Interview Diego Martin-Etxebarria Ich kann ohne Oper nicht leben

Krefeld · Seit dreieinhalb Jahren sorgt Diego Martin-Etxebarria als Kapellmeister der Niederrheinischen Sinfoniker für spannende Opernaufführungen in Krefeld und Mönchengladbach.

  Foto: Martí E. Berenguer

Foto: Martí E. Berenguer

Foto: Martí E. Berenguer

Der 1979 im spanischen Baskenland geborene Dirigent hat neben Operetten auch Sinfoniekonzerte geleitet. Das Publikum wird Martin am 4. und 7. Februar am Pult des Seidenweberhauses erleben.

Seit Ihrer Ankunft am Niederrhein 2016 dirigieren Sie zum dritten Mal hier ein Sinfoniekonzert. Mit den vier Abenden in Krefeld und Mönchengladbach verabschieden Sie sich hier. Im April werden Sie als 1. Kapellmeister am Theater Chemnitz anfangen. Liegt Ihnen die Arbeit im Orchestergraben mehr als die Sinfonik?

Martin-Etxebarria Als Dirigent mag ich beide Aufgabenbereiche, ich genieße es immer, Musik zu gestalten. Als Kapellmeister brenne ich allerdings besonders fürs Musiktheater. Ich bin ein Opernmensch, ohne Oper kann ich nicht leben. (Lacht)

Das Programm des vierten Sinfoniekonzerts ist ambitioniert – weil es Mut zur Rarität zeigt. Der Titel über der ersten Konzerthälfte könnte „Rhythm of the Americas“ heißen, nicht nur, weil Bob Mintzer seine Komposition für Saxofonquartett und Orchester so genannt hat. Schon die Dança frenética des Brasilianers Villa-Lobos spielt mit amerikanischen, in diesem Fall brasilianischen Tanzformen.

Martin-Etxebarria Es ist ein rhythmusversessenes Stück für großes Orchester, das Blech ist vierfach besetzt, die Melodien treten gegenüber den rhythmischen Finessen in den Hintergrund. Rhythmische Basis ist der Sechs-Achtel-Takt, wobei metrische Verschiebungen szenetypisch für Lateinamerika sind. Manches weckt Assoziationen an Leonard Bernstein und Aaron Copland.

Vor allem gespannt sein werden die Besucher auf das renommierte Saxofon-Quartett „Clair-Obscur“, das eine Komposition des amerikanischen Jazz-Saxofonisten Bob Mintzer spielen wird. Haben Sie sein Stück „Rhythm of the Americas“ selbst ausgewählt?

Martin-Etxebarria Nein, das Programm hat Generalmusikdirektor Mihkel Kütson zusammengestellt. Clair-Obscur gehört in die Traditionsreihe an unserem Theater, Solisten im Repertoire zu präsentieren. In dem viersätzigen Werk erklingt rhythmisch akzentuierte Musik der amerikanischen Geschichte. Das umfasst Tanzsuiten aus englischer und französischer Tradition, Jazz- und Karibik-Elemente und endet im Zusammenfluss von nordamerikanischem Square Dance und brasilianischer Samba.

Erzählen Sie uns noch mehr von dem 2002 in New York uraufgeführten Werk.

Martin-Etxebarria Die Aufführung dauert knapp 30 Minuten. Der erste Satz bringt heroische Stimmung auf, aber auch Eleganz ins Spiel. Der zweite Satz mischt afrikanische und karibische Stile, die früh ihren Weg nach New York und in andere Großstädte der USA fanden. Hier werden die Schlagzeuger unseres Orchesters viel Spaß haben. Satz drei präsentiert Soulelemente, und im vierten, rasant verlaufenden Satz führen die Percussiongruppe und die vier Saxofonisten einen lebhaften Dialog.

Eine Rarität ist auch die abschließende Sinfonie C-Dur des französischen Komponisten Paul Dukas. Wie kommt es, dass sie ein so seltener Gast in Konzerten ist?

Martin-Etxebarria Paul Dukas gehört in die Epoche des französischen Impressionismus, in einer Reihe mit Debussy und Ravel. Aber gerade diese Sinfonie weicht davon ab, Dukas verwendet hier eine eher traditionelle Tonsprache, die weniger spektakulär als die von Debussy ist. Aber das Werk ist prachtvoll orchestriert: ein Klangbad für die Ohren.

Als Konzertdirigent verabschieden Sie sich mit diesem Sinfoniekonzert, als Opernkapellmeister kann man Sie aber noch etliche Male erleben. Welche Produktionen stehen noch in Ihrer Verantwortung?

Martin-Etxebarria Ich leite die Vorstellungen der „Zauberflöte“, „Orpheus in der Unterwelt“ und, ab März, auch „Rusalka“ von Dvorák. Diese Märchenoper werde ich übrigens auch nach meinem Wechsel nach Chemnitz als Gast weiterhin hier dirigieren.

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