Wirtschaft in Krefeld Sitterz verarbeitet neun Tonnen Acryl-Glas

Krefeld · Der Unternehmer aus Hüls mit Betrieb am Ostwall ist gerade in Gesprächen mit einem Partner, gemeinsam Facemasks herzustellen. Das sind Schilde aus Kunststoff – so ähnlich wie ein Visier an einem Eishockey-Schutzhelm.

 Lea Hagedorn bedient eine Maschine, um nach Kundenwünschen maßgeschneiderte Schutzschilde zu produzieren.

Lea Hagedorn bedient eine Maschine, um nach Kundenwünschen maßgeschneiderte Schutzschilde zu produzieren.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Die Corona-Krise forderte Christian Sitterz heraus. Er verstand sie als Chance und nutzte sie: Das Krefelder Unternehmen Sitterz am Ostwall ist ein alteingesessener Betrieb in der Seidenstadt. Ursprünglich war es ein reiner Gravier-Betrieb. Der Name der 1946 in Köln gegründeten und zwei Jahre später nach Krefeld gezogenen Unternehmung lautete zunächst nach dem Gründer „Ixkes“. Doch nach Ausscheiden des Namensgebers übernahm die Familie Sitterz den Betrieb. Als dann Christian Sitterz das Unternehmen im Jahr 2015 von seinem Vater übernahm, sorgte er in vielerlei Hinsicht für einen Kurswechsel. Er änderte den Namen in Sitterz, gründete eine Filiale in Düsseldorf und erhöhte die Mitarbeiterzahl von drei bis vier Personen auf heute elf. Außerdem erweiterte er das Portfolio um Werbematerialien und edle Schilder für Unternehmen.

Als dann zu Jahresbeginn die Corona-Krise voll zuschlug, war gerade dieser Geschäftsbereich massiv betroffen. „Es gab keine Messen mehr, die Firmen sparten überall und die Aufträge blieben aus. Ich war kurz davor, Kurzarbeit anzumelden“, sagt der 35-Jährige. Doch dann kam die Rettung in Person eines Arztes, für den er bereits Schilder angefertigt hatte. „Der erkundigte sich, ob ich nicht in der gleichen Machart Hygienewände aus Acrylglas für seine Praxis machen könnte. Ich informierte mich, und wenig später war die Arztpraxis fertig“, erinnert sich Sitterz. Der Graveurmeister beschaffte sich schnell auf allen Kanälen den Rohstoff.

„Die Lager der Zulieferer sind leer. Wir haben teilweise die Situation, dass wir feste Lieferzusagen haben, und kurzfristig kommt dann doch nichts. Darum nehmen wir derzeit aus allen Kanälen ab, was wir bekommen, und verarbeiten es“, sagt er. Zwischen achteinhalb und neun Tonnen Acryl habe er seit Beginn der Krise bereits verarbeitet. Einer der größten Aufträge war dabei die Einrichtung von Schutzgläsern im gesamten Amtsgericht. „Allein dort haben wir um die 60 Platten verbaut. Es gab aber auch schon Anfragen für noch größere Aufträge. Ein großer Büroausstatter hat nun für rund 140 Platten angefragt“, berichtet der Unternehmensinhaber.

 Christian Sitterz hat schnell auf die Corona-Krise reagiert und fertigt mit Erfolg Schutzschilde aus Acrylglas.

Christian Sitterz hat schnell auf die Corona-Krise reagiert und fertigt mit Erfolg Schutzschilde aus Acrylglas.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

In der Folge glich er die Umsatzeinbußen durch Corona nicht nur aus, sondern kann nach aktuellen Planungen sogar zulegen. „Wir stellen sogar weiter neue Leute ein und haben eigens eine neue Maschine angeschafft, um den Output zu erhöhen. Bisher konnten wir pro Tag etwa 50 Platten herstellen. Fortan werden wir das auf 100 Stück etwa verdoppeln. Die Anschaffung war ohnehin geplant, aber wir haben sie nun etwas vorgezogen“, berichtet Sitterz. Das Investitionsvolumen: immerhin rund 200.000 Euro.

Mit dieser Maßnahme hofft der findige Unternehmer, allein durch den Verkauf der Platten einen Umsatz im Bereich von 800.000 Euro zu erzielen. „Das ist aber natürlich derzeit noch schwer abzuschätzen. Es hängt davon ab, wie viel Material wir bekommen, wie sich die Krise weiter entwickelt und so weiter. Aber wir werden aller Voraussicht nach unseren Umsatz im laufenden Geschäftsjahr steigern“, ist er optimistisch für die Zukunft.

Auch ein neues Geschäftsfeld möchte er noch erschließen. „Wir sind gerade in Gesprächen, gemeinsam mit einem Partner auch Facemasks herzustellen. Das sind diese Schilde aus Kunststoff – so ähnlich wie ein Eishockey-Visier, die sich Menschen aufsetzen können, um den Schutz vor Ansteckung nochmals zu erhöhen. Das ist aber noch nicht spruchreif“, erzählt der gebürtige Krefelder, der in Hüls aufwuchs und sich mit der Stadt sehr verbunden fühlt.

Bis dato verkaufte Sitterz rund 1400 Scheiben aller Größen und Ausführungen. Und ein Ende scheint nicht in Sicht. „Viele Unternehmen haben zunächst Notbehelfe gebaut, mit Holzkonstruktionen und Folien, und steigen nun auf Acrylscheiben um. Ich denke, der Markt wird noch für einige Zeit da sein“, vermutet er. Sein Unternehmen jedenfalls kommt gut durch die Krise, bis das eigentliche Geschäft wieder anfängt. Kreativität und Flexibilität helfen Sitterz dabei, aus der Not eine Tugend zu machen – und aus der Krise eine große Chance.

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