Kommunalwahl 2020 OB-Wahl: Boris Wolkowski tritt für Grüne an

Mönchengladbach · Er ist Rechtsanwalt, Ratsherr und Vize-Chef der Fraktion. 2020 will Boris Wolkowski Chef des Rathauses werden. Das ist nach der Europawahl, bei der die Grünen zweitstärkste Kraft in Mönchengladbach wurden, nicht aussichtslos.

 Der Rechtsanwalt Boris Wolkowski (44) will am 13. September 2020 bei der Wahl des Oberbürgermeisters antreten.

Der Rechtsanwalt Boris Wolkowski (44) will am 13. September 2020 bei der Wahl des Oberbürgermeisters antreten.

Foto: Bauch, Jana (jaba)

Die erste „Gefällt mir“-Bekundung bei Facebook kommt vom CDU-Ratsherrn Frank Eibenberger. Boris Wolkowski irritiert das nicht, im Gegenteil: „Der Frank? Das freut mich. Ich würde aber nicht darauf wetten, dass er mir seine Stimme gibt.“ Dabei möchte er schon den einen oder anderen CDU-Wähler überzeugen. Ein paar Minuten zuvor hat der Grünen-Politiker verkündet, was viele in der Stadt bereits seit einiger Zeit erwartet hatten: „Ja, ich will Oberbürgermeister werden.“ Zwar muss der 44-Jährige noch auf dem Parteitag am 30. November nominiert werden. „Bei uns sind aber keine weiteren Interessensbekundungen eingegangen“, sagt Parteichefin Anita Parker.

Hätte man Wolkowski vor einem Jahr gefragt, ob er 2020 bei der OB-Wahl antritt, „ich hätte nein gesagt“, bekennt er offen. Doch dann kam die Europawahl, die den Grünen nach den Protesten im Hambacher Forst und flankiert von den jugendlichen „Fridays for Future“-Demonstranten deutschlandweit Werte bescherte, von denen sie selbst nicht zu träumen gewagt hatten. In Mönchengladbach holten sie 22,7 Prozent, wurden zweitstärkste Kraft vor der SPD und kamen auf Tuchfühlung zur CDU. Damit rückte auch eine Chance bei der OB-Wahl in den Bereich des Möglichen. „Viele Menschen sind auf mich zugekommen, haben mich bestärkt, zu kandidieren“, sagt Wolkowski.

Was er als Oberbürgermeister machen würde? Nicht alles, aber manches anders. Der repräsentative Part mit den vielen Terminen sei wichtig, „den nehme ich gerne wahr“. Seinen Fokus würde der zweifache Familienvater aber stärker auf die Führung der Verwaltung legen und auf Themen, bei denen er überzeugt ist, dass sie richtig sind für die Stadt. Die wären dann Chefsache.

Wohn- und Sozialpolitik zum Beispiel. Seiner Überzeugung nach gibt es zwar noch günstige Wohnungen in Mönchengladbach, „der Standard ist aber unterirdisch“. Auch bei der Energieversorgung. Was auch deshalb absurd sei, weil die Stadt diese Kosten oft tragen müsse. Wolkowski plädiert deshalb für eine verbindliche Quote für sozial geförderten und bezahlbaren Wohnraum bei Neubauprojekten. Bei 50 Prozent könnte sie durchaus liegen.  

Beim Verkehr stehen Förderung der Fußgänger, des Radverkehrs und des ÖPNV oben auf seiner Agenda. Die Bismarckstraße müsse verkehrsberuhigt werden, auch komplett frei von Autoverkehr kann er sie sich vorstellen. Die Zahl der Fahrradstraßen will müsse steigen, sie müssten auch besser angebunden als die bislang einzige ihrer Art, die Blaue Route. „Die endet in Gladbach im Nirgendwo.“  Die Digitalisierung will Wolkowski in der Verwaltung nutzen, um dem Bürger besser deren Handeln zu erklären, beispielsweise, warum etwas nicht geht oder länger dauert.  Ausgegliederte Bereiche will er wieder stärker an die Stadt binden und auf Transparenz achten. „Das Verstecken hinter einer angeblichen Verschwiegenheitspflicht“ bei Aktiengesellschaften ist für ihn ein Ärgernis. Und natürlich möchte er sich für eine klimaneutrale Stadt starkmachen. Die Ausrufung des Klimanotstands ist für ihn ebenso selbstverständlich wie das Hissen der Regenbogenfahne zum CSD am Rathaus.

Dennoch ist er ganz Realo, denn ein OB braucht eine Mehrheit im Rat. Die könne durchaus wechseln, betont Wolkowski und setzt auf Gelassenheit im Umgang: „Ich kämpfe für etwas, aber wenn es eine Mehrheit nicht trägt, verkämpfe ich mich nicht.“ Auch stehe er für eine andere Umgangsweise mit der Opposition als jene, die aktuell im Stadtrat üblich sei. „Warum nicht mal zustimmen, wenn ein guter Vorschlag von der anderen Seite kommt?“

Jenseits der politiknahen Kreise ist Wolkowski noch nicht so bekannt wie der nominierte  OB-Kandidat der SPD, Felix Heinrichs. Oder der Landtagsabgeordnete Frank Boss, der sich auf dem CDU-Parteitag am 16. November in einer Kampfkandidatur mit der Bürgermeisterin Petra Heinen-Dauber dem Votum der Parteibasis stellen wird. Doch Wolkowski ist beliebt, sogar über Parteigrenzen hinweg.  Seit langem wird Wolkowski als Kronprinz gehandelt, der Karl Sasserath an der Spitze der Fraktion folgen soll. Der werde ihn im OB-Wahlkampf unterstützen, versichert Parteichefin Parker. Sollte es nicht zum Rathaus-Chef reichen, führt Wolkowski die Fraktion, Doppelspitze mit einer neuen Fraktionskollegin nicht ausgeschlossen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort