Infrastruktur in Wankum Wohnen über dem Schützengraben

Wankum · Für rund 100 Menschen bietet das Baugebiet „Alter Sportplatz Wankum“ Platz. Wo bald Häuser gebaut werden, erwarteten vor rund 75 Jahren deutsche Soldaten die alliierten Angreifer. Auf dem Areal gibt es Spuren von damals.

 Im alten Schützengraben, der bald zugeschüttet wird (v.l.): Franz-Josef Delbeck (Gemeinde), Bürgermeister Hans-Josef Aengenendt, Patrick Simon (Gemeinde), Uwe Marksteiner (Gemeinde) und Thomas Jansen (Ingenieurbüro).

Im alten Schützengraben, der bald zugeschüttet wird (v.l.): Franz-Josef Delbeck (Gemeinde), Bürgermeister Hans-Josef Aengenendt, Patrick Simon (Gemeinde), Uwe Marksteiner (Gemeinde) und Thomas Jansen (Ingenieurbüro).

Foto: Norbert Prümen/Norbert Prümen (nop)

Am Samstag wird von der Wachtendonker Gemeindeverwaltung fleißig telefoniert. Sie ruft die Interessenten an, die bald im Baugebiet „Alter Sportplatz Wankum“ wohnen wollen. Die Zahl der Interessenten übersteigt die 30 Baugrundstücke für die 24 Einfamilienhäuser und sechs Doppelhaushälften. Hinzu kommen zwei Mehrfamilienhäuser für, so Bürgermeister Hans-Josef Aengenendt, „bezahlbaren Wohnraum“, von denen eines das Blockheizkraftwerk für die zentrale Wärmeversorgung des Gebiets beherbergt. Wohl die wenigsten der künftigen rund 100 Bewohner dürften wissen, dass es einst quasi in ihren Gärten wesentlich weniger friedlich zuging.

Ein Hinweis auf diese Zeit erstreckt sich quer über das Areal. Es ist mehr als 100 Meter lang und zehn Meter breit: ein Schützengraben aus dem Zweiten Weltkrieg. Dort erwarteten deutsche Soldaten damals die Angreifer aus dem Westen.

 Tausende Menschen wurden für den Ausbau des Westwalls herangezogen. Hans Druyen erinnert in seinem Buch mit dieser Abbildung daran.

Tausende Menschen wurden für den Ausbau des Westwalls herangezogen. Hans Druyen erinnert in seinem Buch mit dieser Abbildung daran.

Foto: Feststellung-Weststellung.de

Am 6. Juni 1944 waren die Alliierten in der Normandie gelandet und marschierten auf Deutschland zu. Mit dem Ausbau des Westwalls wollten die NS-Machthaber den Vormarsch aufhalten. Wie der Wankumer Hans Druyen in seinem 2017 erschienenen Buch „Der weite Weg zum Frieden“ schildert, gab es den Bau zusätzlicher Erdstellungen, Lauf- und Panzergräben östlich es Westwalls, die Niers-Stellung oder auch die Niers-Rur-Stellung. „Von diesen Maßnahmen war auch Wankum in vielerlei Hinsicht betroffen.“ Ein Panzergraben sollte in nur rund 500 Meter Entfernung vom Ortskern entstehen. Zwischen Erkelenz und Wankum waren schließlich rund 6500 „Schanzer“ mit dem Ausheben beschäftigt.

Der Panzergraben ist längst eingeebnet. Der durch die jetzigen Bauarbeiten freigelegte Schützengraben war jahrzehntelang durch den Sportplatz bedeckt. Er gehört zu einem Laufgrabensystem, das bis nahe an den Panzergraben heranreichte, der jenseits der heutigen L 39 verlief. Der Schützengraben befindet sich ein gutes Stück hinter dem Panzergraben näher zum Wankumer Ortskern hin. Ob es dort jemals zu Kampfhandlungen kam, ist eher unwahrscheinlich. „Wir haben keine Kenntnis davon“, erklärte Patrick Simon vom Wachtendonker Ordnungsamt. „Wir haben auch keine Munition gefunden, nur Stacheldraht“, ergänzte Thomas Jansen vom Ingenieurbüro Jansen.

Seine große Tragödie hatte Wankum im Juni 1944 hinter sich. In der Nacht vom 21. auf den 22. Mai 1944 wurde das Wehrertüchtigungslager Harzbeck von Bombern der Royal Air Force angegriffen. 23 junge Menschen kamen ums Leben. Auch daran erinnert Hans Druyen in seinem Buch.

Die Freilegung jetzt ist laut Franz-Josef Delbeck von der Gemeindeverwaltung aufwändig gewesen. Unter anderem musste ein alter Lärmschutzwall verlegt werden. Ein neuer rund sechs Meter hoher Lärmschutz wird nach Angaben Jansens an der L 140 und L 39 errichtet. Es handle sich um eine Kombination aus Wall und Wand.

Die Vergabe der Baugrundstücke erfolgt nach einem Punktekatalog, dessen Kriterien vom Rat laut Kämmerer Uwe Marksteiner einstimmig festgelegt wurden. Die Interessenten werden nach der Höhe der von ihnen erreichten Punktzahl nacheinander angerufen, um mitzuteilen, ob sie bauen wollen oder nicht. Die Ausschreibungen laufen zum Teil schon. Laut Jansen werden zunächst der Schmutz- und Regenwasserkanal sowie die Baustraße in Angriff genommen. Und später, so Bürgermeister Aengenendt, will die Deutsche Glasfaser ihre Leitungen, die schon bis zur Baugebietsgrenze liegen, bis auf die Grundstücke verlängern.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort