Zerlegezentrum für alte Elektrogeräte in Grevenbroich Wie Krefelds Handys recycelt werden

Krefeld · Ausrangierte Mobiltelefone sind wertvolle Rohstoffquellen. Bei der Firma Noex in Grevenbroich werden die alten Smartphones und Laptops aus Krefeld zerlegt. Aus den Handys entstehen etwa Kugelschreiber und Schmuck.

 Richard Christ (l.) und  Peter Hochhausen im Zerlegezentrum von Noex. In Platinen von PC, Laptop und Smartphone, die hier zerlegt werden, stecken unter anderem wertvolle Edelmetalle.

Richard Christ (l.) und  Peter Hochhausen im Zerlegezentrum von Noex. In Platinen von PC, Laptop und Smartphone, die hier zerlegt werden, stecken unter anderem wertvolle Edelmetalle.

Foto: Dieter Staniek

Zum Fest lag unter vielen Weihnachtsbäumen wieder ein Smartphone neuester Generation. Der Vorgänger hat ausgedient, doch wohin mit dem oft erst wenige Jahre alten Gerät? Im Industriegebiet Grevenbroich Ost wird ausrangierten Handys neues Leben eingehaucht. Die Noex AG, eine Tochter der Entsorgungsgesellschaft Niederrhein (EGN), hat sich auf das Zerlegen und Recyceln von Elektro- und Elektronik-Altgeräten zur Rohstoffgewinnung spezialisiert – vom Kühlschrank und Fernseher bis eben zum Smartphone und Laptop. Dort werden auch Krefelds ausrangierte Handys zerlegt. Nach der Wiederaufbereitung tauchen letztere etwa als Schmuck, Kupferplatten, als Kunststoffabdeckung für Durchlauferhitzer oder auch als Kugelschreiber wieder auf. Gut möglich also, dass einem irgendwann ein Teil seines alten Smartphones in neuer Form wieder begegnet.

Der Weg dorthin beginnt im Zerlegezentrum in Grevenbroich. Was vom Besitzer früher mit Hülle oder Tasche sorgsam vor Beschädigung geschützt wurde, lagert nun zu Hunderten übereinander in Stahlkisten, zum Teil ramponiert, mit beschädigtem Display – traurige Reste der Kommunikationsgesellschaft. „Im Jahr zerlegen wir hier rund fünf Tonnen alte Handys und etwa 40 Tonnen Laptops“, erzählt Peter Hochhausen. Der 51-Jährige ist Vermarktungsleiter bei Noex. Rund 120 Gramm bringt ein Smartphone auf die Waage. 40.000 Stück werden jährlich in Grevenbroich zerlegt, zudem 16.000 Laptops – und zwar in Handarbeit.

 Cavan Nelleßen mit einer Kiste alter Handys, die zerlegt werden.

Cavan Nelleßen mit einer Kiste alter Handys, die zerlegt werden.

Foto: Carsten Sommerfeld

Egal ob aus chinesischer, koreanischer oder indischer Produktion, aus Europa oder den USA – Richard Christ knackt jedes Handy. Der 40-Jährige gehört zu den Noex-Mitarbeitern, die  Smartphones zerlegen. „Bei den älteren Geräten lassen sich meistens die hinteren Abdeckplatten abnehmen, um den Akku herauszunehmen“, schildert er. Viele neuere Handys muss er dagegen mit dem Schraubenzieher aufhebeln. Der Akku gelangt in die Wiederverwertung, die Kunststoffteile werden separiert und in anderen Firmen in sogenanntes Regranulat verwandelt, um daraus neue Kunststoffteile herzustellen.

 Handarbeit – die Abdeckung wird entfernt, dann der Akku.

Handarbeit – die Abdeckung wird entfernt, dann der Akku.

Foto: Carsten Sommerfeld

Der Rest des Handys samt Platine geht dann auf Reise zu einer Metallhütte, um eingeschmolzen zu werden. Durch die verschiedene Dichte der Materialien werden sie im Recycling-Prozess getrennt und lagern sich ab – „wie bei einem Latte Macchiato“, sagt Noex-Vertriebsmitarbeiter Cavan Nelleßen (29).

 Handy-Vielfalt – von der Kommunikationsgesellschaft ausgesondert.

Handy-Vielfalt – von der Kommunikationsgesellschaft ausgesondert.

Foto: Carsten Sommerfeld

Rund acht Gramm Kupfer, 0,15 Gramm Edelmetalle wie Gold, Silber und Palladium sowie 0,08 Gramm seltene Metalle wie Kobalt und Tantal und seltene Erden wie Neodym werden je Handy für die Wiederverwendung gewonnen. Bei Laptops fällt unter anderem knapp die vierfache Menge an Edelmetallen an. „Gold und Silber werden beispielsweise zu Perlen verarbeitet, die dann für die Herstellung von neuem Schmuck verwendet werden“, sagt Hochhausen.

Aber auch für MP3-Playern und andere Elektronik-Geräte werden die Edelmetalle genutzt. Insgesamt würden, so Hochhausen, rund 80 Prozent von Smartphone und Handy stofflich wiederverwertet. Eine Voraussetzung: Das Mobiltelefon findet überhaupt den Weg in den Wertstoffkreislauf. Sinnvoll ist natürlich, sein gebrauchtes Gerät an andere Nutzer abzugeben oder zu verkaufen. Doch viele Handys verschwinden irgendwo in den Schränken, in manchem Haushalt hat sich ein kleines Kommunikationsmuseum angesammelt. Der Digitalverband Bitkom schätzte bereits 2015 die Zahl der „Schubladen-Handys“ in Deutschland auf 100 Millionen.

Jedes Gerät enthält zwar nur wenig Edelmetall, doch die Summe macht es eben: In 100 Millionen Handys stecken rund 825 Tonnen Kupfer, 381 Tonnen Kobalt, 2,5 Tonnen Gold, 17 Tonnen Silber und manches mehr. Bis zum Jahr 2018 ist der bundesdeutsche Berg ausrangierter Handys sogar auf rund 124 Millionen Exemplare gewachsen. „Wer funktionstüchtige Handys weitergibt, leistet einen Beitrag zum Umweltschutz. Aber auch defekte Geräte sollten unbedingt recycelt werden und gehören nicht in den Hausmüll“, erklärt Bitkom-Umweltexperte Kai Kallweit.

Keinesfalls gehörten Mobiltelefone in die graue Restmülltonne oder in die gelbe Tonne, betont Cavan Nelleßen. „Was an wertvollen Rohstoffen aus den Alt-Geräten nicht wiederverwendet wird, muss für neue Geräte umweltbelastend abgebaut werden“, erläutert der Noex-Mitarbeiter.

Smartphones können auf dem Wertstoffhof der GSAK am Bruchfeld 33 (Einfahrt über Idastraße) in Linn abgegeben werden.

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