Handwerk im Rhein-Kreis Neuss Handwerkskammer legt ihren Geschäftsbericht vor

Rhein-Kreis · Neben einem Zahlen- und Faktenteil, der über wirtschaftliche Entwicklung, Organisation und Serviceangebot informiert, gibt es auch wieder Porträts von Mitgliedsbetrieben aus dem Kammerbezirk.

 Andreas Ehlert ist Präsident der Handwerkskammer.

Andreas Ehlert ist Präsident der Handwerkskammer.

Foto: dpa/Mona Wenisch

Die Handwerkskammer Düsseldorf, zu deren Bereich auch die Kreishandwerkerschaft Niederrhein zählt, hat ihren neuen Geschäftsbericht „Werkstatt 2021“ veröffentlicht.

Das Schwerpunktthema lautet diesmal „lebensnotwendig“. Auf dem Titel: Bäckermeister Hendrik Herter aus Grevenbroich. Er verkörpert laut Mitteilung der Handwerkskammer einen ganz bestimmten Typ Handwerker: offen und modern, ohne regionale Wurzeln und Tradition aufzugeben. Das Titelbild – der Bäcker wurde nicht im Betrieb, sondern auf freiem Feld fotografiert – wirft die Frage auf: Ist die „Werkstatt 2021“ noch die traditionelle Produktionsstätte? Ja und nein. „Ob auf der Baustelle oder in der Backstube: Wir müssen künftig sicher darüber hinausdenken, wenn der auch gesellschaftlich wichtige, hohe Stellenwert des Handwerklichen erhalten, wiederbelebt und weiterentwickelt werden soll“, so Kammer-Präsident Andreas Ehlert. Nicht zuletzt bei den drängenden Problemen und Zukunftsaufgaben, seien es Klimawandel, Energie und Mobilität, ökologisches Wirtschaften oder Chancengerechtigkeit in der Bildung, sei der Beitrag des Handwerks nicht hoch genug einzuschätzen.

Das Schwerpunktthema des Geschäftsberichts ist in diesem Jahr auch eine Reaktion auf die vielen Fragen, die durch die Corona-Krise aufgeworfen wurden. Aber nicht nur: „Auch grundsätzlich wollten wir uns dem Kern dessen, was Handwerk ausmacht, annähern“, erklärt Hauptgeschäftsführer Axel Fuhrmann. „Lebensnotwendig ist gewiss ein großes Wort, doch es passt durchaus auf das, was wir unter Handwerk verstehen. Denn es berührt wesentliche Bestandteile unseres Lebens: Gesundheit. Bildung. Kultur. Würde. Genuss. Nachhaltigkeit.“

Konkrete Beispiele zu finden, fiel der Handwerkskammer auch in der siebten Auflage ihrer „Werkstattberichte“ nicht schwer: So war in der Krise die Expertise des Gebäudereiniger-Handwerks plötzlich in nie gekanntem Maße gefragt – und wurde für viele überhaupt sichtbar. 

13.467 Beschäftigte und Auszubildende in Gesundheitshandwerken kümmerten sich im Kammerbezirk im Jahr 2020 darum, dass andere Menschen besser laufen, sehen oder hören können, darunter Augenoptiker und Orthopädieschuhmacher. Auch ehrenamtliches Engagement wird im Handwerk nach wie vor mit großer Selbstverständlichkeit gelebt (rund 4000 ehrenamtlich Tätige im Kammerbezirk).

Ohne Gerüstbauer gäbe es keinen Brücken- oder Häuserbau, weder Infrastruktur noch Instandhaltung, und ein uraltes Handwerk wie das der Zimmerer kann für jahrhundertelange Tradition stehen, aber auch durch nachhaltiges Bauen in die Zukunft weisen. Die Produkte der Lebensmittelhandwerke sind mehr als Nahrung, und Kultur eben keinesfalls nur „brotlose Kunst“ – anschaulich verdeutlicht am Beispiel des Orgelbauhandwerks. Der Orgelbau wurde 2017 in das Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes in Deutschland aufgenommen, insgesamt stehen über 20 handwerkliche Techniken und Traditionen allein auf der deutschen Liste.

Die Chance auf Bildung, einen Beruf zu erlernen und auszuüben, kann überlebenswichtig sein. Darauf weist die Handwerkskammer hin. Das gilt insbesondere für Geflüchtete: 1347 junge Menschen aus acht nicht-europäischen Asylzugangsländern lernten 2020 einen Handwerksberuf – davon allein 562 aus Syrien und 365 aus Afghanistan. Überraschende Erkenntnisse eröffnet zudem das Gespräch mit einem Bestatter, für den Leben und Tod untrennbar verbunden sind.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort