Amazon-Zentrum in Mönchengladbach Warum Unternehmen gerne ehemalige Soldaten einstellen

Mönchengladbach · Der Online-Händler Amazon will in Mönchengladbach einen Bereichsleiter „mit militärischem Hintergrund“ einstellen. Die Gewerkschaft Verdi sieht das kritisch. Doch viele Unternehmen setzen auf ehemalige Soldaten.

 Ein Soldat salutiert. (Symbolbild)

Ein Soldat salutiert. (Symbolbild)

Foto: dpa

Die Stellenanzeige hat die Nummer 771819 – und ein Anforderungsprofil, das man hierzulande nicht unbedingt in jedem Jobangebot findet: „Bereichsleiter Logistik (m/w) – Führungskräfte mit militärischem Hintergrund“ überschreibt der amerikanische Online-Handelsriese Amazon eine Job-Offerte auf seiner Internetseite amazon.jobs.de. Zu besetzen ist die Stelle im neuen Logistikzentrum, das in Mönchengladbach-Rheindahlen entsteht.

„Die Einstellung von Personal aus dem Militär ist ein entscheidender Bestandteil unseres unternehmensweiten Business-Plans, die Führungskräfte der Zukunft zu finden“, schreibt Amazon weiter. Ein Bekenntnis, das Tim Schmidt, Sekretär der Gewerkschaft Verdi kritisch sieht. Amazon rekrutiere schon seit Jahren ehemalige Militärangehörige als Führungskräfte. „Nach meiner Erfahrung sind darunter auch Leute, die schon mal mit scharfem Ton ein Team vorantreiben“, berichtet Schmidt.

Viele Mitarbeiter des Online-Händlers würden bei Führungskräften den nötigen Respekt vermissen, sagt der Verdi-Mann. Nach eigenen Angaben hat er vor seinem Wechsel in Gewerkschaftsdienste selbst zwei Jahre für Amazon in Rheinberg gearbeitet und war dort Betriebsratsvorsitzender.

Amazon-Sprecherin Antje Kurz-Möller weist die Vorwürfe entschieden zurück: „Wir haben hier einen sehr respektvollen Umgang miteinander“, versichert sie. „Bei uns arbeiten Menschen aus 150 Nationen in einem Team zusammen. Wenn man da keinen guten und fairen Ton pflegen würden, könnte man überhaupt nicht produktiv sein.“

Dass Amazon für bestimmte Positionen nach ehemaligen Soldaten Ausschau halte, sei im Unternehmen übliche Praxis, bestätigt Kurz-Möller: „Seit 2010 gibt es bei Amazon offiziell ein Programm, das sich speziell an Fach- und Führungskräfte des Militärs richtet.“ Denn ehemalige Bundeswehroffiziere seien gut ausgebildet und darin erfahren, große Teams zu leiten. Da die Bundeswehr auch große logistische Aufgaben bewältige, seien ehemalige Soldaten auch in diesem Bereich oft versiert. „Wir wissen, dass Fach- und Führungskräfte der Bundeswehr es gewohnt sind, täglich schnelle und richtige Entscheidungen in kritischen Situationen zu treffen, die viele Tausend Menschen beeinflussen können“, sagt Möller.

Im Heimatland USA rekrutiert der Online-Händler noch weitaus offensiver ehemaliges Personal der Streitkräfte. 2016 gab das Unternehmen gar das Versprechen ab, 25.000 Veteranen und Partner von Soldaten im Laufe der nächsten fünf Jahre einzustellen und weitere 10.000 aktive Soldaten im Cloud-Computing zu schulen.

International ist auch gängig, dass staatliche Stellen ehemaligen Militärangehörigen beim Start in eine zivile Karriere helfen. In Großbritannien etwa kümmert sich darum das Defence Relationship Management, Frankreich hat dafür seine Defense Mobilité und Spanien Sapromil, das Sistema de Aprovechiamento de Capacidades Profesionales del Personal Militar. In Deutschland ist der Berufsförderungsdienst der Bundeswehr dafür zuständig, ehemalige Soldaten beim Übergang in einen Zivilberuf zu unterstützen.

Bei deutschen Unternehmen mag es nicht alltäglich sein, forciert Ex-Soldaten anzusprechen. Doch einige tun es. So hat der Sicherheitsdienstleister Kötter laut seiner Website etwa 1800 ehemalige Militärangehörige angestellt und ein „Military Rekrutierungscenter“ in Unterföhring. Bei Bedarf werden ehemalige Soldaten unter anderem für den kaufmännischen oder technischen Bereich gesucht. Bei der Einzelhandelskette Rewe können sich Interessenten unter karriere.rewe.de einen Flyer herunterladen. Der umwirbt ehemalige Soldaten unter der Überschrift: „Ausgedient? Kommen Sie zu Rewe“.

Wie gefragt ehemalige Bundeswehrsoldaten wegen ihrer Erfahrungen auf dem Arbeitsmarkt sind, weiß die Mönchengladbacher Arbeitsagentur nach Angaben einer Sprecherin nicht „seriös einzuschätzen“. Man habe bei der Arbeitsvermittlung den passenden Zielberuf im Blick, nicht den Beruf, aus dem ein Bewerber komme.

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