Ausbildungsjahr 2021 im Rheinisch-Bergischen Kreis Wieder mehr Lehrstellen im Angebot

Wermelskirchen · Die Anzahl der Ausbildungsplatzsuchenden sinkt weiter, stellen Arbeitsagentur, Kreishandwerkerschaft und IHK fest. Immerhin: Nach dem Sinkflug der Zahl der freien Ausbildungsplätze im Vorjahreszeitraum ist diese Talfahrt von 2020 auf 2021 gestoppt.

 Die Ausbildung zum Fachinformatiker Systemintegration wird nicht nur von immer mehr Unternehmen angeboten, bei Ausbildungssuchenden erfreut sie sich ebenfalls großer Beliebtheit.

Die Ausbildung zum Fachinformatiker Systemintegration wird nicht nur von immer mehr Unternehmen angeboten, bei Ausbildungssuchenden erfreut sie sich ebenfalls großer Beliebtheit.

Foto: NGG

Während in Leverkusen die Zahl der neuen Auszubildenden naturgemäß in der Chemiebranche vergleichsweise hoch ist und damit dort nahezu eine austarierte Waage zwischen technischen und kaufmännischen Berufsneueinsteigern entsteht, überwiegt im Rheinisch-Bergischen Kreis die Anzahl der neuen Auszubildenden im kaufmännischen Sektor. Diesen Unterschied stellte Johannes Juszczak fest. Der Ausbildungsexperte der Industrie- und Handelskammer (IHK) Köln resümierte gemeinsam mit dem Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Bergisches Land, Marcus Otto, sowie der Vorsitzenden der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Bergisch Gladbach, Nicole Jordy, den Start in das Ausbildungsjahr 2021/22 zum Stichtag 30. September.

Demnach ist trotz minimaler Unterschiede im Detail eine gemeinsame Entwicklung für die gesamte Region Rhein-Berg/Leverkusen zu beobachten: Der Rückgang der Bewerber um einen Ausbildungsplatz setzt sich fort. Der Rückgang der freien Ausbildungsstellen jedoch, der sich vor allem von 2019 auf 2020 manifestierte, ist gestoppt. Wie Nicole Jordy bilanzierte, sind aktuell noch 152 Ausbildungsplätze im Rheinisch-Bergischen Kreis nicht besetzt, in Leverkusen sind es 100.

Sowohl die Corona-Pandemie als auch die demographische Entwicklung schlage sich negativ auf den Ausbildungsmarkt nieder, beobachtete die Arbeitsagentur. Während es insgesamt weniger Bewerber gibt, hätten die Unternehmen auf der Stellenseite geringfügig mehr Ausbildungsplätze an die Agentur für Arbeit gemeldet als zur gleichen Zeit im Vorjahr: „Dementsprechend blieben weniger Bewerberinnen und Bewerber unversorgt, wohingegen mehr Ausbildungsstellen unbesetzt sind als Ende September 2020.“ Den stärksten Rückgang bei den Ausbildungsplatzsuchenden registrierte die Arbeitsagentur bei den unter 20-Jährigen. „Es ist uns nicht gelungen, die fehlende Beratung in den Schulen aufzufangen“, sagte Nicole Jordy: „Während des Lockdowns ohne regulären Unterrichtsbetrieb ist in den Schulen viel verloren gegangen, weil dort der Berufsorientierungsprozess eigentlich beginnt.“ Aber: „Wir haben die Hoffnung, dass das Gros der jungen Menschen, die bislang nicht den Weg zu uns gefunden haben, das ab jetzt und im kommenden Jahr nachholen.“

Auf diese Einschätzung setzte auch IHK-Fachmann Johannes Juszczak: „Wir hoffen auf vermehrte Praktika in 2022, die zuletzt wegen Corona gar nicht oder nur bedingt möglich waren, damit der Übergang von der Schule in den Beruf leichter wird.“ Zum 30. September diesen Jahres habe die IHK im Rheinisch-Bergischen Kreis 557 neu abgeschlossene Ausbildungsverträge verzeichnet – 41 mehr als zum Vorjahresstichtag. „Die Wolken lichten sich“, kommentierte Juszczak, der froh ist, dass sich der drastische Rückgang der ausgeschriebenen Ausbildungsplätze, der wegen Corona von 2019 zu 2020 auftrat, im Vergleich von 2020 und 2021 nicht erneut einstellte. Früherer Bewerbermangel aus der Zeit vor der Corona-Pandemie schlage allerdings in einzelnen Branchen mit noch größerer Wucht zu, registrierte die IHK: „Insbesondere im Tourismus- sowie im Hotel- und Gaststättenbereich fehlen Bewerbende und das bei wieder wachsendem Angebot.“

Nicole Jordy und Johannes Juszczak betrachteten eine Entwicklung dabei positiv: Die Digitalisierung macht sich auch auf dem Ausbildungsmarkt bemerkbar. „In den IT-Berufen trifft ein nach wie vor großes Angebot an Ausbildungsstellen auf ein mittlerweile entsprechend großes Interesse“, beschrieb der IHK-Vertreter. Jordy erläuterte, dass die Ausbildung zum Fachinformatiker Systemintegration in den Top Ten der gemeldeten Ausbildungsstellen und gewünschten Ausbildungen der Bewerber zu finden ist.

In die Top Ten der Berufswünsche der Ausbildungsplatzsuchenden landete im Rheinisch-Bergischen Kreis außerdem ein Beruf, der nach Auskunft der Experten zuletzt unter weniger Beliebtheit litt: Tischler. In die Top Ten-Liste der bei der Arbeitsagentur gemeldeten Lehrstellen schaffte es die Tischlerausbildung allerdings nicht. „Das Handwerk ist sehr zweigeteilt durch die Corona-Krise gegangen. Extrem war es zum Beispiel bei den Friseuren, während das Bauhaupt- und Baunebengewerbe uneingeschränkt arbeiten konnte“, sagte Marcus Otto. Deshalb sei für die Handwerksbetriebe im Baugewerbe die Wertschätzung während des Lockdowns gestiegen, was sich in steigenden Ausbildungszahlen in dieser Branche bemerkbar mache. Langfristig sei außerdem damit zu rechnen, dass die Löhne im Sanitär-, Tischler- oder Kfz-Mechatroniker-Handwerk steigen – und die Kosten für die Auftraggeber ebenso.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort