Friseur-Neueröffnung in Wesel „Corona sorgt für angemessene Preise“

Wesel · Am Donnerstag eröffnet Nancy Forisch in der Ex-Bäckerei des früheren Praktiker-Baumarktes – jetzt Tedox – ihren Salon Frisörhandwerk. Die Meisterin will künftig jungen Leute mit psychischen Erkrankungen eine Lehrstelle anbieten.

 Auch wenn noch nicht alles zu 100 Prozent fertig ist, freut sich Nancy Forisch auf die Eröffnung ihres Salsons Frisörhandwerk an der Nordstraße.

Auch wenn noch nicht alles zu 100 Prozent fertig ist, freut sich Nancy Forisch auf die Eröffnung ihres Salsons Frisörhandwerk an der Nordstraße.

Foto: Klaus Nikolei

Als Nancy Forisch bei der Suche nach einer Lehrstelle vor 20 Jahren in einem Weseler Friseursalon fündig wurde, hielt sich ihre Begeisterung darüber mehr als in Grenzen. Erst mal die Ausbildung machen und dann weiterschauen, dachte sie damals. Eine Traumlehrstelle sah für sie anders aus.

 Doch im Laufe der Jahre hat Nancy Forisch eine echte Leidenschaft für ihren Beruf entwickelt und 2014 auch die Meisterprüfung abgelegt. Und ihren seit dieser Zeit gehegten Traum von der Selbstständigkeit erfüllt sich die mittlerweile 40-Jährige jetzt: Am heutigen Donnerstag eröffnet die Jungunternehmerin ihren Salon Frisörhandwerk (kein Rechtschreibfehler!) in der seit Jahren leerstehenden ehemaligen Bäckereifiliale des Ex-Praktiker-Baumarktes an der Nordstraße – heute Renovierungsdiscounter Tedox. Der Lockdown hatte eine schon für Anfang 2021 geplante Eröffnung verhindert.

 Die beiden Waschplätze sind so angeordnet, dass die Kundinnen und Kunden möglichst weit auseinandersitzen. Wichtig in Zeiten von Corona.

Die beiden Waschplätze sind so angeordnet, dass die Kundinnen und Kunden möglichst weit auseinandersitzen. Wichtig in Zeiten von Corona.

Foto: Klaus Nikolei

  „Ich hatte mir mehrere Läden angeschaut, aber nicht das richtige gefunden. Als ich dann zum ersten Mal in diesem Objekt war, hat mir mein Baugefühl sofort gesagt: Ja, das ist es.“ Den Kontakt zu dem Makler des Ladenlokals hat übrigens Gastronom Ado Hrustanovic (Obrighoven Grill) hergestellt, der am morgigen Freitag sein Restaurant Gusto in den Cubes an der Rudolf-Diesel-Straße eröffnen wird. „Ado und ich kennen uns schon seit Jahren“, sagt die Friseurmeisterin. Die Welt in Wesel ist klein.

 Obwohl es bis zur Eröffnung keine 20 Stunden mehr sind, ist Nancy Forisch beim Besuch unserer Redaktion entspannt. „Eigentlich müsste ich ja ein bisschen nervös sein, zumal nicht alles komplett fertig wird“, sagt sie. Das Kassensystem fehlt noch, ebenso die Garderobe und einige Regale. „Dann beginne ich halt in einem kleinen Provisorium“, sagt sie und lacht. Ihre Stammkunden, die bereits einen Termin mit ihr vereinbart haben, wird das nicht stören. Denn alles, was Nancy Forisch benötigt, um ihren Kundinnen und Kunden zu einem schönen Schnitt und einem guten Gefühl zu verhelfen, ist da. Und noch mehr.

Die Jungunternehmerin ist stolz auf ihre Einrichtung. Die großen ovalen Spiegel und die coolen braunen Ledersitze wurden nach ihren persönlichen Wünschen gefertigt. Von der Decke hängen große Industrieleuchten. Die Waschplätze sind so angeordnet, dass die Kunden möglichst weit auseinandersitzen. „Das ist gerade in Zeiten von Corona wichtig“, sagt sie. Ihr persönliches Highlight ist die schwarze Relaxliege, auf der Kundinnen entspannen können, während die Farbe einwirkt. Damit im Sommer niemand hinter der Glasfassade ins Schwitzen kommt, hat Nancy Forisch eine Klimaanlage einbauen lassen. Erfrischende Kaltgetränke kann sich jeder aus einem Designer-Kühlschrank nehmen.

 Zunächst einmal wird sie als Einzelkämpferin agieren. Zum 1. August steht ihr eine Friseurmeisterin zur Seite. Kurz- beziehungsweise mittelfristig möchte sie auch junge Leute ausbilden. Vor allem solche, die es wegen einer psychischen Behinderung auf dem Ausbildungsmarkt nicht gerade leicht haben. „Ich möchte beispielsweise mit dem Verein Spix, der das Café Vesalia am Bahnhof betreibt, Kontakt aufnehmen und dann mit der Vereinsführung überlegen, ob und wie wir meine Idee in die Tat umsetzen können.“ Auch mit anderen Träger könnte sie sich eine Zusammenarbeit vorstellen.

 Und noch etwas ist anders im Frisörhandwerk: Nancy Forisch nimmt für Waschen, Schneiden und Föhnen beziehungsweise für das Gesamtpaket mit Färben oder Tönen keinen festen Preis, sondern rechnet nach Zeitaufwand ab. „Je nach Frisur und Beschaffenheit der Haare brauche ich mal mehr oder auch weniger Zeit. Und das spiegelt sich dann auch im Preis wider“, erklärt sie. Ihr Stundensatz beträgt 45 Euro. Apropos Preis: Auch wenn Corona dafür gesorgt hat, dass sie monatelang von Kurzarbeitergeld und ihren Ersparnissen leben musste, so hat die Pandemie aus ihrer Sicht ein Gutes: „Mittlerweile hat die ganze Branche die Preise angehoben, so dass es jetzt endlich möglich ist, wirtschaftlich zu arbeiten und guten Angestellten auch mehr als den Mindestlohn zu zahlen.“ Der liegt für Friseurinnen aktuell bei gerade mal 9,60 Euro, bei angestellten Meisterinnen bei 12,50 Euro.

Während sich Nancy Forischs erster Kunde heute bereits um 9 Uhr zum Waschen, Schneiden, Föhnen angesagt hat („Das dürfte eine halbe Stunde dauern und 22,50 Euro kosten“), wird sie ab morgen wochentags erst um 9.30 Uhr öffnen (siehe Infobox). Montags hat sie ihren freien Tag. In diesem Punkt unterscheidet sie sich nicht von den vielen anderen Salons in Wesel.

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