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Europawahl Zwölf Reeser stimmen für die „Liebe“

REES · Während vor allem die SPD Federn bei den Europawahlen in Rees lassen musste, konnten sich die kleineren Parteien über ihre Erfolge freuen. Allen voran die Grünen, die zweimal sogar stärkste Kraft wurde. Viele Wähler hatten auch ein Herz für Exoten.

 Helmut Wesser, Fraktionschef der Reeser Grünen, studiert am Sonntagabend die Wahlergebnisse im Bürgerhaus.

Helmut Wesser, Fraktionschef der Reeser Grünen, studiert am Sonntagabend die Wahlergebnisse im Bürgerhaus.

Foto: Markus Balser

Am Sonntagabend war Bürgermeisterkandidat Bodo Wißen anzusehen, dass ihn das Ergebnis seiner SPD in Rees schmerzte. Dass sie wie im Bund von den Grünen überholt wurden sei „bitter“. Wißen ist Europäer durch und durch. In Brüssel hat er selbst einige Zeit gelebt und als Leiter Fachpolitik / Referent für Bauen, Wohnen Stadtentwicklung und Verkehr in der EU-Vertretung des Landes Nordrhein-Westfalen gearbeitet. Für den Kreis Klever SPD-Kandidaten Hasan Alkas hatte er jetzt als Wahlkampfleiter gearbeitet. „Das Ergebnis ist traurig angesichts von gut 100 Wahlkampfauftritten.“. Dennoch versuchte Wißen, der den Grünen zu ihrem Erfolg gratulierte, dem Wahlabend auch etwas Positives abzugewinnen: Die Wahlbeteiligung — in Rees lag sie bei 60,7 Prozent — sei erfreulich gewesen. Rückschlüsse für die Kommunalwahl seien aus diesem Abend nicht zu ziehen. „Das wird eine ganz andere Wahl mit ganz anderen Themen“, so Wißen.

Aus Sicht der SPD muss es das auch, denn die Sozialdemokraten erlebten in Rees, ebenso wie andernorts, ein Debakel. Ausgerechnet in Wißens Wohnort Haldern (Wahlbezirk 15.1.) fuhren die Genossen mit 11,5 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis ein und blieben auch in den anderen Wahlbezirken meist deutlich hinter der CDU und unter der 20-Prozent-Marke. Etwa in Bienen, wo die SPD auf 14,5 Prozent der Stimmen kam. Nur in der Innenstadt blieben die Verluste der Reeser SPD im Rahmen. Der Wahlbezirk 6.0 war der einzige, in dem die Sozialdemokraten (22,6 Prozent) knapp mit einer Stimme vor der CDU (22,3 Prozent) lagen. Jedoch hatten dort die meisten Wähler ihr Kreuzchen für die Grünen (26,8 Prozent) gemacht. Und auch der Wahlbezirk 4.0 ging an die Grünen (26,7 Prozent). Hier kam die CDU auf ihr 25,7 Prozent, die SPD auf 19,1 Prozent.

Auch die CDU musste in Rees Federn lassen, lag aber doch meist über 30 Prozent. Ihre besten Ergebnisse holte die CDU in den Wahlbezirken 15.1 (Haldern) und 11.2 (Empel) mit 43 beziehungsweise 43,7 Prozent, ihre schlechtesten Ergebnisse fuhr sie im Innenstadtbereich ein. Stark schnitt sie hingegen bei der Briefwahl ab, wo sie in zwei der insgesamt sechs Briefwahlbezirke einmal auf 49 und einmal auf 48 Prozent kam. Bei der Briefwahl lief es für die Grünen übrigens nicht so gut wie in den anderen Wahlbezirken. Hier blieben sie meist hinter der SPD auf Platz drei. Dennoch dürfen sich die Grünen auch in Rees als heimlicher Wahlsieger fühlen. Insgesamt holten sie 77 Stimmen mehr als die SPD und kamen auf mehr als doppelt so viele Stimmen wie bei der Europawahl vor fünf Jahren.

Für die FDP (6,6 Prozent) lief es ebenfalls gut. Sie rutschte nur zweimal unter 5 Prozent (Esserden und Haldern), lag dafür aber in den Wahlbezirken in Rees-Stadt sowie in Bienen und Empel um oder sogar über 9 Prozent.

Warum vor allem die großen Parteien Stimmen verloren, erklärte der Reeser CDU-Fraktionschef Dieter Karczewski auch so: „Bei der Europawahl treten viele Parteien an, die in Rees normalerweise gar nicht vertreten sind. Hier hat mancher Wähler jetzt auch mal sein Kreuzchen gemacht.“

Die AfD kam so auf 6,5 Prozent, Die Linke auf 3,1 Prozent. 7,5 Prozent der Stimmen gingen insgesamt an Sonstige. Von allen 40 angetretenen Parteien gab es nur zwei für die kein Reeser stimmte (DKP und III. Weg). Bei den Exoten schnitt der Satire-Ableger „Die Partei“ mit 1,4 Prozent (145 Stimmen) am besten ab. Die Tierschutzpartei (140 Stimmen) kam auf 1,35 Prozent, „Familie“ auf 0,7 Prozent (70 Stimmen). Die pro-europäischen Bürgerbewegung Volt, die vergangene Woche per Gerichtsbeschluss den „Wahl-O-Mat“ vorübergehend stoppen konnte, kam auf 50 Stimmen (0,5 Prozent). Zwölf Reeser votierten für die ebenfalls pro-europäische Partei „Liebe“ (0,1 Prozent), die fordert: „Liebe muss die Welt regieren.“ Jeweils ein Reeser stimmte für MLDP, SGP, BIG, „Die Direkte!“ und NL.

(Markus Balser)
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