Fast 95 Prozent Zustimmung Merz zum neuen CDU-Vorsitzenden gewählt

Berlin · Nun soll es Friedrich Merz richten: Nach Annegret Kramp-Karrenbauer und Armin Laschet hat ihn die CDU an diesem Samstag zum dritten Vorsitzenden innerhalb von gut drei Jahren gewählt. Merz rief die Partei zu einem kraftvollen Aufbruch in der Opposition auf.

CDU-Parteitag zur Wahl von Friedrich Merz zum Vorsitzenden
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CDU-Parteitag zur Wahl von Friedrich Merz zum Vorsitzenden

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Foto: dpa/Michael Kappeler

Die CDU hat den früheren Unionsfraktionsvorsitzenden Friedrich Merz zu ihrem neuen Vorsitzenden gewählt. Auf einem Online-Parteitag erreichte Merz 94,62 Prozent der Delegiertenstimmen. 915 von 983 Delegierten stimmen für den 66-Jährigen, 16 enthielten sich.

Merz wird damit der dritte CDU-Vorsitzende innerhalb von gut drei Jahren sein, nachdem die damalige Kanzlerin Angela Merkel sich 2018 nach 18 Jahren vom Parteivorsitz zurückgezogen hatte. Bei zwei früheren Anläufen auf den Parteivorsitz hatte der Wirtschaftsexperte im Dezember 2018 gegen Annegret Kramp-Karrenbauer und im Januar 2021 gegen Armin Laschet verloren.

Die Wahl von Merz im Anschluss galt schon vorher als sicher, nachdem er im Dezember in der ersten Mitgliederbefragung der CDU zum Parteivorsitz mit 62,1 Prozent zum Nachfolger des als Kanzlerkandidat gescheiterten Armin Laschet bestimmt worden war. Mit Spannung wurde aber erwartet, wie groß der Rückhalt ist, den die Delegierten dem 66-jährigen Merz geben – und ob er auf die von ihm angepeilten über 80 Prozent der Stimmen kommen würde. Das hat er nun deutlich geschafft.

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Das ist Friedrich Merz

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Foto: dpa/Michael Kappeler

„Ich bin tief bewegt und beeindruckt von diesem Wahlergebnis“, sagte Merz, der bereits zweimal ohne Erfolg versucht hatte, Parteichef zu werden. Er sprach von einem „großartigen Mandat“, die neue Aufgabe anzugehen. Direkt nach dem Parteitag wollte Merz die neue Führungsspitze erstmals um sich versammeln. Offiziell sollen die konstituierenden Sitzungen der neuen Führungsgremien am 7. Februar sein.

Als Konsequenz aus dem mit 24,1 Prozent historisch schlechtesten Unionsergebnis bei einer Bundestagswahl 2021 wählt beim 34. Parteitag die CDU ihre komplette Führungsspitze neu. Die Delegierten stimmen online ab. Das Ergebnis muss anschließend per Briefwahl formell bestätigt werden.

„Wir haben unser Selbstvertrauen nicht verloren“

Merz hatte zuvor seine Partei nach dem Desaster bei der Bundestagswahl vor vier Monaten zu Geschlossenheit und einem kraftvollen Aufbruch in der Opposition aufgerufen. Zugeschaltet waren bei seiner Vorstellungsrede 1001 Delegierte.

Vom Parteitag gehe ein „kraftvolles Signal des Aufbruchs und der Erneuerung der CDU aus“, sagte Merz am Samstag in Berlin vor seiner Wahl beim Online-Parteitag der CDU. „Wir haben unser Selbstvertrauen nicht verloren.“ Gerade wegen der neuen Ampel-Regierung habe Deutschland Anspruch auf eine Union, „die dem Land weiter dient, die Antworten gibt auf die drängenden Fragen unserer Zeit“ und die als Opposition zunächst den Anspruch an sich selbst stelle, wieder die Regierung von Morgen sein zu können.

