Corona-Herbst und Winter NRW setzt auf möglichst viele Impfungen bei Älteren

Düsseldorf · Es liege an der Bereitschaft der über 60-Jährigen, wie gut oder schlecht das Land durch den Herbst und Winter komme, sagt Gesundheitsminister Laumann. Ansonsten setzt Nordrhein-Westfalen bei Corona auf Eigenverantwortung.

 Blick auf den Impfstoff (Symbolbild). Es gibt eine große Impflücke beim zweiten Booster bei den über 60-Jährigen.

Blick auf den Impfstoff (Symbolbild). Es gibt eine große Impflücke beim zweiten Booster bei den über 60-Jährigen.

Foto: dpa/Robert Michael

Möglichst viele Impfungen bei den Älteren, das Prinzip „Eigenverantwortung“ bei allen anderen – das sind die Eckpfeiler der Corona-Strategie der Landesregierung für den Herbst. „Wie wir durch diesen Winter kommen, wird entscheidend von der Impffrage abhängen“, sagte Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU): „Schön wäre natürlich, wenn sich alle über 60-Jährigen und alle mit Vorerkrankungen impfen lassen.“

Das sei nicht realistisch, räumte er ein. Käme man aber beim zweiten Booster in NRW auf die gleichen Zahlen wie bei Erst- und Zweitimpfungen, so wäre er sehr zufrieden. Jeweils mehr als 90 Prozent der über 60-Jährigen haben die ersten beiden Impfungen, 88 Prozent die dritte, aber nur noch knapp 37 Prozent die vierte erhalten. Das sei zu wenig. Ansonsten, so Laumann, sei die Lage so, „dass wir sie im Blick behalten müssen, es aber aktuell keinen Grund für Verschärfungen der Schutzmaßnahmen gibt“. Man setze auf Eigenverantwortung: Wer Symptome habe, solle sich testen: „Wer infiziert ist, soll zu Hause bleiben.“

Seine Einschätzung erklärte Laumann auch mit der Situation in den Krankenhäusern. Dabei klingen die Zahlen alarmierend: Zum Stichtag 6. Oktober waren rund 3550 Menschen mit Corona in NRW-Kliniken: „Das sind rund 1000 mehr als vor einer Woche.“ Auch die Zahl der Corona-Patienten auf Intensivstationen ist sprunghaft von rund 180 auf rund 260 gestiegen. Aber damit seien nur rund vier Prozent der Intensivbetten durch Corona-Patienten belegt, beim Personal habe es zuletzt einen normal hohen Krankenstand gegeben – die Lage sei „entspannt“.

Bei der nordrhein-westfälischen Krankenhausgesellschaft sieht man die Entwicklung derzeit dennoch mit Sorge. Der Krankenstand könne schon jetzt höher sein als bei der Abfrage vor fünf Wochen, und auf jeden Fall rechne man mit mehr Ausfällen, wenn die Corona-Welle sich aufbaue, erklärte ein Sprecher: „Das war bisher immer so. Und das ist es auch, was in der Vergangenheit zu Engpässen geführt hat.“

An der Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) ändert sich nichts. Den zweiten Booster empfiehlt sie Menschen über 60, Menschen mit Vorerkrankungen, medizinischem Personal und Mitarbeitern sowie Bewohnern von Heimen. Weitergehenden Empfehlungen auch für Jüngere und Gesunde erteilte der Stiko-Vorsitzende Thomas Mertens eine Absage: „Das Argument ,Es schadet nicht‘ ist keine ausreichende medizinische Indikation.“ Außerdem erklärte der Stiko-Chef, es sei „zu einem gewissen Grade eine Definitionsfrage“, ob man es bei Corona jetzt überhaupt noch mit einer Pandemie zu tun habe oder nicht: „Irgendwie geht das jetzt von der Pandemie in eine sogenannte endemische Infektionssituation über.“

Die Opposition im Landtag bemängelte, dass viele Jüngere und auch Ärzte nicht wüssten, wie sie mit der Stiko-Empfehlung umgehen sollten. Natürlich sei es essenziell, dass Ältere und Vorerkrankte sich boostern ließen. „Menschen unter 60 Jahren dürfen wir aber nicht aus dem Blick verlieren“, sagte Lisa-Kristin Kapteinat, Fraktionsvizechefin der SPD: „Grundsätzlich sollte klar sein: Wer eine Auffrischimpfung haben will, soll sie in Rücksprache mit seinem Arzt bekommen.“ Und wenn sich die Pandemie-Situation zuspitze, „sollte Minister Laumann nicht zögern, die Möglichkeiten des Infektionsschutzgesetzes auf Landesebene auszuschöpfen“.

Unterdessen sprach auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bezogen auf die vierte Impfung von einer derzeit sehr großen Impflücke bei den über 60-Jährigen. Gemeinsam mit Pflegeverbänden skizzierte er in Berlin die Corona-Strategie für Pflegeheime. In den Einrichtungen sollen Impfangebote gemacht werden: „Die Sterblichkeit sinkt noch einmal um 90 Prozent, wenn jemand nicht nur ein drittes, sondern auch ein viertes Mal geimpft ist.“ Vollstationäre Einrichtungen dürfen außerdem künftig das Corona-Medikament Paxlovid auf Vorrat einlagern und im Notfall auch ohne Rezept verabreichen. Außerdem gibt es Test- und Maskenpflichten in den Häusern.

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