Literatur in Neuss Gravemann reist in neuer Rolle zur Buchmesse

Neuss · Er war Stadtkämmerer in Neuss und Landesgeschäftsführer der MIT, bald verantwortet er die Finanzen des Deutschen Börsenvereins.

 Steigt in die erste Liga des deutschen Buchhandels auf: Der Neusser Klaus Gravemann wurde zum Schatzmeister des Börsenvereins gewählt.

Steigt in die erste Liga des deutschen Buchhandels auf: Der Neusser Klaus Gravemann wurde zum Schatzmeister des Börsenvereins gewählt.

Foto: Ludger Baten

Ein Neusser spielt in der ersten Liga des Kulturgutes Buch mit. Klaus Gravemann (62, Bücherhaus am Münster) bereitet sich darauf vor, in wenigen Tagen das Amt des Schatzmeisters beim Börsenverein des Deutschen Buchhandels zu übernehmen, in dem rund 4500 Mitglieder – Verlage, Zwischenhändler, Sortimenter – organisiert sind. Er wird dann nach eigenen Angaben einen Umsatz von mehr als 60 Millionen Euro verantworten. Er selbst spricht von einer „spannenden Aufgabe“, auf die er sich freue.

Oktoberzeit, Bücherzeit. Es mag sein, dass es der einsetzende Herbst mit seinen langen, dunklen Abenden ist, der viele Leser zum Buch greifen lässt. Es sind aber vor allem zwei Traditionstermine, die im Oktober das Buch in den Mittelpunkt rücken. Da verkündet zunächst die Schwedische Akademie, wer den Literatur-Nobelpreis erhält. Am Donnerstag war es wieder so weit: Der Österreicher Peter Handke steigt in den Kreis der Preisträger auf; ebenso die Polin Olga Tokarczuk, die nachträglich für 2018 ausgezeichnet wird. Überraschend: Die Akademie entschied sich für zwei Europäer.

Ist der Nobelpreisträger für Literatur benannt, richten Fachpublikum und Leser ihren Blick auf die Frankfurter Buchmesse, deren Veranstalter der Deutsche Börsenverein ist. Vom 16. bis 20. Oktober werden auf der größten Buchmesse der Welt wieder 280.000 Besucher erwartet, die sich 7300 Aussteller mit rund 400.000 Titeln gegenüber sehen. Auf diesem internationalen Parkett wird sich auch Klaus Gravemann bewegen – keineswegs in einer Nebenrolle. Seit er sich im Sommer auf dem Verbandstag in Berlin in einer Kampfabstimmung als Schatzmeister durchsetzte, ist er viel gefragt. In Frankfurt wird er als designierter Finanzchef dabei sein, denn offiziell beginnt seine dreijährige Amtszeit erst mit dem Ende der Buchmesse. Mit „Sachkenntnis und Erfahrung“ übernehme er die Aufgabe.

Als Spätberufener fand Klaus Gravemann zum Buch. 2004 übernahm seine Frau Dorothea das „Bücherhaus am Münster“ an der Krämerstraße, wo die Vorgänger Buchhandlung Ratka zuvor schon eine gute Adresse für Leser und Käufer geschaffen hatte. Seither hilft Gravemann seiner Frau, kümmert sich um Logistik, Marketing und Finanzen. Längst sind Bücher auch sein Ding: Neben seinem Bett liege „Die geheime Mission des Kardinals“, ein Roman von Radikal Schami. „Ein toter Kardinal in einem Fass Olivienöl in Damaskus. Aber trotzdem ein Roman und kein Krimi“, sagt er.

Seit nahezu einem Vierteljahrhundert lebt, wohnt und arbeitet das Ehepaar Gravemann inzwischen in Neuss. Einer breiten Öffentlichkeit wurde Klaus Gravemann bekannt, als er 1995 zum Beigeordneten und Kämmerer der Stadt Neuss gewählt wurde. 2003 war mit Ablauf der ersten Wahlperiode Schluss. Die CDU wählte ihren Mann nicht wieder. Gravemann wechselte 2004 zur Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung (MIT) der CDU, wurde Landesgeschäftsführer NRW. Dort zog er sich 2012 zurück und engagiert sich seither voll und ganz in der Buchbranche. Diese Konzentration will er fortführen. Gravemann kündigt an, dass er von den Ämtern im Evangelischen Kirchenkreis Gladbach-Neuss zurücktreten wird.

Um die Zukunft des Buches ist ihm nicht bange, auch wenn Gravemann den Wandel in der Branche und beim Leseverhalten ernst nimmt. Sechs Millionen Leser seien in den vergangenen Jahren weggebrochen, aber noch behaupteten die Sortimenter einen Anteil von 47 Prozent am Buchhandel. Er glaubt, dass „die Deutschen anders ticken“. Es sei aber wichtig, Projekte zur Leseförderung zu unterstützen, vor allem die nachwachsenden Generationen zu interessieren und zu binden: „Die Männer sind unser Problem.“

Weil er an das Buch glaubt, engagiert er sich im Bücherhaus am Münster in Neuss und im Börsenverein des Deutschen Börsenvereins in Frankfurt. Er ist überzeugt: „Ohne die Rolle der anderen Sparten zu übersehen: Das Gesicht des Buchhandels vor Ort sind die Buchhandlungen, und wir dürfen als Verband unser Gesicht nicht verlieren.“ Dafür sei er angetreten, dafür werde es hart arbeiten.

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