Interview „Diese Verpflichtung sollte Neuss stolz machen“

Neuss · Der neue Sportliche Leiter der Tour de Neuss über das Fahrerfeld und seine Gefühle, wieder im Radsport aktiv zu sein.

 Markus Fothen (2. v.r.) und seine Mitstreiter vom Neusser Radfahrerverein: Stephan Hilgers, Barthel Winands (v.l.) und Rafael Holubek (r.).   Foto: SN

Markus Fothen (2. v.r.) und seine Mitstreiter vom Neusser Radfahrerverein: Stephan Hilgers, Barthel Winands (v.l.) und Rafael Holubek (r.). Foto: SN

Foto: Andreas Woitschützke

Markus Fothen war mal das, was Emanuel Buchmann heute ist: eine große deutsche Radsport-Hoffnung. 2006 durfte der damals 24-Jährige aus Büttgen-Vorst seine erste Tour de France unter die Reifen nehmen. Zwei Wochen fuhr er im weißen Trikot des besten Jungprofis (unter 25) durch Frankreich, das er schließlich knapp an den Italiener Damian Cunego verlor. In der Gesamtwertung belegte er Rang 14 – und nährte, ähnlich wie Buchmann jetzt, die Hoffnung, in Deutschland wachse wieder ein Typ für die großen Rundfahrten heran.

Doch schon ein Jahr später – Fothen beendete die Tour auf Rang 34 – machten sich die gesundheitlichen Probleme bemerkbar, die ihn bis ans Ende seiner Karriere begleiten sollten. Das letzte Rennen bestritt er 2013 bei der Tour de Neuss, die er 2006 gewann, bei der er drei Mal den Friedhelm-Hamacher-Preis für den kämpferischsten Fahrer überreicht bekam. Jetzt hat ihn die Vergangenheit wieder eingeholt – seit dem Frühjahr fungiert Markus Fothen als Sportlicher Leiter des Radrennens in der Neusser Innenstadt, als Nachfolger des vor einem Jahr 36 Stunden vor dem Startschuss auf tragische Weise ums Leben gekommenen Andreas Kappes. Im Gespräch mit der NGZ erzählt der 37-Jährige, was für ihn das Besondere an der Zusammenstellung des Fahrerfeldes für die 18. Auflage am kommenden Mittwoch (31.) war – und wie es ihm gelungen ist, Emanuel Buchmann zu verpflichten.

Herr Fothen, gleich in ihrem ersten Jahr als Sportlicher Leiter  den neuen deutschen Tour-Star Emanuel Buchmann zu verpflichten, da darf man wohl von einem gelungenen Einstand sprechen.

Markus Fothen Danke für das Kompliment, das ich aber gleich an den Neusser Radfahrerverein weiterleite. Bei dem kann ich mich nur bedanken, vor allem für das Vertrauen, mich mit dieser Aufgabe zu betrauen. Ich wusste, dass ich nach dem Tod von Andreas Kappes in große Fußstapfen treten würde, das war für mich Ansporn und Verpflichtung zugleich. Darauf, dass es mir am späten Mittwochabend gelungen ist, Emanuel Buchmann zu verpflichten, bin ich tatsächlich ein bisschen stolz. Aber eigentlich ist es so, dass diese Verpflichtung die ganze Stadt Neuss stolz machen sollte.

Wie haben Sie das geschafft?

Fothen Es war schon ein ziemliches Stück Arbeit, das muss ich sagen. Die Verhandlungen habe ich meist mit Enrico Poitschke, dem Sportlichen Leiter des Team bora-hansgrohe geführt, weil ich Emanuel während der grandiosen Tour de France, die er in diesem Jahr fährt, nicht stören wollte. Da ist mir sicher auch zugute gekommen, dass ich Enrico noch aus meiner aktiven Zeit kenne, dass wir zusammen Rennen gefahren sind. Und, das habe ich in fast allen Gesprächen erlebt, ob mit den Fahrern oder mit ihren Managern und Teamchefs, dass die Tour de Neuss einen hervorragenden Ruf in der Szene besitzt, dass sich alle in Neuss wohlfühlen und deshalb gerne wiederkommen. Das hat mir die Sache auf jeden Fall leichter gemacht.

Wodurch es Ihnen gelungen ist, gleich sechs Fahrer aus der Tour de France nach Neuss zu holen.

Fothen Die brauchen wir, um das Rennen populär zu machen, ganz klar. Aber mir geht es auch um die anderen, um die Fahrer der Continental-Teams, denn so haben wir alle mal angefangen, und um die Talente aus der Region, von denen wir erfreulicherweise wieder einige haben. Ich kenne das noch aus meiner Zeit als Amateurfahrer, da war ein Start bei der Tour de Neuss das Highlight der Saison – ein Rennen direkt vor der eigenen Haustür und dann mit Jens Voigt oder Erik Zabel in einem Feld zu fahren, das war das Größte. Genau darum veranstalten wir ja die Tour de Neuss, und genau darauf habe ich auch bei der Zusammenstellung des Fahrerfeldes Wert gelegt.

Wer ist denn Ihr Favorit auf den Sieg?

Fothen Das ist schwer zu sagen. Bei Emanuel Buchmann muss man abwarten, wie er die Tour de France verkraftet hat, das gilt für die anderen fünf Fahrer auch. Und in den Continental-Mannschaften fahren ja auch gute Leute mit. Ich denke, es wird ein offenes Rennen.

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