Die Störenfriede (16) Herr Goertz findet den originalen Derrick-Harry-Wagen-Wortlaut

Duisburg · Herr Goertz macht bei Youtube eine sensationelle Entdeckung. Mit Graf Yoster kann Herr Sieben nichts anfangen, aber in Emma Peel finden beide eine Gemeinsamkeit. Nach einem Filmtipp für Herren geht es am Ende sogar um Feminismus. Die 16. Folge der Störenfriede.

 Mann klarer Ansagen: Oberinspektor Derrick.

Mann klarer Ansagen: Oberinspektor Derrick.

Foto: DPA

Einmal in der Woche chatten die Redakteurs-Kollegen Christian Sieben und Wolfram Goertz miteinander, um sich nach dem Befinden des anderen zu erkundigen. Beide verbindet eine satirische Sicht auf die Dinge, ansonsten sind sie streng beim Sie. In ihren Gesprächen geht es oft um Alltägliches, gelegentlich um Grundsätzliches, und manchmal steht am Ende sogar eine Erkenntnis.

Sieben Herr Goertz, wobei störe ich?

Goertz Sie erleben mich im Zustand der Glückseligkeit. Ich habe endlich den originalen Wortlaut der Fernseh-Szene mit Derrick, Harry und dem Wagen gefunden.

Sieben Lassen Sie hören!

Goertz Er sagt: „Harry, wir brauchen den Wagen. Sofort!" Hier ist die Stelle.

Vier Sekunden klare Ansage. Gefahr im Verzug. Und ich dachte immer, der Wagen stünde sowieso vor der Tür, man brauche nur einzusteigen. Und Harry sagt: "Ich kümmer mich drum." Irgendwie ist das surreal. Worum soll er sich denn kümmern?

Sieben Der mittelalte Derrick erinnert mich phänotypisch an einen alten gemeinsamen Chef. Aber dies soll uns hier nicht belasten. Ich habe Derrick nie selbst gesehen. Aber sollte Derrick nicht zeitgleich mit seiner Aufforderung an Harry aufstehen? Das würde Zeit sparen, wenn Gefahr im Verzug ist.

Goertz Ja, aber er sitzt Lilli Palmer gegenüber, da verabschiedet man sich vornehm und springt nicht einfach so auf. Kennen Sie Lilli Palmer noch?

Sieben Leider nicht. Ich könnte sie nun rasch googeln, aber so sind wir nicht. Als „Derrick“ lief, war ich noch Kind. Schon meinen Eltern war das zu langweilig. Manchmal schauten sie „Der Alte". „Derrick" fast nie.

Goertz Ich als Kind schaute oft „Der Kommissar". Die Serie hat für mich insofern eine gewisse Bedeutung, als mein Vater in früheren Jahren dem Schauspieler Günther Schramm auffallend ähnelte. Einmal musste er sogar ein Autogramm geben. In meiner Jugend schaute ich aber ganz andere Dinge, die Sie nicht einmal vom Hörensagen kennen, etwa „Bezaubernde Jeannie" oder „Graf Yoster gibt sich die Ehre".

Sieben Ach, unterschätzen Sie meinen TV-Konsum als Heranwachsender nicht. Es war die große Zeit des Kabelfernsehens. „Der Chef" mit Raymond Burr, „Quincy", „Mit Schirm, Charme und Melone". Ich bin durchaus firm in diesen Dingen.

Goertz Oh, da haben wir eine schöne Gemeinsamkeit. Sie ahnen natürlich, wer mein Herz am höchsten schlagen ließ?

Sieben Ich habe die Auswahl zwischen Raymond Burr, Jack Klugman, Patrick Macnee und Diana Rigg. Aller vier Antworten wären vollkommen in Ordnung, Herr Kollege. Aber ich tippe doch auf Diana Rigg.

Goertz Ja, ich war vernarrt in sie, obwohl ich damals noch ein kleiner Junge war. Diese Hinwendung hat sich nie geändert. Deshalb habe ich auch „Im Geheimdienst Ihrer Majestät" nur ein einziges Mal angeguckt, obwohl ich daheim die „Bond Collection" besitze. Diana Rigg erschossen, nein, das hätte ich kein zweites Mal ertragen.

Sieben Ich mochte sie auch sehr. Wobei ich nun etwas sage, wofür ich bestimmt Ärger bekomme und dies zu Recht: Der Übergang vom Schwarzweiß- zum Farbfernsehen hat ihrer Karriere nicht gutgetan.

Goertz Ich weiß, was Sie meinen. In den Farbfolgen von „Mit Schirm, Charme und Melone“ trug sie farblich auffallende Kleidung und malte Ölbilder mit intensiven Farben. Die wären nicht einmal bei Sotheby’s in Köln versteigert worden.

Sieben Weil wir uns nun besser kennen, gebe ich Ihnen im Vertrauen einen Filmtipp. „Hospital" aus dem Jahr 1971. Eine Krankenhaussatire. Mehr verrate ich nicht. Und falls es Ihnen gelingt, den Film aufzutreiben, reden wir bitte nie über den Grund für meine Empfehlung. Kennen Sie eigentlich Franz Meersdonk und Günther Willers?

Goertz Was müsste da bei mir dämmern?

Sieben Franz Meersdonk. Günther Willers. Und ihre Maschinen. 320 PS. Sie fahren Terminfracht in aller Herren Länder. Auf sie ist Verlass. Allein dieser Vorspann rechtfertigt es, sich alle 86 Folgen von „Auf Achse“ bei Youtube anzuschauen.

Goertz Kann man sagen: Sie haben ihre Wagen immer geholt und immer gebracht, und zwar sofort?

Sieben Durch die Sahara, durch Asien, durch die Atacama-Wüste, durch die Türkei und durch Indien. Sehr zu Freude ihrer Chefin, der jüngsten Speditionskauffrau Münchens, damals gespielt von Monica Bleibtreu. Und stets unter widrigsten Umständen. Diese Serie konnte Sie nie begeistern?

Goertz Doch, ich habe diese Folgen immer gern gesehen. Wir beide sind offenbar Globetrotter, die beim Trotten um den Globus gern schon mal im Wohnzimmer bleiben.

Sieben Auf Emma Peel machen wir so natürlich keinen Eindruck. Sie liebte jedes Abenteuer und mochte draufgängerische Männer. Ihr Ehemann war jahrelang im Dschungel verschollen. Aber kennen Sie den wahren Grund für ihren Ausstieg aus der Serie? Man wollte ihr weniger Gage zahlen als ihren männlichen Kollegen.

Goertz Würden Sie Emma Peel als Feministin bezeichnen?

Sieben Sie war die erste! Nach ihr wurde ja auch später eine Zeitschrift benannt. Wir sprechen uns noch!

(In einer früheren Version hatte Herr Goertz „Der Alte“ und „Der Kommissar“ verwechselt, eine fernsehgeschichtliche Fehlleistung erster Güte. Dank des aufmerksamen Kommentators Netzer71 wurde das Malheur entdeckt und korrigiert.)

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