Meinung Perspektivlosigkeit ist Gift für die Wirtschaft

Zu Beginn der Corona-Krise häuften sich die Nachfragen zum Thema Kurzarbeit, ein Instrument, das für jedes Unternehmen eine sofortige Einsparung bei dem häufig größten Kostenblock ermöglicht. Das hat sich geändert.

Die Beratung in Sachen Arbeitsrecht ist eine Schwerpunktaufgabe, die der Unternehmensverband Ratingen für seine 140 Mitgliedsunternehmen wahrnimmt. Zu Beginn der Corona-Krise häuften sich die Nachfragen zum Thema Kurzarbeit, ein Instrument, das für jedes Unternehmen eine sofortige Einsparung bei dem häufig größten Kostenblock ermöglicht. Seit knapp zwei Wochen jedoch beschäftigen sich die Anfragen häufiger mit der Freisetzung von Mitarbeitern. Unternehmen, deren Geschäftsmodell langfristig beeinträchtigt wird, sehen in der Kurzarbeit keine Perspektive mehr. Solche Ratinger Firmen reihen sich damit in einen Trend ein, der sich bei den Großen wie der Lufthansa oder dem Flughafen Düsseldorf abzeichnet: Personalanpassung.

Perspektivlosigkeit ist Gift für die Wirtschaft, führt zu Desinvestitionen, zum Personalabbau und macht den Konsum kaputt.

Spätestens jetzt muss jedem klar werden, dass der Lockdown ein Spiel mit dem Feuer ist. Die Frage nach der Verhältnismäßigkeit unter dem Leitziel des Schutzes von Leben muss gestellt werden dürfen, wie Wolfgang Schäuble im Interview mit dem Tagesspiegel gesagt hat. Und es ist sicher ein Irrglaube zu meinen, dass alle Wunden des Lockdowns im wohlhabenden Deutschland mit Geld geheilt werden können, Geld, das zum größten Teil aus Krediten mit Rückzahlungsverpflichtung besteht. Hier zeigte EU-Wettbewerbskommissarin Margarethe Vestager zuletzt auch unserem Bundeswirtschaftsminister die Grenzen auf, der eine Ausweitung der Kreditzusagen mit hundertprozentiger Absicherung durch den Bund erreichen wollte.

Was wir jetzt brauchen sind Perspektiven und einen nachvollziehbaren Zukunftsfahrplan. Dazu gehört eine Wiederbelebung in vernünftigen, das Risiko abschätzenden Schritten, die uns Stück für Stück die Normalität mit den im Grundgesetz verankerten Grundrechten zurückgibt – aber bitte keine „Neue Normalität“, die nur ein Ausnahmezustand sein darf.

Dazu würde sicher auch die Öffnung der Restaurants, der Biergärten und der Sportvereine zählen, die einen wichtigen Beitrag für unsere Gesundheit leisten. Und vielleicht ist die Reaktivierung der Klassenzimmer sogar einer der wichtigsten Bausteine zur Wiederbelebung unserer Wirtschaft, wenn in den Familien einfach wieder der Alltag einkehrt, wenn Vater und Mutter wieder einer geregelten Arbeit nachgehen können, wenn nach dem Einkauf von Lebensmitteln und Toilettenpapier auch wieder Schuhe, Kleider und E-Bikes angeschafft werden.

 Olaf Tünkers, Chef des Unternehmensverbandes.

Olaf Tünkers, Chef des Unternehmensverbandes.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Um es klar zu sagen: der Wirtschaft liegt es fern, Orgien zu feiern. Die Wirtschaft auch hier in Ratingen möchte nur die im Grundgesetz verankerte Berufs- und Gewerbefreiheit zurückhaben und einfach wieder arbeiten.

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