„Täuschen wir uns nicht: Bis dahin kann es ein weiter Weg sein“, warnte Merz die Union aber zugleich. „Wie lang der Weg wirklich wird, liegt nicht allein, aber auch an uns“, ergänzte er. „Wenn wir uns streiten, wenn wir in alle Himmelsrichtungen auseinander laufen, wenn wir ein unklares Bild abgeben, wenn wir bei den Themen nicht auf der Höhe der Zeit sind, dann wird es möglicherweise sehr lang dauern. Und selbst dann ist es nicht gesagt, dass es überhaupt gelingt.“ Nun müsse die CDU schnell Tritt fassen.

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Der Online-Parteitag startete am Samstag nach einer kurzen Begrüßung durch den scheidenden Generalsekretär Paul Ziemiak mit einer ökumenischen Andacht. Merz kam gegen 8.45 Uhr mit seiner Ehefrau Charlotte zum Konrad-Adenauer-Haus, der Parteizentrale in Berlin. Wegen der Corona-Pandemie war nur die engste Führungsriege in der Parteizentrale in Berlin anwesend.

„Die Narbe wird bleiben“

Der scheidende CDU-Vorsitzende Armin Laschet beschrieb die verlorene Bundestagswahl im vergangenen Jahr als bleibende Belastung für seine Partei. „Es ist eine offene Wunde, noch immer“, sagte er am Samstag beim Parteitag. „Und die Narbe wird bleiben.“

„Hinter uns liegt ein Jahr wie eine Achterbahnfahrt“, urteilte Laschet, der bei der Bundestagswahl als Kanzlerkandidat der Union angetreten war. Es sei Anfang 2021 klar gewesen, dass es „ein schwerer Weg“ und „ein harter Wahlkampf“ werden würde. Alle seien aber „hoffnungsvoll“ gewesen, dass das Ziel erreicht werde – „wir wollten die Bundestagswahl gewinnen“. Jedoch: „Diese Hoffnungen haben sich nicht erfüllt.“

Zugleich gab sich Laschet kampfeslustig. Die SPD behaupte, „die CDU läge am Boden, die CDU wäre zerstört“. Das sei nicht zutreffend. „Vertut Euch nicht“, rief Laschet der politischen Konkurrenz zu. „Zieht euch warm an, die CDU kommt wieder.“

Für diese Zeit des Aufbruchs sei der Friedrich Merz „genau der Richtige“, zeigte sich Laschet überzeugt. Dieser habe „Riesenrückendeckung“ in der Partei, sagte er mit Blick auf Merz' Sieg bei der Mitgliederbefragung zum Parteivorsitz im Dezember.

Der scheidende Parteichef betonte die Notwendigkeit der innerparteilichen Solidarität und der Geschlossenheit. Es dürfe nicht mehr aus jeder Gremiensitzung alles „in die Welt posaunt“ werden. Wichtig sei auch, „eine neues Verhältnis“ zur Schwesterpartei CSU zu finden.

In der Aussprache zu Laschets Rede meldete sich als einziger Parteitagsteilnehmer Merz zu Wort – und war voll des Lobes: Laschet habe „großartigen Einsatz“ für die Partei gezeigt. Die CDU sei ihm zu „großem Dank“ verpflichtet.

Merkel nicht beim Parteitag dabei

Vor Beginn des Parteitags hatte sich am Freitagabend der scheidende Generalsekretär Paul Ziemiak geäußert. Es komme jetzt auf „Geschlossenheit und Teamgeist“ an. Die CDU müsse gemeinsam als Mannschaft antreten, sagte Ziemiak. 2022 sei mit vier Landtagswahlen ein entscheidendes Jahr. „Wir wollen und wir werden die anstehenden Landtagswahlen gewinnen“, sagte er mit Blick auf die Wahlen im März im Saarland sowie im Mai in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, wo die CDU die Ministerpräsidenten stellt.

