Massenhafter Missbrauch auf Campingplatz Sonderausschuss soll Lügde-Skandal aufklären

Düsseldorf · Neue Details im Fall Lügde: Der Hauptbeschuldigte im Missbrauchsskandal ging offenbar noch brutaler als bislang gedacht gegen die Kinder vor. SPD und Grüne fordern nun einen Untersuchungsausschuss.

Missbrauchsfall in Lügde: So sieht der Campingplatz nach dem Abriss aus
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So sieht der Campingplatz in Lügde nach dem Abriss aus

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Foto: dpa/Guido Kirchner

So soll der 56-jährige Andreas V. sich bei dem sexuellen Missbrauch von Kindern auch über deren schmerzhafte Verletzungen hinweggesetzt und sie mit einem subtilen System von Strafen und Belohnungen gefügig gemacht haben. Das berichtet das Magazin „Der Spiegel“ unter Berufung auf die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Detmold.

SPD und Grüne im NRW-Landtag nehmen den weitgehenden Abschluss der Ermittlungen zum Anlass, einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zur Aufklärung des Falles zu fordern. „Wir warten nur noch die Zulassung der Anklage durch das Gericht ab“, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty am Dienstag. Zuvor hatte seine Fraktion einen entsprechenden Vorratsbeschluss gefasst.

Hinter vorgehaltener Hand räumen Oppositionspolitiker ein, dass das Warten auf die Zulassung der Anklage durch das Gericht allerdings nur einen Trick ist, um Zeit zu gewinnen: Bereits für den morgigen Mittwoch hat nämlich die AfD einen Antrag auf Einsetzung eines Lügde-PUAs ins Plenum eingebracht. SPD und Grüne kooperieren aber grundsätzlich nicht mit der AfD und wollen den PUA deshalb unabhängig von der AfD einfordern, deren Antrag sie morgen deshalb ablehnen werden.

Kutschaty begründet das so: „Bevor das Gericht die Anklage zulässt, sind immer noch Nachermittlungen möglich.“ Ein PUA könne sich nur mit Themen beschäftigen, die bis zum Zeitpunkt der Antragsstellung bekannt seien. Man müsse ausschließen, dass nach der Antragsstellung noch weitere Details bekannt würden, die der PUA ebenfalls untersuchen muss.

Die stand im Zentrum der sexuellen Übergriffe. Laut Anklage geht es bei ihr um mindestens 132 Fälle von sexuellem Missbrauch. Viele weitere Opfer waren offenbar Freundinnen der Pflegetochter, die V. immer wieder zum Übernachten in seine Camping-Behausung eingeladen haben soll.

Die Staatsanwaltschaft listet laut „Spiegel“ in der Anklageschrift 22 minderjährige Opfer auf, einige davon waren zum mutmaßlichen Tatzeitpunkt erst zwischen vier und acht Jahre alt. V. soll auch Taten mit einem weiteren Mitangeklagten begangen haben. Ein dritter Angeklagter soll die Taten teilweise per Video-Chat verfolgt haben. Insgesamt ist von mehr als 30 Opfern die Rede.

V. soll mehreren Kindern angedroht haben, sie müssten „draußen schlafen“, wenn sie sich nicht fügten. Auch soll er ihnen gedroht haben, er werde ihren „Liebsten“ etwas antun, falls sie etwas weitererzählen.

Mit dem PUA zielt die Opposition vor allem auf etliche Behördenpannen bei der Aufklärung des Falls ab. Und damit indirekt auf NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU), der oberster Dienstherr der NRW-Polizei ist. So soll Reul die Verantwortung für die Aufklärung des Falls viel zu spät von der erkennbar überforderten Polizei in Lippe abgezogen und an das Polizeipräsidium Bielefeld übertragen haben. In Lippe waren zuvor unter anderem Beweise aus einer Asservatenkammer verschwunden. Zudem wurden frühe Hinweise auf die möglichen Machenschaften des Haupttäters nicht sachgerecht behandelt.

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