Niederländer vor dem Landgericht in Kleve Drogenhandel im Darknet: Vor Gericht haben Chemiker das Wort

KLEVE/Emmerich/Rees  · Auf ihn wartet eine lange Haftstrafe. Wie lange, das hängt unter anderem davon ab, was die Chemiker zu den Dingen sagen, die er verkauft hat.

Drogenhändler war in Kleve, Emmerich und Rees aktiv
Foto: dpa/Silas Stein

Kokain, LSD, Amphetamin, Ecstasy, Marihuana – lang ist die Liste der Betäubungsmittel, die ein 33-jähriger Niederländer über das Darknet an Kunden in der ganzen Welt verkauft haben soll. Seit Mitte September muss der Mann sich als Angeklagter vor dem Klever Landgericht verantworten (wir berichteten mehrfach). Am Freitag fand der vierte Verhandlungstag statt.

Nachdem der 33-Jährige sich am Montag erstmals zu den Anklagevorwürfen geäußert und diese auch teilweise eingeräumt hatte, schwieg er am Freitag wieder. Nicht, weil sich seine Aussagebereitschaft geändert hat, sondern weil die Kammer den Verhandlungstag ohne geladene Zeugen vor allem zum Verlesen von Gutachten nutzte.

Denn die Pakete, die der Niederländer laut Anklage von Postfilialen in Emmerich, Rees und Kleve aus verschickt haben soll, waren teilweise von der Zollfahndung beschlagnahmt worden. Die sichergestellten Betäubungsmittel wurden von Chemikern des Bildungs- und Wissenschaftszentrums der Bundesfinanzverwaltung (kurz: BWZ) untersucht. Zu jeder Drogenlieferung erstellten die Sachverständigen ein Gutachten.

Reichlich Text hatte die Kammer dementsprechend am Freitag zu bewältigen, als sie die Dutzenden Wirkstoffgutachten des BWZ verlas. Textwüsten, die mitunter selbst den geübten Richtern zu schaffen machten. „Mein Gott“, rutschte es einem der beiden Berufsrichter heraus, als er zwischen dem Verlesen chemischer Verbindungen und Untersuchungsverfahren kurz ins Stolpern geriet.

Kein Wunder, denn die Gutachten strotzten nur so vor Fachchinesisch. Da hieß es beispielsweise: „Nach dem Ergebnis der chemischen, FTIR-spektroskopischen, gaschromatografisch-massenspektroskopischen und gaschromatografischen Untersuchung“ kennzeichne sich die Probe als eine „Zubereitung mit Anteilen von Amphetaminsulfat“.

Bestimmt hatten die Gutachter nicht nur, um welche Drogen es sich überhaupt handelt, sondern auch deren Wirkstoffgehalte. Zahlen, die bei der Strafzumessung noch von Bedeutung sein dürften – denn je größer der Wirkstoffgehalt und die Gesamtmenge, desto schwerer wiegt der Handel damit.

So zahlreich die Gutachten, so umfangreich sind auch die Anklagevorwürfe gegen den 33-Jährigen: 126 Fälle stehen in der Anklageschrift, dabei soll der Angeklagte Einnahmen von mindestens 578.000 Euro erzielt haben.

Die Staatsanwaltschaft hatte die Anklage auf diese Fälle beschränkt, obwohl sie insgesamt von mehr als 3400 Handlungen ausgeht.

Am Freitag beantragte die Anklagevertreterin eine weitere Beschränkung, auf gut die Hälfte der angeklagten Fälle. Die Kammer folgte dem Antrag, da die gestrichenen Fälle mit Blick auf die zu erwartende Gesamtstrafe nicht wesentlich ins Gewicht fallen würden.

Allein bei einer Hausdurchsuchung in den Niederlanden hatten die Ermittler Drogen im zweistelligen Kilobereich sichergestellt, und auch die Pakete waren teilweise mit Drogen im Kilobereich bestückt.

Der Prozess wird beim Landgericht Kleve am 28. Oktober um 10 Uhr fortgesetzt.

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