Brandenburgs CDU-Chef Michael Stübgen hält es für sinnvoll, dass Merz als Parteivorsitzender auch an der Spitze der Unionsfraktion im Bundestag steht. „Angela Merkel hat das vor über 19 Jahren genauso gesehen, dass man gerade in der Opposition beides bündeln muss. Ich persönlich sehe das auch so“, sagte der langjährige Bundestagsabgeordnete und heutige Landesinnenminister der Deutschen Presse-Agentur in Potsdam im Vorfeld des Parteitags. Brinkhaus ist nur bis zum 30. April gewählt, er würde gerne darüber hinaus im Amt bleiben.

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe über den künftigen CDU-Chef: „Ich halte ihn für einen Merz im Schafspelz.“ Merz versuche taktisch, sich ein neues Image zu verschaffen. „Er scheint festgestellt zu haben, dass man mit seinen bislang vorgetragenen gerade auch gesellschaftspolitischen Positionen in Deutschland keine Mehrheiten mehr erringt und zudem potenzielle Koalitionspartner verschreckt“, sagte Kühnert.

Ex-Kanzlerin Merkel ist beim Parteitag nicht dabei. Das hatte ihr Büro auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitgeteilt. Merkel habe zudem mit Laschet „darüber gesprochen, dass sie die Verbundenheit mit der CDU in der Zukunft in anderer Form als als Ehrenvorsitzende zeigen möchte“. Merkel war 18 Jahre lang CDU-Chefin - von 2000 bis 2018. Sie sagte aus „terminlichen Gründen“ auch eine Einladung von Merz für ein Essen am Samstagabend ab, ebenso wie ihre Nachfolgerin als CDU-Chefin, Annegret Kramp-Karrenbauer. Entsprechende Informationen des „Spiegel“ waren der dpa bestätigt worden.

Auf Wunsch von Merz sollte der Bundestagsabgeordnete und frühere Berliner Sozialsenator Mario Czaja auf dem Parteitag zum Generalsekretär gewählt werden. Das gelang auch: Czaja erhielt knapp 93 Prozent der Stimmen. Czaja soll unter anderem den Arbeitnehmerflügel abdecken. Die von Merz als künftige stellvertretende Generalsekretärin präsentierte Bundestagsabgeordnete Christina Stumpp kann aus formalen Gründen erst später auf einem Präsenzparteitag gewählt werden.

Forderung nach Frauenquote erneuert

Der scheidende CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak forderte seine Partei am Samstag auf, Pläne für die Einführung einer Frauenquote auch umzusetzen. Die Struktur- und Satzungskommission habe vorgeschlagen, „dass es eine verbindliche Quote geben soll für mehr Frauen in den Führungspositionen der CDU“, sagte Ziemiak am Samstag beim digitalen Parteitag. Es sei „ein nicht einfacher Kompromiss“ gewesen. „Ich hoffe, dass dieser Weg weiter gegangen wird.“ Ziemiak hatte im Dezember 2018 den Posten des CDU-Generalsekretärs übernommen.

Die Satzungskommission der CDU hatte im Sommer 2020 vorgeschlagen, dass schrittweise bis 2025 Parteivorstände ab der Kreisebene je zur Hälfte mit Männern und Frauen besetzt sein müssen. Auch wegen der Corona-Pandemie ist dies aber bis heute nicht durch einen Parteitag beschlossen. Dazu wäre eine Präsenzveranstaltung nötig.

An der Basis bleibt das Vorhaben umstritten. Auch der designierte neue Parteichef Friedrich Merz hat sich in der Vergangenheit skeptisch zur Einführung einer Frauenquote geäußert. Im Bundestag kommt die Union derzeit auf einen Frauenanteil von 23,5 Prozent – nur in der AfD-Fraktion gibt es noch weniger Frauen. Bei den Parteimitgliedern liegt der Frauenanteil bei 26,6 Prozent.

(hebu/dpa/AFP)
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