Kohleausstieg NRW erhält 15 Milliarden für Kohle-Reviere

Das Bundeskabinett bringt Strukturhilfen für die vom Kohleausstieg betroffenen Gebiete auf den Weg, auch das Ruhrgebiet und das rheinisches Revier profitieren. Forscher streiten über die Sinnhaftigkeit der Milliarden.

 Der Tagebau Inden.

Der Tagebau Inden.

Foto: dpa/Oliver Berg

Ob Garzweiler, Inden oder Hambach – noch arbeiten die mächtigen Bagger im Tagebau. Doch spätestens 2038 soll Schluss ein. Bis dahin will Deutschland aus der Kohleverstromung aussteigen. Und noch bevor ein konkreter Zeitplan für die Schließung einzelner Tagebaue und Kraftwerke steht, hat das Bundeskabinett nun milliardenschwere Strukturhilfen auf den Weg gebracht und dazu Eckpunkte beschlossen. Bis 2038 sollen insgesamt 40 Milliarden Euro fließen, davon 14,8 Milliarden Euro (37 Prozent) nach Nordrhein-Westfalen.

Wofür wird das Geld verwendet? Mit dem Geld soll die Ansiedlung neuer Arbeitgeber und die Entstehung neuer Arbeitsplätze gefördert werden. Denn der Kohleausstieg kostet Zehntausende Jobs: Allein im rheinischen Revier hängen knapp 10.000 Stellen direkt an der Braunkohle, indirekt weitere 18.000. Nach den Plänen der Politik soll das rheinische Revier „Modellregion für Energieversorgungs- und Ressourcensicherheit“ und „Innovation Valley Rheinland“ werden. Doch da die Politik neue Fabriken nicht selbst bauen kann, sucht man in den Landesministerien nun eifrig nach sinnvollen Förderprojekten. So sollen etwa ein Forschungsinstitut für klimaneutrale Brennstoffe (in Jülich) und ein Institut für Automatisierung angesiedelt werden. Die S-Bahn rund um Köln soll ausgebaut und die Autobahn A 52 zwischen den Kreuzen Mönchengladbach und Neersen erweitert werden.

Was ist mit dem Ruhrgebiet? Als Milliarden für die Braunkohle lockten, wurden die Steinkohle-Regionen im Saarland und Ruhrgebiet wach. Nun holten auch sie Geld heraus. „Wir haben eine Milliarde Euro Strukturhilfen für die Steinkohleregionen festgeschrieben. Davon profitieren fünf Standorte aus dem Ruhrgebiet, nämlich Duisburg, Gelsenkirchen, Herne, der Kreis Unna und Hamm“, sagte Oliver Wittke (CDU), Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium. „Wir müssen die Steinkohle-Standorte sofort nach dem Abschalten der Kraftwerke wieder nutzbar machen, da dürfen keine Narben entstehen.“

Ist die Milliardenhilfe sinnvoll? Darüber streiten die Experten. „Aus ökonomischer Sicht ist es rausgeschmissenes Geld“, sagte Reint Gropp, Chef des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle, im Deutschlandfunk. Grundsätzlich brauche Deutschland zwar Investitionen, aber nicht auf dem Land im Osten, wo die Bevölkerung schrumpfe. Die Kohle-Milliarden seien ein Wahlgeschenk an Ostländer, um ein Erstarken der AfD zu verhindern. Für NRW ergänzte Oliver Krischer, Vizechef der Grünen-Bundestagsfraktion: „Das ist kein Konzept für Klimaschutz und Strukturwandel. Da werden Autobahnen in der Hocheifel ertüchtigt, die 80 Kilometer entfernt vom rheinischen Braunkohlerevier liegen.“ Ministerpräsident Armin Laschet betont dagegen: „Für das rheinische Revier ist das eine gute Nachricht und ein Signal des Aufbruchs.“ Joachim Ragnitz, Forscher beim Ifo-Institut, kann mit dem Kompromiss leben: „Es fließt zwar viel Geld, aber die Länder müssen bei den meisten Maßnahmen einen finanziellen Eigenanteil leisten, was einen Anreiz bietet, sorgsam mit dem Geld des Bundes umzugehen.“

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