Neuss Wie Rot-Grün von der Koalitionskrise profitieren will

Neuss · Seit Wochen streiten die Koalitionäre von CDU und FDP über Standorte für neue Windkraftanlagen und über die Höhe der Kita-Gebühren. Zerbricht Schwarz-Gelb an diesen beiden Knackpunkten am Freitag, wäre die historische Situation da: Zum ersten Mal seit mehr als 50 Jahren säße die Neusser CDU ohne gestalterische Mehrheit im Rathaus.

Experten halten es für unwahrscheinlich, dass nach einem Ende für Schwarz-Gelb sich für den Rest der Wahlperiode bis zur Kommunalwahl im Frühsommer 2014 noch eine neue Koalition bilden würde. Vermutlich würde Neuss dann von wechselnden Mehrheiten regiert. Eine Gemengelage, die Bürgermeister Herbert Napp gefallen könnte: Er wäre der Fixpunkt in einem Rat ohne Koalition und Opposition.

Doch diese Rolle macht ihm Reiner Breuer (SPD) streitig. Er sieht sich als bisheriger Oppositionsführer berufen, eine "koordinierende Funktion" einzunehmen, die "gestalterische Mehrheiten" organisiert — "jenseits der CDU". Die "inhaltliche Plattform" dazu bilde Rot-Grün: "Eine Sternstunde der Demokratie für Neuss kündigt sich an."

Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass die Spitzen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen bereits vor Karneval zusammengesessen haben, um ihre Reaktion abzustimmen, sollte Schwarz-Gelb fortan getrennte Wege gehen.

Keiner sagt es, aber alle meinen es: SPD und Bündnisgrüne sind bei Sachthemen nur im Paket zu haben. Der enge Schulterschluss ist auch dem aufziehenden (Lager-)Wahlkampf für den Bundestag und der Kommunalwahl im nächsten Jahr geschuldet. Der Neusser SPD-Chef Benno Jakubassa gesteht ein "wohliges Gefühl der Vorfreude" ein, denn "die Zeichen stehen in Neuss auf Machtwechsel". Dafür habe er Jahrzehnte hart gearbeitet. Auch die Grünen setzen auf die rote Karte. Für ihren Parteisprecher Roland Kehl ist "Rot-Grün der Kristallisationspunkt". Für Fraktionschef Michael Klinkicht ist die inhaltliche Schnittmenge mit der SPD größer: "Ich wüsste nicht, wie wir uns bei Themen wie Verbraucherzentrale oder Ausweisung von Gewerbe- und Baugebieten mit der CDU einigen sollten." Jörg Geerlings, Neusser CDU-Chef, bremst: "Alles Spekulation. Wir haben einen gültigen Vertrag mit der FDP."

(NGZ/ac)
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