Volker Hansen und die DJK Giesenkirchen In guten wie in schlechten Zeiten

Fußball-Bezirksliga · Einen Aufstieg, seitdem aber nur noch Existenzkampf: Volker Hansen hat in Giesenkirchen Höhen und Tiefen erlebt. In der Bezirksliga geht es für den Verein erneut gegen den Abstieg. Das hat auch mit den Rahmenbedingungen zu tun. Hansen sieht Giesenkirchen trotzdem auf dem richtigen Weg.

Volker Hansen ist seit 2017 Trainer der DJK/VfL Giesenkirchen.

Volker Hansen ist seit 2017 Trainer der DJK/VfL Giesenkirchen.

Foto: Heiko van der Velden

Macht es eigentlich noch Spaß, Trainer in Giesenkirchen zu sein? Volker Hansen muss bei dieser Frage lachen. Er weiß, worauf sie abzielt. Denn wer auch immer den 39-Jährigen in den vergangenen Jahren auf seine Trainertätigkeit angesprochen hat, derjenige dürfte kaum etwas Positives zu hören bekommen haben. Zumindest in den sportlichen Belangen: Die coronabedingten Saisonabbrüche 2019/20 und 2020/21 sahen Giesenkirchen jeweils als Schlusslicht der Landesliga, als die Vorsaison dann zu Ende gespielt wurde, folgte endgültig der Abstieg. Und nun in der neuen Spielklasse, der Bezirksliga, befindet sich Giesenkirchen ebenfalls in der unteren Tabellenhälfte. In Zahlen zusammengefasst: Von 71 Ligaspielen seit Sommer 2019 gewann Hansen mit seiner Mannschaft lediglich elf. Es gibt Beschäftigungen, die mehr Vergnügen bringen.

„Wer A sagt, muss auch B sagen“, sagt Hansen dazu. Was er damit meint: Er hat sich der Aufgabe in Giesenkirchen verschrieben, egal ob in guten oder – wie zuletzt häufiger – in frustrierenden Zeiten. „Wenn es gut läuft, ist es immer einfach und alles ist super. Wenn es schlecht läuft, streichen viele die Segel“, sagt Hansen. In Giesenkirchen hat man es sich zuletzt aber auch nicht leicht gemacht. Hansen erzählt dazu eine Episode aus dem Sommer 2020: Damals saß er mit den Spielern nach dem ersten Landesligajahr mit nur drei Siegen aus 23 Spielen im Vereinsheim zusammen. „Wollen wir das noch einmal machen?“, fragte er die Mannschaft. Sein Team wollte – trotz geringer Aussichten auf ein deutlich besseres Abschneiden. „Die Landesliga war für den Verein ein Erfolg, insgesamt aber eine Nummer zu groß“, sagt Hansen, dem 2019 mit dem Team als Meister der Aufstieg gelang. Es fehlte an finanziellen Mitteln, um den Kader für dieses Niveau zu verstärken, und dadurch die individuelle Klasse, um sportlich zu bestehen. Kurz: Die Mannschaft war chancenlos, vom ersten Tag an. Hansen trug das aber mit. 

Die Gegenwart lautet nun wieder Bezirksliga. Der Wiederaufstieg war von vornherein kein Thema, Abstiegskampf sollte es allerdings auch nicht sein. Doch in diesem steckt Giesenkirchen nun erneut. 15 Punkte aus 15 Spielen, das reicht aktuell für den ersten Nichtabstiegsplatz. Immerhin gab es am Wochenende einen wichtigen 2:1-Auswärtserfolg bei TuRa Brüggen. Aus sieben Heimpartien holte Hansens Team hingegen nur einen Zähler. Dazu stellt Giesenkirchen mit 20 Toren die harmloseste Offensive der Liga. „Das ist nicht der Anspruch, den wir haben. Wir lassen vorne zu viel liegen, sind da nicht konsequent genug“, sagt Hansen. Die momentane Tabellensituation, das weiß auch der Trainer, ist irgendwann kein Pech mehr. „Da müssen wir uns hinterfragen, jeder einzelne Spieler, ob wir immer alles gegeben haben. Wenn ich mit dem Ball vor dem Tor bin, dann will ich, dass etwas passiert, dann lasse ich mich nicht mehr abdrängen und will unbedingt das Tor.“ Diese Bereitschaft hat Hansen zum Teil vermisst, das gilt ebenso für das Verteidigen. Er nennt als Beispiel die Partie vor vier Wochen gegen den VfB Uerdingen. Vor dem Spiel warnte er seine Spieler mehrfach vor den gefährlichen Einwürfen des Gegners – nach vier Minuten fiel die Uerdinger Führung nach genau so einem Einwurf. „Da gehe ich innerlich kaputt. Wieso spreche ich das an?“ Am Ende gewann Giesenkirchen die Partie immerhin mit 2:1. Einer von nur vier Saisonsiegen.

