Initiative in Krefeld Spendeneinbruch bei ,Essen auf Rädern’

Krefeld · Es wird immer schwieriger für die Initiative, Spenden zu sammeln; zurzeit konzentriert sich die Spendenwilligkeit auf Hilfe für den Zoo. Die Organisatoren beklagen, dass die Erlaubnis zum Sammeln nicht mehr selbstverständlich ist.

 Sammeln für „Essen auf Rädern“ (v.l.): Ulrike Gracin, Elli Eggert und Gabriele Leigraf; nicht im Bild sind die Sammler Liljana Kahlert, Marlies Gorissen, Uschi Sell, Vanessa Gracine und Carola Ponzelar sowie Siggi Leigraf.

Sammeln für „Essen auf Rädern“ (v.l.): Ulrike Gracin, Elli Eggert und Gabriele Leigraf; nicht im Bild sind die Sammler Liljana Kahlert, Marlies Gorissen, Uschi Sell, Vanessa Gracine und Carola Ponzelar sowie Siggi Leigraf.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Die Initiative „Essen auf Rädern“ verzeichnet einen dramatischen Spendeneinbruch. Gesammelt wird für dieses Projekt traditionell im Karneval. „Durch die Absage verschiedener Karnevalsvereine, bei denen wir nicht sammeln durften und in den nächsten Tagen nicht sammeln dürfen, können wir von einem geringeren Sammelergebnis von 6.000 Euro ausgehen“, sagte Gabriele Leigraf, die die Sammelaktion organisiert, auf Anfrage unserer Redaktion. „Es ist in diesem Jahr schwierig, Spenden für ,Essen auf Rädern’ zu sammeln, weil viele Spenden an den Zoo gehen“, sagte sie weiter. Für sie ist es unglücklich, dass die Zoofreunde auch den Karneval zum Spendensammeln nutzen. „Wir bitten nur über Karneval um Spenden für unser Projekt, für den Zoo könnte man auch zu einer anderen Zeit sammeln.“

Leigraf und ihr Ehemann Siegfried organisieren über die Bürgergesellschaft Stadtmitte die Sammlungen für „Essen auf Rädern“. Die Bürgergesellschaft Stadtmitte Sozialhilfe e.V. ist seit 1972 bei möglichst allen Veranstaltungen im Krefelder Karneval aktiv. Offenbar sind die Spendenaktionen im Sitzungskarneval nicht mehr selbstverständlich geduldet. „Seit fast 50 Jahren sammelt die Bürgergesellschaft für diese Aktion bei den Karnevalsveranstaltungen in Krefeld. Mit der Begründung, wir würden die Veranstaltung stören, wird es uns von Jahr zu Jahr schwerer gemacht, für diese immer noch wichtige Aktion zu sammeln. Der Brand im Affenhaus, der uns natürlich auch sehr leid tut, wird von einigen Vereinen genutzt, unsere Sammlung für lebende Menschen zu verhindern. Umso mehr bedanken wir uns bei den Vereinen, die es uns erlauben, weiter zu sammeln“, erklärte Siggi Leigraf. Gestört hätten etwa die klappernden Geldstücke in den Sammelbüchsen, berichtet Gabriele Leigraf; dies habe man aber längst abgestellt, indem die Büchsen mit Filz ausgeschlagen worden seien.

Das Projekt „Essen auf Rädern“ sei für viele Menschen sehr wichtig, resümiert Gabriele Leigraf. Vor allem ältere Menschen seien darauf angewiesen, da sie sich aus finanziellen oder körperlichen Gründen nicht selber versorgen könnten. „Die meisten Menschen sind in der Lage dazu, ihr Essen zu finanzieren, aber es gibt Bedürftige, die nicht die Mittel dazu haben.“

Das Essen wird über die Caritas und den Verein für Haus und Krankenpflege ausgeliefert, Bedürftige erhalten das Essen über die Spenden kostenlos oder im Preis reduziert. Die Organisationen entscheiden nach bestimmten Kriterien, wer von den Spenden profitiert. Frauen seien, besonders wenn sie verwitwet sind, im Schnitt eher auf die Unterstützung durch „Essen auf Rädern“ angewiesen als Männer. „Bei der Essenslieferung ist nicht nur die Versorgung mit Essen das Entscheidende, sondern auch der soziale Kontakt zueinander“, betont Gabriele Leigraf weiter. Gerade für alleinstehende Menschen sei die Ansprache durch die Lieferanten der Mahlzeiten bedeutsam, da sie sich häufig alleine und einsam fühlten.

Auch Gabriele Leigraf bekommt die Sorgen der Menschen wegen der fehlenden Spendengelder zu spüren. „Eine ältere Dame sagte mir, sie sei tief berührt und habe Angst, weniger zu Essen zu bekommen“, sagt sie. Im vergangenen Jahr wurden 17.000 Euro an Spendengeldern gesammelt. Die Caritas und die Bürgergesellschaft Stadtmitte fragen sich nun, wie auch in diesem Jahr so viel Geld wie zuvor eingesammelt werden soll.

Die Idee zu dem Projekt „Essen auf Rädern“ entstand in den 1940er Jahren in England. Die Erfinder wollten möglichst schnell möglichst viele Bedürftige mit warmem Essen versorgen. 1943 wurde das Projekt erstmals  von Frauen der britischen Wohlfahrtsorganisation umgesetzt, indem sie Essen an alte und pflegebedürftige Menschen auslieferten. 1960 kam  „Essen auf Rädern“ nach Deutschland. Ein Jahr später versorgten erstmals 30 Berliner Freiwillige Rentner mit Mahlzeiten für 20 Pfennig.

1958 kam die Idee nach Krefeld, als der „Verein für Haus- und Krankenpflege e.V. Krefeld“ gegründet wurde.  Erste  Vorsitzende  war Magdalene Schwietzke. Sie entwickelte nach britischem Vorbild einen Plan für die tägliche Versorgung von alten und kranken Menschen in Krefeld.  1971 kam man auf die Idee, eine Lieferart namens „Rollender Mittagstisch“ zu begründen; die Mahlzeiten wurden nun auch eingefroren geliefert und brauchten dann nur noch aufgewärmt zu werden.

Heute wird Essen auf Rädern in Deutschland in vielen Städten angeboten.

Jens Voss kommentiert hier „Bittere Rivalität um Spenden.“

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