Gottesdienste in Wermelskirchen Ostern trifft auf das Leid des Krieges

Wermelskirchen · In den meisten Kirchen und Gemeindehäusern wird an Ostern wieder zu großen Festgottesdiensten eingeladen – fast überall mit Aufforderung zum Tragen eines Mundschutzes. Die Stimmung allerdings hat sich verändert.

 Zahlreiche Gottesdienste finden in den nächsten Tagen in der Stadtkirche wieder in Präsenz statt – unter anderem die Osternacht am Sonntag ab 5.30 Uhr. 
  Fotos (Archiv): Moll, Weitzdörfer, Demski

Zahlreiche Gottesdienste finden in den nächsten Tagen in der Stadtkirche wieder in Präsenz statt – unter anderem die Osternacht am Sonntag ab 5.30 Uhr. Fotos (Archiv): Moll, Weitzdörfer, Demski

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Wenn am frühen Sonntagmorgen die Osterkerze in die Stadtkirche getragen wird und Licht in die Dunkelheit bringen will, dann fällt die Osterfreude womöglich etwas stiller aus als in anderen Jahren. „Keiner von uns kann den Krieg ausblenden“, sagt Pfarrer Manfred Jetter. Und trotzdem: Ostern hat die froheste Botschaft der Christenheit zu bieten – auch in diesen Zeiten. „Vielleicht gerade in diesen Zeiten“, sagt Jetter, „unsere Aufgabe wird es sein, beides zusammenzubekommen: die Osterfreude und das Leid in der Welt.“

Dabei stand das Osterfest in diesem Jahr eigentlich unter einem guten Stern: Nach zwei Jahren Pandemie, Gottesdienstabsagen zum höchsten Fest der Christen und geschlossenen Kirchen sollte in diesem Frühling ein Stück Normalität zurückkehren. In den evangelischen Kirchengemeinden finden in diesem Jahr fast alle Angebote wieder statt, die auch vor der Pandemie zu Ostern gehörten – auch die besonderen Formate. In der Stadtkirche wird für 5.30 Uhr zur Osternacht eingeladen und anschließend zum gemeinsamen Frühstück ins Gemeindezentrum. Auch in Hünger findet um 10.15 Uhr wieder der Familiengottesdienst statt – mit anschließendem Osterfrühstück. Und bereits am Vorabend werden in Tente kleine Feuer entzündet – hier beginnt die besondere Osternacht schon am Karsamstag um 23 Uhr.

„Vorsichtige Schritte zurück in die Normalität“, sagt Jetter. Die 3G-Regelung ist abgeschafft, Besucher in den evangelischen Kirchen werden zum Tragen medizinischer Masken aufgefordert. „Und für diejenigen, die sich dabei wohlfühlen, laden wir auch wieder zum Abendmahl ein“, sagt Jetter. Das ist vor allem für die stillen Gottesdienste an Gründonnerstag und Karfreitag ein großes Thema. Statt auf den Gemeinschaftskelch setzt die Gemeinde auf Einzelkelche. „Wir probieren in diesen Übergangszeiten vorsichtig verschiedene Möglichkeiten“, sagt Manfred Jetter.

 Manfred Jetter predigt in der  Stadtkirche und Eipringhausen.

Manfred Jetter predigt in der Stadtkirche und Eipringhausen.

Foto: Theresa Demski

Auch in den katholischen Kirchen findet die Gemeinde pünktlich zu Ostern einen vorsichtigen Weg zurück Richtung Vor-Pandemie-Zeiten. „Es gibt keine Abstandspflicht mehr“, sagt Pfarrer Michael Knab – „und es sind auch keine Anmeldungen mehr nötig.“ Jeder ist in den Messen in Sankt Michael und St. Apollinaris willkommen. „Wir bitten die Besucher aber mit Blick auf Ältere und vulnerable Gruppen, eine Maske zu tragen“, sagt Knab.

Bleibt die Herausforderung, am Osterfest die richtigen Worte zu finden – während in Europa Krieg herrscht und womöglich auch in den Kirchenbänken Geflüchtete sitzen. „Wir feiern ja immer Ostern in einer bestimmten Zeit“, sagt Knab. „Natürlich beeinflusst auch der Krieg unsere Stimmung. Mitten in Europa machten die Menschen so eine Leiderfahrung.“ Im Grunde sei es die Stimmung des Karfreitags: Tod und Schweigen angesichts der Trauer. „Und das Wissen darum, dass die Menschen, diesen Konflikt nicht alleine lösen können“, sagt Knab, „es braucht Hilfe von oben.“ Und eben diese Botschaft habe Ostern auch zu bieten: „Gott hat das letzte Wort“, sagt der katholische Pfarrer, „nicht die Sünden der Menschen.“

 Pfarrer Michael Knab predigt in  St. Michael und St. Apollinaris.

Pfarrer Michael Knab predigt in St. Michael und St. Apollinaris.

Foto: Wolfgang Weitzdörfer

Und darauf baut auch der evangelische Pfarrer Manfred Jetter. Er habe in der vergangenen Woche in Berlin am Bahnhof die Frauen und Kinder aus der Ukraine ankommen sehen. Es sei ihm fast unmöglich, diese Bilder mit Ostern zu verbinden. Aber Leid, Ungerechtigkeit und grausamer Mord: Das seien keine theoretischen Themen des Gründonnerstags und Karfreitags mehr. „Das ist aktuell, das ist näher“, sagt Jetter. „Und doch hat Jesus es selbst am Kreuz schon so erlebt.“ Gewalt und Tod. So aktuell wie das Leid am Karfreitag sei auch die Hoffnung an Ostern.

„Wir glauben, dass am Ende Liebe und Menschlichkeit siegen“, sagt Manfred Jetter mit Blick auf die Auferstehung. Das sei kein Vertrösten, sondern strahle schon in unsere Zeit aus. „Und im besten Fall kann uns Ostern dann Mut machen“, sagt Jetter, „nicht zu verzweifeln, sondern sich einzusetzen. Für die Menschen, für den Frieden, für die Liebe.“

Termine In allen christlichen Gemeinden der Stadt finden ab Gründonnerstag Gottesdienste statt, die an Kreuzigung und Auferstehung erinnert – eine Übersicht aller Gottesdienste: Seite C3

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