Energiewende mit offenen Fragen NRW kippt Abstandsregel für Windräder

Düsseldorf · Schwarz-Grün verabschiedet sich jetzt doch von der umstrittenen 1000-Meter-Regelung. Die Energiewirtschaft begrüßt den Schritt. Doch es bleiben viele Fragen offen.

 NRW kippt die Abstandsregel für Windräder. (Symbolbild)

NRW kippt die Abstandsregel für Windräder. (Symbolbild)

Foto: dpa/Federico Gambarini

Nach intensiven Verhandlungen haben sich CDU und Grüne darauf verständigt, die pauschale Vorgabe für Abstände von 1000 Metern für Windräder zu Wohnhäusern zu kippen. Erklärtes Ziel der Landesregierung ist, NRW zur ersten klimaneutralen Industrieregion Europas zu machen. Experten hatten aber zuletzt immer stärkere Zweifel angemeldet, dass sich dieses Ziel beim derzeitigen Ausbautempo der erneuerbaren Energien überhaupt erreichen lasse.

Die Landesregierung teilte nun mit, dass das Kabinett bereits am vergangenen Freitag den Entwurf der Änderung des Landesentwicklungsplans (LEP) beschlossen habe. Diese war notwendig geworden, um die Vorgaben des Bundes zu erfüllen. Der hatte verlangt, dass bis 2032 1,8 Prozent der Landesflächen für die Windkraft zur Verfügung stehen sollen. Das Land werde dieses Ziel bereits bis 2025 erfüllen, teilte Wirtschafts- und Energieministerin Mona Neubaur (Grüne) mit. Grünen-Fraktionschefin Wibke Brems sprach von einem „riesigen Schritt für die Energiewende“. Flankiert werden die LEP-Änderungen von Anpassungen im Landesbaurecht. Deren Details will die zuständige Bau- und Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) voraussichtlich am heutigen Mittwoch der Öffentlichkeit vorstellen.

Neubaur zufolge würden durch die Reform ab sofort rund 9000 Hektar zusätzlich zur Verfügung stehen – das entspreche rechnerisch rund 450 Windrädern. „Spätestens 2024 stehen in den Windenergiebereichen der Regionalplanentwürfe insgesamt 61.400 Hektar für den beschleunigten Ausbau bereit.“ Das entspricht genau den vom Bund geforderten 1,8 Prozent der Landesfläche.

Zunächst haben bis zum 21. Juli die Verbände die Möglichkeit, zu den Plänen Stellung zu nehmen. Anschließend wertet die Landesplanungsbehörde im Wirtschaftsministerium diese aus. Die finale Fassung der LEP-Änderung wird von der Landesregierung mit Zustimmung des Landtags beschlossen.

Der Vorsitzende des Landesverbands Erneuerbare Energien, Hans-Josef Vogel, zeigte sich im Gespräch mit unserer Redaktion zufrieden mit der Initiative der Landesregierung. „Ich begrüße die Abschaffung des Pauschalabstands, denn sie ermöglicht und vereinfacht Planungen und schafft vor allen Dingen Klarheit.“ Endlich komme Bewegung in das Thema Energiewende, fügte Vogel hinzu, der erst kürzlich in einem Interview mit unserer Redaktion eine Verdreifachung der Anstrengungen beim Thema erneuerbare Energie gefordert hatte.

Die Opposition begrüßte ebenfalls die Pläne. André Stinka, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag, sagte: „Unser monatelanger Druck zeigt Wirkung: Nach viel zu langer Hängepartie haben CDU und Grüne ein Einsehen und sind endlich bereit, die 1000-Meter-Abstandsregel für Windkraftanlagen ganz abzuschaffen.“ Stinka wies darauf hin, dass die SPD einen entsprechenden Gesetzentwurf bereits im März eingebracht habe, doch die Regierungskoalition diesen damals noch abgelehnt hatte. „Die Zeit seit Amtsantritt der Regierung sind verschenkte Monate, in denen Schwarz-Grün viel Glaubwürdigkeit in Sachen erneuerbarer Energien verloren hat. Jetzt wird es höchste Zeit, das Land hinkt den eigenen Ausbauzielen weit hinterher“, sagte Stinka.

Gleichzeitig blieben jedoch viele Fragen offen, kritisierte er: „Führt die Landesregierung durch die Hintertür einen neuen Mindestabstand von 400 Metern zu Einzelgebäuden im Außenbereich ein? Das würde im Münsterland das laufende Regionalplanungsverfahren über den Haufen werfen und die Flächenziele unerreichbar machen, wenn dadurch ein Drittel der Windenergieanlagen der Region betroffen sind“, warnte Stinka und sprach von ausufernden Regelungsvorgaben zum Ausbau der Freiflächen-Solaranlagen und dem damit verbundenen Prüfungsaufwand. Zudem kritisierte der Oppositionspolitiker, dass der von Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) versprochene Artenschutzleitfaden für die Abwägungsprozesse zum Ausbau der Windkraft im Wald immer noch nicht vorliege.

(maxi)
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