Ukraine-Krise Steinmeier befürchtet militärischen Konflikt

Kiew/Berlin · In der Ukraine droht Bürgerkrieg, wenn für den Konflikt nicht bald eine Lösung gefunden wird. Bundesaußenminister Steinmeier warnt vor den Gefahren und schlägt eine "Genf II"-Konferenz vor. Das Auswärtige Amt rät Bundesbürgern zur Ausreise aus der Süd- und Ostukraine.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat in der Ukraine-Krise vor der wachsenden Gefahr eines offenen militärischen Konflikts gewarnt. Es müssten nun alle Anstrengungen unternommen werden, um einen neuen Kalten Krieg zu vermeiden, sagte Steinmeier in einem Interview mit mehreren europäischen Zeitungen. "Die blutigen Bilder aus Odessa haben uns gezeigt, dass wir wenige Schritte von einer militärischen Konfrontation entfernt sind", sagte Steinmeier. Das Auswärtige Amt riet unterdessen alles Deutschen, den Süden und Osten der Ukraine zu verlassen.

Die Situation dort sei "zurzeit sehr angespannt", schrieb das Ministerium auf seiner Internetseite am Dienstag weiter. Auch Journalisten wurden gewarnt: "Angesichts der jüngsten Entwicklungen muss davon ausgegangen werden, dass Medienvertreter besondere Gefahr laufen, von separatistischen Kräften festgehalten oder festgenommen zu werden." Nach der russischen Annexion der Halbinsel Krim werde von Reisen dorthin "dringend abgeraten". Konsularischer Schutz könne dort angesichts der aktuellen Lage derzeit nicht gewährt werden, schrieb das AA.

"Der Ukraine-Konflikt hat an Schnelligkeit und Schärfe zugenommen, wie wir es vor einiger Zeit nicht für möglich gehalten hätten", sagte Steinmeier weiter. Das Interview erschien am Dienstag in den Blättern "El Pais" (Spanien), "Le Monde" (Frankreich), "La Repubblica" (Italien) und "Gazeta Wyborcza" (Polen).

Es müssten nun alle Anstrengungen unternommen werden, um einen neuen Kalten Krieg zu vermeiden. Er schlug vor, noch vor dem Wahltermin in der Ukraine am 25. Mai eine zweite Ukraine-Konferenz abzuhalten. Die Ergebnisse des ersten Genfer Treffens Mitte April seien ein "wichtiger Zwischenschritt, aber ohne Zweifel nicht ausreichend" gewesen, sagte er am Montagabend im ZDF. Damals seien "keine Umsetzungsschritte" vereinbart worden. Deshalb plädiere er dafür, "den fehlenden zweiten Schritt jetzt noch zu machen".

Die zwischen der EU, den USA, Russland und der Ukraine erzielten Genfer Vereinbarungen, darunter ein Gewaltverzicht und die Räumung besetzter Gebäude, werden bislang kaum umgesetzt. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton will am Dienstag in Washington mit US-Außenminister John Kerry über die Lage sprechen. Am Mittwoch reist dann der Vorsitzende der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), der Schweizer Bundespräsident Didier Burkhalter, zu einem Gespräch mit Russlands Präsident Wladimir Putin nach Moskau.

Unterdessen zeigte sich der oberste Nato-Kommandeur General Philip Breedlove überzeugt, dass Russland nicht in die Ukraine einmarschieren wird. Der Kreml könne seine Ziele auch anderweitig erreichen, sagte Breedlove am Montag (Ortszeit) nach US-Medienberichten in der kanadischen Hauptstadt Ottawa. Seiner Ansicht nach werde Russlands Präsident Wladimir Putin so weitermachen wie bisher, in dem er Unruhe stifte, die ukrainische Übergangsregierung in Verruf bringe und Separatisten anstifte. Somit könnte Moskau die Ostukraine unter Kontrolle haben, ohne reguläre Streitkräfte über die Grenze schicken zu müssen, meinte Breedlove.

Beim Jahrestreffen des Europarats in Wien beraten am Dienstag 30 Außenminister über die Ukraine-Krise. Erwartet werden dazu auch Russlands Chefdiplomat Sergej Lawrow und sein ukrainischer Amtskollege Andrej Deschtschiza. Drei Wochen vor der Präsidentenwahl in der Ex-Sowjetrepublik sucht die internationale Staatengemeinschaft neue Ansätze zur Lösung der Krise, weil die Übergangsführung in Kiew die Kontrolle über Landesteile im Osten verloren hat und dort bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen.

(dpa)
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