind, wie gesagt, wegen der Gesamtsituation zurückhaltend. Und ob man dann tatsächlich Veranstaltungen mit 500 bis 700 Schülern machen kann, ist ja fraglich. Ein weiteres Problem: Die Bewerber für die Polizei, die Feuerwehr und den Zoll sitzen auf heißen Kohlen. Sie brauchen das Sportabzeichen für ihre Unterlagen. Sobald es möglich ist, werden wir das natürlich sehr schnell angehen.

Wie waren die Sportabzeichen-Zahlen 2019?

Schultz Wir haben leider unsere Traumzahl von 3000 knapp verpasst, es wurden 2990 absolviert. Es war dennoch eine Steigerung im Vergleich zu 2018, als wir 2645 Sportabzeichen-Absolventen hatten. 2020 werden es, das ist leider zu vermuten, eher weniger werden.

Haben Sie wegen des #BleibzuHause die Befürchtung, dass Deutschland in den vergangenen Wochen eingerostet ist?

Schultz Nein, eigentlich nicht. Ich habe keine Studien dazu, aber wenn ich auf die Abrufzahlen unserer Angebote bei sportdeutschland.tv schaue, kann ich davon ausgehen, dass die Menschen in Bewegung geblieben sind. Bis zu 350 Menschen haben die Angebote jeweils gesehen. Außerdem waren auch in der Zeit des Lockdown viele Menschen mit dem Fahrrad unterwegs oder sind gelaufen oder spazieren gegangen.

Die Online-Fitness-Anleitungen sind ein neues Angebot, das es nun bei vielen Sportbünden gab, zum Beispiel auch beim Kreissportbund Heinsberg. Ist das Thema Online-Kurse generell interessanter für die Zukunft?

Schultz Sicherlich ist es immer wünschenswert, tatsächliche Sporterfahrungen in den Kursen zu machen. Aber es ist eine Alternative. Auch, was unsere Qualifizierungsangebote angeht. Wir mussten schon neun Fortbildungen und eine Übungsleiter C-Ausbildung absagen. Wir hoffen das im September nachholen zu können. Der Landessportbund hat Online-Module zur Verfügung gestellt, die die Ausfälle ein wenig kompensieren können. An der Stelle sind Online-Angebote natürlich hilfreich.

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