Corona-Krise in Europa Krefelder Bäcker berichtet aus Schweden

Orsa · Regine und Thomas Zaunbrecher leben seit 2013 in ihrer Wahlheimat, die in der mittelschwedischen Region Dalarna liegt. Sie betreiben dort eine Pension, in der der gelernte Bäcker selbstgebackenes Brot anbietet. Doch im Augenblick ist vieles anders. Die Corona-Krise ist auch in Dalarna angekommen.

 Thomas und Regine Zaunbrecher aus Krefeld betreiben ein Bed & Breakfast Ferienhaus.

Thomas und Regine Zaunbrecher aus Krefeld betreiben ein Bed & Breakfast Ferienhaus.

Foto: Geiselhart

Hier dreht sich vieles um Tiere, um Natur und die Farbe Rot – und das nicht nur deswegen, weil man sich an den dunklen Wäldern, den glitzernden Seen und den schnuckeligen roten Holzhäuschen nicht satt sehen kann. Kein Wunder also, dass sich Thomas und Regine Zaunbrecher aus Krefeld in ihrer Wahlheimat in der mittelschwedischen Region Dalarna so richtig wohl fühlen.

Doch auch für die Zaunbrechers hat sich in diesen Tagen und Wochen vieles verändert. Das Corona-Virus ist auch in Dalarna angekommen – und hat nicht nur Reisepläne durchkreuzt. „Eigentlich müsste ich nach Deutschland, um mein neues Auto abzuholen und weitere Angelegenheiten abzuwickeln, aber das funktioniert im Augenblick leider nicht“, erzählt Thomas Zaunbrecher im Telefon-Interview.

2013 hat der Bäcker seine angestammte Backstube in Krefeld geschlossen, zusammen mit seiner Frau und deren damals zwölf Jahre alten Sohn Fynn die Siebensachen gepackt und ist nach Schweden ausgewandert. Mit seinen frischen Brötchen, dem deftigen Holzofenbrot, Blaubeerkuchen oder Hefestriezeln war seine neue Bäckerei am Rand des Städtchens Orsa jahrelang der Renner bei seiner schwedischen Kundschaft, die teilweise auch lange Anfahrten in Kauf nahm.

Im vergangenen Jahr haben sich die Zaunbrechers dann umorientiert. „Ich gehe jetzt langsam auf die 60 zu – und da braucht mein Körper auch wieder richtigen Nachtschlaf, den man als Bäcker eben nicht hat“, sagt der 57-Jährige. Am nahe gelegenen See „Orsasjön“ haben sich die Eheleute ein Bed & Breakfast Ferienhaus mit sieben Betten und eigenem Saunahäuschen auf einem Floß gebaut, das von Touristen sehr gut nachgefragt wird und in dem sich die Urlauber natürlich beim Frühstück auf vom Chef selbstgebackenes Brot freuen dürfen. „Zahlreiche deutsche Gäste hatten für den Sommer schon gebucht, aber die haben aufgrund der aktuellen Corona-Lage natürlich storniert“, sagt Regine Zaunbrecher.

„Auch bei uns haben die Leute Angst vor dem Virus“, erklärt Thomas Zaunbrecher. „Aber die Situation wird anders wahrgenommen als in Deutschland. Und es wird keine Weltuntergangsstimmung verbreitet“, ergänzt er mit Blick auf den auch hierzulande heftig diskutierten schwedischen Sonderweg zur Bewältigung der Corona Krise, der – im Gegensatz zu allen europäischen Nachbarn und vielen Ländern auf der ganzen Welt – mehr auf Freiwilligkeit und weniger auf staatliche Restriktionen setzt. „Die Schweden sind ganz sicher nicht blauäugig oder naiv. Auch hier sind die Meinungen geteilt. Und viele Ältere ziehen sich in ihre Wochenendhäuser auf dem Land zurück“, betont Regine Zaunbrecher. „Die Leute halten sich an Abstandsregeln und Hygienestandards, und in den Supermärkten wurden Schutzwände für das Kassenpersonal eingerichtet. Der Unterschied in der Herangehensweise liegt einfach darin, dass man ein Stück Verantwortung an die Bevölkerung abgibt“, pflichtet Thomas Zaunbrecher bei, räumt aber ein, dass es zwischen Deutschland und Schweden schon aufgrund der Bevölkerungsdichte und Mentalität der Menschen große Unterschiede gäbe. „In der Großstadt hat man natürlich nicht so viele Möglichkeiten, sich aus dem Weg zu gehen, wie bei uns auf dem Land“, sagt der geborene Düsseldorfer.

Ohne Arbeit können und wollen die Zaunbrechers nicht sein. Ihre Zukunft sehen sie weiterhin in Schweden. Mit großer Leidenschaft widmen sie sich auf eigenem Gelände der „Permakultur“ im Hinblick auf nachhaltige Konzepte für Landwirtschaft und Gartenbau, umgeben sich auch mit vielen Tieren. „Ich will meinen Kindern und Enkelkindern zeigen, dass es auch alternative Wege gibt, sein Leben sinnvoll zu gestalten“, sagt Thomas Zaunbrecher und blickt optimistisch nach vorn. Und wenn mal wieder ein gemeinsamer Besuch in der Heimat möglich sein sollte, dann ist auf jeden Fall ein Besuch im Krefelder „Stadtwaldhaus“ angesagt. „Dort haben wir uns nämlich kennengelernt“, verraten Regine und Thomas Zaunbrecher lachend.

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