 Daheim am Sportplatz Giesenkirchen gab es in dieser Saison noch kein Erfolgserlebnis.

Daheim am Sportplatz Giesenkirchen gab es in dieser Saison noch kein Erfolgserlebnis.

Foto: Daniel Brickwedde

Diese Rückschläge lassen selbstredend Hansen nicht unberührt. „Wer mich kennt, der weiß, dass ich ein schlechter Verlierer bin. Der Ärger über Niederlagen am Wochenende hält bei mir meistens bis Dienstag an“, sagt Hansen, was zuletzt ziemlich viele schlecht gelaunte Montage impliziert. Den Glauben an seine Mannschaft hat er aber nicht verloren – insbesondere da der Kader nun mehr „Giesenkirchen-DNA“ beinhaltet. Er nennt dabei Schlagworte wie „homogene Truppe“ und „Kameradschaft“. Neun Spieler blieben aus der Vorjahresmannschaft, die Achse, wie Hansen sagt. Von den restlichen Spielern trennte sich der Verein bereitwillig. „Das Team der Vorsaison war nicht mehr zuverlässig, die Bereitschaft nicht mehr bei allen da, alles für den Verein zu geben“, sagt der Trainer. Das führte dazu, dass sich der Verein kurz vor Ende der Saison mangels verfügbarer Spieler vom Ligabetrieb der Landesliga zurückzog. Eine strategische Entscheidung: Bei Spielabsagen hätten Punktabzüge für die neue Saison gedroht. „Wir haben die Entscheidung im Verein zusammengetroffen. Es war trotzdem eine harte Nuss für mich, die ich verdauen musste“, sagt Hansen.

Daher sei man nun den Weg gegangen, Spieler in die erste Mannschaft zu holen, die den Verein kennen, die zuverlässig sind. Das beinhaltete vor allem Akteure aus der zweiten Mannschaft, die im Vorjahr B-Liga spielten. „Diesen Spielern muss man auch zugestehen, dass sie mal schlechte Spiele haben“, sagt Hansen. Ihm zur Seite bei der Kaderplanung stand der neue Sportliche Leiter im Verein, Gürsoy Kürekci. Zudem nimmt die Jugendarbeit inzwischen wieder eine vielversprechende Entwicklung an, insbesonderevon der jungen B- und der C-Jugend hält Hansen große Stücke. Im Niederrheinpokal der Vorsaison warf Giesenkirchens C-Junioren unter anderem Rot-Weiss Essen aus dem Wettbewerb. Davon kann in einigen Jahren auch die erste Herrenmannschaft profitieren.

Aktuell benötigt sein Team allerdings noch externe Verstärkungen, vor allem für die Breite. Im Winter soll es Neuzugänge geben. 19 Spieler befinden sich derzeit im Kader; davon drei Torhüter. Das lässt kaum Puffer für Ausfälle – ein Problem, dass den Verein auch im Vorjahr belastete. Warum die Kaderbreite zur neuen Saison kaum besser ausfällt? „Das ist relativ simpel“, sagt Hansen, „es liegt am finanziellen Rahmen: Wir machen hier keine Harakiri-Sachen. Hier zahlt keiner drauf, hier geht aber auch keiner mit Schubkarren voll Geld raus.“ Diese Position habe den Verein in den Gesprächen nicht unbedingt geholfen. Für ein paar Euro mehr hätten einige Spieler nicht selten dann doch woanders zugesagt.

In den drei Spielen bis zur Winterpause setzte sich Hansen vier bis sechs Punkte als Ziel – der Auftakt dazu brachte den Sieg in Brüggen „Wir können die Situation richtig einordnen und kennen die Gründe. Wir müssen nur die Spiele endlich für uns entscheiden, vor allem die direkten Duelle“, sagt er.

Was ihm Hoffnung macht: In keinem Spiel sei seine Mannschaft bislang chancenlos gewesen. Bei vier der acht Niederlagen verlor sein Team nur mit einem Tor Unterschied und steht mit 31 Gegentore deutlich besser da als die Konkurrenz. „Wir müssen nun die Ruhe bewahren, dann kommen wir unten auch raus.“ Unabhängig davon: Spaß macht ihm die Trainerarbeit in Giesenkirchen nach wie vor.

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