Geheime Abstimmungen im Rat Deshalb gibt es in Hamminkeln weiter ein System mit Müllwaage

Hamminkeln · Die CDU ließ nicht locker und ging gegen das bisherige System voll auf Konfrontation. Sie setzte langwierige, geheime Abstimmungen durch – mit knappem Ergebnis. Nur bei wenigen Punkten herrschte Einigkeit.

 Das Müllsystem der Stadt Hamminkeln war großes Streitthema im Rat.

Das Müllsystem der Stadt Hamminkeln war großes Streitthema im Rat.

Foto: Malz, Ekkehart (ema)

„Ich frage mich allen Ernstes, was wir hier machen. Seit 27 Jahren haben wir das Wiegesystem. Die CDU hatte immer Mehrheit und nicht das System geändert. Jetzt wird nur gestritten. Parteien wurden verleumdet und diskriminiert, das macht die Stimmung kaputt.“ Jörg Adams, SPD-Fraktionsvorsitzender, war stinkig im Rat, als es hoch herging in Sachen Müllsystem. Johannes Flaswinkel (Grüne) meinte, nur weniger Müll zähle, dafür brauche man die Waage. Die CDU wiederum verwies auf ihre Bürgerumfrage, nicht repräsentativ, aber als klares Stimmungssignal gegen das Wiegen.

Es ging final im Rat um die Frage: Müllsystemwechsel oder nicht? Die endlose Debatte, die irgendwo zwischen Ideologie, offenem Schlagabtausch und Sturheit rangierte, gipfelte in geheimen Abstimmungen der besonderen Art; die CDU hatte diese in der Hoffnung auf Abweichler beantragt. Da es drei Punkte gab, musste drei Mal an die Urne geschritten werden. Die FWI, die eigentlich den Antrag gestellt hatte, das Entsorgungssystem zu überprüfen, schwieg sich aus. In den geheimen Abstimmungen ging dann der Verwaltungsvorschlag durch. Heißt: es bleibt beim Wiegesystem und der entsprechenden jetzt anstehenden Ausschreibung.

Allein die Vorbereitung der Wahlgänge zog sich eine Stunde hin. Niemand war vorbereitet auf eine solche Situation. Von der Verwaltung wurde bemängelt, dass die CDU nicht zuvor eine geheime Abstimmung angekündigt hatte. Dies sei wegen der Vorbereitung in solchen Fällen üblich. Das Schauspiel war begleitet von hektischen Reaktionen. Die überraschte Verwaltung eilte von der Bürgerhalle Wertherbruch, wo der Rat tagte, ins Rathaus, um 300 Stimmzettel zu holen und Wahlurne sowie Wahlkabine zu beschaffen. Über 40 Minuten dauerte die dafür nötige Sitzungsunterbrechung.

Dann ging’s los. Jeder der drei zur Abstimmung stehenden Punkte kam einzeln an die Reihe, wegen der Corona-Auflagen musste jedes Ratsmitglied durch die weite Bürgerhalle einzeln zur Urne gehen und zu seinem Platz zurück, bevor das nächste Ratsmitglied aufgerufen wurde. Und das dreimal. Sechs Auszähler aus den Reihen der Fraktionen zählten jeweils, auch das dauerte. Spätschicht für die Politik.

Um was ging es eigentlich inhaltlich? Die Auftragsausschreibung der Müllentsorgung steht nach den Sommerferien an, dafür braucht man politische Vorgaben. CDU und FWI wollten auf das Volumensystem umsteigen und die Müllwaage einmotten. Grund war unter anderem das für ältere Leute beschwerliche Bringsystem einiger Müllarten. CDU-Fraktionsvize Marcel Opladen erläuterte, im Bauausschuss zuvor sei die Entscheidung mit einer Stimme Abstand knapp gewesen. Die Chance, Umfaller zu finden, griff aber nicht. Auch im Rat standen SPD, Grüne, FDP und USD stramm zum bestehenden Wiegesystem.

Den Weg zum Systemwechsel wollte die CDU Punkt für Punkt ebnen, was sie entsprechend beantragt hatte. In geheimen Abstimmungen standen die Fronten aber fest. Abstimmung eins umfasste den Knackpunkt: Die Verwaltung soll für den Restabfall die Ausschreibung eines Volumensystems durchführen, also die Windelentsorgung im Restmüll stattfinden. Mit 20 zu 18 Stimmen setzten sich SPD, Grüne, FDP und USD durch. 18 „Ja“ – wohl von CDU und FWI – reichten ebenfalls nicht in Abstimmung zwei, als für die Bioabfallentsorgung im Holsystem eine Biotonne auf freiwilliger Basis ausgeschrieben werden sollte. Die zentrale Grünschnittannahme Güterstraße war dabei unstrittig. Abstimmung drei ging etwas anders aus: Der Vorschlag lautete, für Leichtstoffe neben dem Gelben Sack die Gelbe Tonne einzuführen oder eine Wertstofftonne zu prüfen – also standen zwei Systeme zur Wahl. 19 Nein-Stimmen, 18 Ja-Stimmen und eine Enthaltung waren das geheim abgegebene Ergebnis.

Immerhin gab es eine kluge Zeitersparnis beim Wahlmarathon, denn ein Urnengang wurde gestrichen. Hier deckten sich Verwaltungs- und CDU-Vorschlag; beide wollen das Sammeln von PKK (Papier/Pappe/Kartonagen) und Problemstoffen in bisheriger Weise fortsetzen.

Wie unser Autor die lange Debatte im Rat einschätzt, lesen Sie hier.

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