Scheidender Bürgermeister von Weeze zieht Bilanz Abschied mit einem guten Gefühl

Weeze · Es war seine eigene Entscheidung: Nach 19 Jahren als Bürgermeister von Weeze hört Ulrich Francken auf. Am Sonntag wird sein Nachfolger gewählt.

 Ulrich Francken nimmt nach 19 Jahren als Bürgermeister in Weeze jetzt Abschied.

Ulrich Francken nimmt nach 19 Jahren als Bürgermeister in Weeze jetzt Abschied.

Foto: Pöppel/Astrid Poeppel

Die Szene beim Gespräch im Rathaus ist typisch für den Führungsstil von Ulrich Francken. Während des Interviews kommt Nicola Roth aus dem Vorzimmer ins Büro. „Kannst du uns mal eben den Schlüssel für den Dienstwagen geben?“, fragt sie ihren Chef. Der greift in die Tasche und wirft ihr den Schlüsselbund über den Tisch zu. Kürzer kann ein Dienstweg im Rathaus kaum sein. Francken war der direkte Kontakt zu Mitarbeitern und Bürgern immer wichtig. Den ganz großen Abschied will er daher auch gar nicht. „Ich will keinen Rummel mit förmlichen Reden, das passt auch nicht in diese Zeit“, sagt er. Er zieht es vor, sich persönlich nach und nach von ganz vielen zu verabschieden. „Das ist eine Daueraufgabe für die verbleibende Zeit“, sagt er schmunzelnd.

Wie ist Ihre Gefühlslage, so kurz vor dem Ende der Amtszeit?

Ulrich Francken Gut.

Wirklich?

Francken Im Moment auf jeden Fall. Ich weiß natürlich nicht, wie das aussieht, wenn dann am 31. Oktober wirklich Schluss ist. Aber es fühlt sich momentan alles gut und richtig an. Ich finde einfach, dass es an der Zeit ist, in meinem Leben neue Prioritäten zu setzen.

Welche?

Francken Wieder mehr Zeit für die Familie zu haben und sich um die drei Enkel zu kümmern. So ganz steige ich ja auch nicht aus der Politik aus, ich möchte gerne im Kreistag mitarbeiten. Auch werde ich mich sicher im ehrenamtlichen Bereich engagieren. Am Herzen liegt mir vor allem der Tierpark. Das ist ein Projekt, das ich immer unterstützt und gefördert habe. Und ich bin immer noch der Ansicht, dass es auch richtig war, hier Geld in die Hand zu nehmen. Der Tierpark ist für Weeze ein wichtiger weicher Standortfaktor. Vor allem für Familien ist die Anlage ein attraktiver Anziehungspunkt, der auch noch Akzente beim Artenschutz und in der Bildung setzt.

Haben Sie es je bereut, den Schritt in die Verwaltung zu machen?

Francken Nein. Ich war auch gerne Polizeibeamter, auch der Job war interessant und vielseitig. Bürgermeister wollte ich eigentlich nie werden, aber das hat sich dann durch die Situation 2001 so entwickelt. Wenn man so lange in der Politik tätig ist, dann muss man auch Verantwortung übernehmen. Ich konnte auf Erfahrung, die Loyalität meiner Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und das Vertrauen der Bürger setzen. Und ich habe das Amt immer gerne ausgefüllt.

Wo würden Sie im Rückblick Ihre Schwerpunkte sehen?

Francken Die sehe ich im Bereich Kultur und Erinnerungskultur sowie in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Die Aufarbeitung der Geschichte der Gemeinde, die Kriegsgräberstätte und die Erinnerung an die jüdischen Bürger in Weeze sind mir Herzensangelegenheiten, ebenso die Unterstützung der Vereine, die in Weeze die Gesellschaft getragen haben. Ganz wichtig sind aber vor allem die städtebauliche Entwicklung, die Zentralität des Ortes in Weeze und Wemb, eine gedeihliche und solide wirtschaftliche Entwicklung, Bedingungen und Ressourcen für eine gute Jugendarbeit sowie ein sauberer Ort. Dafür erfahren wir viel Zuspruch.

Unter Ihnen als Bürgermeister hat es den großen Strukturwandel in Weeze gegeben.

Francken Das ist und war in der Lösung eine Gemeinschaftsleistung.

Persönlich schreibe ich mir das Thema Sicherung der Zentralität und des Einzelhandels auf die Fahnen. Und dass es gemeinsam mit der Verwaltung und dem Rat gelungen ist, den Ortskern so zu entwickeln. Ich war immer der Ansicht, dass der Einzelhandel in der Ortsmitte stattfinden muss. Für den Cyriakusplatz waren viele Gespräche und viel Zeit nötig, um die Gebäude und die Flächen zu bekommen. Doch der lange Atem war richtig, dadurch ist Leben in den Ort gekommen. Wichtig war auch der Abriss der Hochhäuser, um so die Entwicklung und den Wandel von Weeze voranzutreiben. Es war wichtig, nach dem Abzug der Engländer auch eine funktionierende Sozialstruktur aufzubauen. Sonst hätte hier eine Schieflage gedroht. Inzwischen ist Weeze bei den Familien beliebt. In den vergangenen zehn Jahren haben wir mehr als 500 Wohnbaugrundstücke entwickelt. Und die Nachfrage ist weiter da.

Welche Fehler haben Sie gemacht?

Francken Heute würde ich beim Bahnhof anders entscheiden. Wir hätten das Gebäude kaufen sollen, als es möglich war. Inzwischen ist die Situation dort schwierig. Wir hoffen, dass sich vielleicht noch etwas tut. Gelernt habe ich auch aus der Diskussion um den Einzug der Volksbank ins Rathaus. Heute weiß ich, dass es wichtig ist, die Leute frühzeitig mitzunehmen und einzubinden.

Wie sehen Sie die Entwicklung des Flughafens?

Francken Das Projekt hat mich quasi das ganze politische Leben begleitet. Ich bin immer noch der Ansicht, dass man auf einem Flughafengelände auch fliegen muss. 1999 haben wir die positive Stellungnahme (Genehmigung) zum Airport abgegeben. CDU und auch SPD sind damals und bis heute den Weg immer mitgegangen. Ich sehe den Flughafen als wichtigen Wirtschaftsfaktor, das habe ich immer vertreten. Klar ist aber auch, dass man nicht immer Geld zuschießen kann. Aber den Betrieb jetzt einzustellen, wäre nicht richtig. Ohne fliegerische Nutzung wären auch die anderen Dinge auf dem Gelände gefährdet. Die Frage ist etwa, wie es mit Parookaville weitergeht. Denn die planungsrechtliche Sicherung und Einrichtung eines Eventgeländes dort wäre mit erheblichen Auflagen verbunden und kaum erreichbar.

Sie wollen zu den Kandidaten für Ihre Nachfolge nichts sagen, gehen Sie denn mit einem ruhigen Gefühl, dass nach Ihrem Abschied alles gut weiterläuft?

Francken Davon bin ich überzeugt. Wir haben zwei adäquate und geeignete Kandidaten zur Wahl, mit beiden wäre Weeze gut aufgestellt. Vor allem können sie sich auf eine gute, funktionierende Verwaltung verlassen. Ohne die ist jeder Bürgermeister aufgeschmissen. Ich pflege immer zu sagen: „Bürgermeister kommen und gehen, Verwaltung bleibt.“

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