Ukraine-Krise Moskau inszeniert den Kalten Krieg

Düsseldorf · Die russische Luftwaffe schickt am kommenden Freitag 70 Kampfjets zur Siegesparade auf die Krim; Moskau verstärkt seine Schwarzmeer-Flotte unter anderem durch U-Boote; Tupolew-Atombomber testen über der Nordsee die Nato-Luftverteidigung; russische Medien berichten stolz, dass ein elektronisches Störflugzeug einen US-Zerstörer in neutralen Gewässern des Schwarzen Meers lahmgelegt hat, worauf 27 demoralisierte Besatzungsmitglieder im nächsten Hafen ein Entlassungsgesuch eingereicht hätten - vier Beispiele dafür, wie der Kreml in der Ukraine-Krise immer wieder unverhohlen mit seiner Militärmacht droht.

Warum Russland auf Konfrontationskurs geht
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Foto: afp, ss/sd

Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisierte am Dienstag die Absicht, zum 69. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs auf der Krim eine Militärparade abzuhalten: "Ich finde es schade, wenn ein solcher Tag genutzt wird, um in einem solchen Spannungsfeld eine Parade abzuhalten." Spekuliert wird darüber, dass Kreml-Chef Wladimir Putin am 9. Mai selbst auf die Krim reist.

Das Auswärtige Amt in Berlin empfahl allen Deutschen in den östlichen und südlichen Landesteilen der Ukraine dringend die Ausreise. Der Flughafen von Donezk in der Ost-Ukraine strich gestern bis zum Abend sämtliche Flüge, auch die ausländischer Airlines. Der Luftraum sei staatlichen ukrainischen Flugzeugen vorbehalten, hieß es.

Wladimir Putin - Präsident von Russland, eitel, autoritär, entschlossen
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Foto: dpa/Kremlin Pool

Trotz aller diplomatischen Bemühungen um eine friedliche Lösung wird vor allem im Osten des Landes weiter heftig gekämpft. Gestern erklärte die Regierung in Kiew, bei Gefechten um Slawjansk seien mehr als 30 Separatisten getötet worden.

Die von Außenminister Frank-Walter Steinmeier geforderte Neuauflage der Genfer Gespräche zur friedlichen Lösung der Ukraine-Krise droht unterdessen zu scheitern. Moskau und Kiew stellten Bedingungen: Russlands Außenminister Sergej Lawrow forderte, auch die prorussischen Kräfte müssten mit am Verhandlungstisch sitzen. Das wies die ukrainische Regierung umgehend zurück: Allein sie vertrete alle Regionen des Landes, sagte Außenminister Andrej Deschtschiza beim Jahrestreffen des Europarats in Wien.

Unter Vorsitz Österreichs berieten dort 30 Außenminister bei ihrer regulären jährlichen Zusammenkunft über Auswege aus der Krise. "Wir sollten alles tun, damit der Kalte Krieg dort bleibt, wo er hingehört, nämlich in den Geschichtsbüchern", sagte der österreichische Außenminister Sebastian Kurz. Die 28 EU-Staaten sind uneinig darüber, ob und wann wegen des Ukraine-Konflikts die Sanktionen gegen Moskau verschärft werden.

Kiew wirft dem Kreml vor, hinter den Unruhen zu stehen. Moskau streitet das ab. Russland werde nicht in die Ukraine einmarschieren müssen, um seine Ziele zu erreichen, sagte der Nato-Oberbefehlshaber, US-General Philip Breedlove, bei einem Besuch in Kanada. Denn Russlands Präsident Wladimir Putin habe Erfolg damit, "Chaos zu provozieren und den Boden für eine separatistische Bewegung zu bereiten".

Ukraine: Separatisten demütigen Polizeibeamte
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Die Nato hat die Sicherung des Luftraums ihrer Mitgliedstaaten Estland, Lettland, Litauen, Polen und Rumänien verstärkt. Auch Kanada stellt dafür sechs Abfangjäger.

Die innenpolitischen Irritationen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt haben fraktionsintern heftige Kritik an CDU-Außenpolitiker Philipp Mißfelder und CSU-Vizechef Peter Gauweiler ausgelöst. Unter dem Applaus von Abgeordneten wiederholte der Chef der Bundestagsfraktion, Volker Kauder, während der gestrigen Fraktionssitzung sein Unverständnis darüber, dass Mißfelder zum Geburtstagsempfang Putins für Ex-Kanzler Gerhard Schröder nach St. Petersburg gefahren war und dort mit Putin zu Abend gegessen hatte, ohne die Reise mit der Regierung oder der Fraktionsführung abzusprechen. Mißfelder entschuldigte sich dafür und bedankte sich zugleich für Zuspruch aus dem Kollegenkreis. Darauf erklärte die Fraktion die Angelegenheit für erledigt - Mißfelder behält seinen Posten als außenpolitischer Sprecher der Fraktion.

Die CSU-Landesgruppe hatte sich zuvor intern mit Kritik Gauweilers am Verhalten der entführten deutschen Militärbeobachter auseinandergesetzt. Sowohl CSU-Chef Horst Seehofer als auch Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt distanzierten sich von Gauweiler.

Das Auswärtige Amt rät Deutschen im Süden und Osten der Ukraine dringend zur Ausreise. Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisiert die geplante russische Siegesparade auf der Krim. Diplomatische Initiativen stocken.

(mic)
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