Krefeld 40 Jahre Drogenhilfe der Caritas

Krefeld · Mit einer Veranstaltung in der Friedenskirche feierte die Drogenberatung ihr Jubiläum. Die Beratungsarbeit hat sich über die Zeit stark verändert. Aufbauende Gespräche und Selbsthilfegruppen stehen heute im Mittelpunkt.

 Bei der 40-Jahr-Feier (von links): Annette Kalscheur (Moderatorin der Veranstaltung), Dr. Jack Kreutz (Referent), Ute Kaber (Leiterin der Beratungsstelle) und Bernhard Hellstern vom Scharlatan-Theater.

Bei der 40-Jahr-Feier (von links): Annette Kalscheur (Moderatorin der Veranstaltung), Dr. Jack Kreutz (Referent), Ute Kaber (Leiterin der Beratungsstelle) und Bernhard Hellstern vom Scharlatan-Theater.

Foto: Sven Schalljo

Die Caritas ist bemüht, Menschen in Not zu helfen. Das gilt auch für Drogensüchtige. Seit 40 Jahren gibt es die Krefelder Drogenberatungsstelle auf der Südstraße. In dieser Zeit habe sich viel in der Arbeit verändert, sagt die Leiterin des Sachbereichs, Ute Kaber. „Als ich in den 80-ern angefangen habe, war die gängige Lehrmeinung, Süchtige hart anzupacken. Die Art des Umgangs war streckenweise richtiggehend erniedrigend. Sie wurden heftig kritisiert, Druck wurde aufgebaut und sie bekamen Arbeiten, wie eine Treppe mit der Zahnbürste zu putzen. Das sollte die Motivation aufbauen, mit den Drogen aufzuhören“, erzählt sie. Funktioniert habe es nicht.

„Wir waren immer Querdenker, haben von Anfang an einen aufbauenden, kooperativen Weg verfolgt und versucht, die Menschen zu stützen. Dafür wurden wir auch in der Fachwelt teils heftig kritisiert. Aber die Erfolge geben uns Recht, und heute hat sich dieser Weg durchgesetzt.“ Darüber, aber vor allem über moderne Arbeitsmethoden erzählten die Referenten vor rund 130 Hörern in der Friedenskirche bei der 40-Jahr-Feier. Unter ihnen fanden sich Dr. Jack Kreutz, der Leiter der Forensik in Bedburg-Hau, aber auch Jörg Böcke. Der Journalist und Autor war früher selbst von harten Drogen abhängig und schrieb Bücher zu diesem Thema. Eine seiner Kernthesen lautet: „Wir müssen illegale Drogen aus der Illegalität holen. Nur mit einer Legalisierung ist eine staatliche Regulierung möglich.“

Für Spaß sorgte Bernhard Hell­stern. Der Schauspieler des Hamburger Scharlatan-Theaters trat als Professor Dr. Friedrich Laberger auf. „Er hat zur Digitalisierung gesprochen und totalen Unsinn erzählt. Aber es hat gedauert, bis die Zuhörer das verstanden haben. Einige haben sich zunächst eifrig Notizen gemacht“, erzählt Kaber lachend.

Dann berichtet sie aus ihren Erfahrungen in der Beratungsstelle. „Heute arbeiten wir eng mit vielen Selbsthilfegruppen zusammen. Das geht von der ,Frohen Insel’, die von Anfang an mit dabei war, bis zu den Anonymen Alkoholikern. Aktuell haben wir in Krefeld zehn oder elf unterschiedliche Gruppen mit unterschiedlichen Schwerpunkten.“ Alkohol sei eine der gefährlichsten Drogen. „Er wird oft gar nicht wirklich den Drogen zugezählt. Tatsächlich fordert er aber weit mehr Opfer als jede illegale Substanz. Gegen ein Gläschen hier und da ist sicher nichts einzuwenden, aber es gilt, vorsichtig damit zu sein“, sagt Kaber.

Was aber sind die neuesten Entwicklungen? Welche Drogen machen heute ansonsten die meisten Probleme? „Wir beobachten unlängst, dass verschnittenes Kokain auf dem Markt ist. Wir wissen nicht genau, womit. Symptomatisch ist es so, dass die Konsumenten sehr aggressiv werden. Die Vermutung geht in Richtung Metamphetamin, also ‚Crystal Meth’“, sagt die Expertin. Tatsächlich habe Dr. Eich, verantwortlicher Arzt am Alexianer-Krankenhaus, vor, zukünftig bei Einlieferungen die Patienten darauf zu testen. Bislang habe diese tückische Substanz in der Gegend eigentlich noch nicht Fuß gefasst.

Positiv sei die Entwicklung bei Heroin. „Hier erleben wir seit Jahren keine Zunahme der Konsumentenzahlen“, sagt Kaber. Eher Partydrogen wie Amphetamine (bekannt beispielsweise als „Speed“) oder Cannabis seien auf dem Vormarsch. „Speziell bei jungen Leuten beobachten wir hier steigende Zahlen“, sagt Kaber.

Doch was passiert mit Konsumenten, die zur Beratungsstelle kommen? „Zunächst versuchen wir, in einem Einzelgespräch persönliche Bedarfe zu ergründen. Wir analysieren den Fall und sehen dann weiter. Oft geht es dann in der Folge in eine Gruppe, wo die Menschen unter Gleichgesinnten nach Wegen aus der Sucht suchen“, erläutert sie.

Und auch Ersatzbehandlungen mit Substanzen wie Methadon seien möglich. „Allerdings haben wir davon nichts vor Ort. Bei uns wurde schon mehrfach eingebrochen, alles aufgerissen, aber nichts gestohlen. Vermutlich waren die Einbrecher auf der Suche danach. Das ist hier aber nicht zu finden“, sagt die Leiterin der Beratungsstelle.

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