Probenbesuch im Theater Mönchengladbach Wie ein Schwindler den Kaiser austrickst

Mönchengladbach · Beim Probenbesuch kurz vor der Premiere wird noch an der letzten Szene gefeilt. Am Ende ist sicher: „Des Kaisers neue Kleider“ wird super.

 Der Kaiser (Markus Rührer) kommt in seinem Thron herab geschwebt. Er wähnt sich in majestätischer Kleidung.

Der Kaiser (Markus Rührer) kommt in seinem Thron herab geschwebt. Er wähnt sich in majestätischer Kleidung.

Foto: Matthias Stutte

Die Kinder werden sich köstlich amüsieren. Nicht eine Sekunde lang werden sie spüren, wie unfassbar viel Arbeit in dem wunderbaren Bühnenstück „Des Kaisers neue Kleider“ nach Hans Christian Andersen steckt, wie viel Mühe es gekostet hat, dass das Märchen am Ende so leicht und fröhlich daherkommt.

Ein Probenbesuch macht aber genau das deutlich. Und die Bewunderung für die Leistung der Schauspieler und der ganzen Truppe um Regisseur Bruno Winzen wächst von Minute zu Minute. Die Bühne hat Harald Stieger links und nach hinten mit Architekturelementen besetzt, rechts wird sie abgeschlossen von hohen grünen Hecken. Das ist durchdacht, denn zwischen den einzelnen Abschnitten können die Schauspieler, die auch sängerisch unterwegs sind, herrlich verschwinden – um an passender Stelle wieder aufzutauchen.

Die Geschichte ist bekannt: Voller Witz und Lebenslust kommt der junge, mittellose Jacó in ein ihm unbekanntes Land. Dort macht er die Bekanntschaft mit der Näherin Maja. Die Bürger leiden Not, während Kaiser Friedhelm der Fesche sagenhafte Reichtümer für seine Garderobe ausgibt. Kurzerhand fasst Jacó einen Plan: Er behauptet kühn, der weltbeste Weber zu sein. So gelingt es ihm, zum eitlen Kaiser vorgelassen zu werden und ihm ein verlockendes Angebot zu unterbreiten: Für das große Geburtstagsfest des Kaisers verspricht Jacó, ihm einzigartige und prächtige Kleider zu schneidern. Das Tollste an ihnen sei, dass sie für jeden, der unverzeihlich dumm oder seines Amtes nicht würdig ist, unsichtbar blieben.

Obwohl die kluge Hofschneiderin Adele bald Verdacht schöpft, macht es sich Jacó im Schloss bequem und gibt vor, gemeinsam mit Maja die Stoffe für die kaiserliche Kleidung zu weben. Als der Tag der Wahrheit anbricht, warten die Bürger gespannt auf den Anblick der sagenhaften neuen Kleider. Endlich tritt der Herrscher vor seine Untertanen. In deren Gesichtern macht sich schnell ungläubiges Staunen breit. Und dann fangen sie hemmungslos an zu lachen.

Diese Szene wird immer und immer wieder geprobt. Bruno Winzen dirigiert die Schauspieler näher zum Bühnenrand, stimmt ihre Positionen zueinander ab. Die Techniker arbeiten noch an dem vom Himmel schwebenden Thron für Kaiser Friedhelm. Der Spot auf Julia Klomfaß, die als Musikerin agiert, muss justiert werden. Der Regisseur nimmt es sehr genau. Immer wieder unterbricht er das Spiel. Und tatsächlich – die Szene wird immer besser.

Aber da ist noch Luft nach oben. Die Akteure verschwinden wieder hinter den Bühnenelementen. Der Kaiser schwebt herab, präsentiert sich gockelhaft. Die Bürger klatschen (in Zeitlupe, so wie der Regisseur es ihnen gezeigt hat). Dann sehen sie, dass ihr Herrscher nackt ist, und das Gelächter brandet auf. Jacó appelliert an die Güte des Königs. Der erlässt tatsächliche eine Amnestie und verspricht, sein Volk nie wieder hungern zu lassen. Alle sind glücklich, wie sich das im Märchen gehört. Und Bruno Winzen ist zufrieden.

Die Schauspieler versammeln sich am Bühnenrand. Julia Klomfaß begleitet die hohen und tiefen Stimmen auf der elektrischen Gitarre. Und sie stimmen an: „Alles für alle!“ Alles wird gut.

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