WM-Kolumne des Ex-Bundestrainers Warum Berti Vogts gern Rainer Bonhof im Expertenrat sehen würde

Exklusiv | Mönchengladbach · Der frühere Bundestrainer Berti Vogts spricht über die Zusammensetzung des DFB-Expertenrates und sagt, wie wichtig die EM 2024 für den deutschen Fußball ist. Eine Sache tut ihm derzeit besonders weh.

Gladbach: Rekordspieler - Nico Elvedi erreicht Top 20
30 Bilder

Borussias Bundesliga-Rekordspieler

30 Bilder
Foto: imago

Von Berti Vogts

Der Blick zurück auf die Weltmeisterschaft in Katar macht das deutsche Aus in der Vorrunde noch schmerzhafter. Wann ist Spanien ausgeschieden? Im Achtelfinale! Wann Japan? Auch im Achtelfinale! Wir sind nicht an den großen Fußballnationen wie Frankreich, Argentinien oder Brasilien gescheitert. Das ist noch mal eine andere Dimension. Aber so müssen wir umso mehr über das Abschneiden bei der WM nachdenken.

Borussia Mönchengladbach: Alle WM-Teilnehmer - Marcus Thuram wird Zweiter
34 Bilder

Alle WM-Fahrer von Borussia Mönchengladbach

34 Bilder
Foto: AFP/KIRILL KUDRYAVTSEV

Was mir gefällt, ist, dass Aki Watzke beim DFB gleich handelt. Es ist wichtig, dass er als DFL-Vertreter dabei ist und so den Verband und die Liga wieder enger verbindet. Und es ist gut, dass er einen Expertenrat einberufen hat, um die Probleme auf höchster Ebene anzugehen. Vor allem in Matthias Sammer ist einer dabei, der gern den Finger in die Wunde legt und Unangenehmes anspricht.

Sammer war einer der Anführer 1996 bei der EM in England – und er war immer auch ein unangenehmer Spieler, der schonungslos seine Meinung gesagt hat. Trotzdem und gerade deswegen hatte ich mit ihm immer gute Gespräche über Fußball, es ging um die Sache, war immer zielführend für das Team und ist unter uns geblieben. Und so wird er auch jetzt im Expertenrat arbeiten.

Nationalmannschaft: Die Bilanzen der Bundestrainer beim DFB
14 Bilder

Die Bilanzen der Bundestrainer beim DFB

14 Bilder
Foto: dpa, nic

Einen Namen vermisse ich aber auf der Liste und den hätte DFB-Präsident Bernd Neuendorf als Dürener definitiv auf der Agenda haben müssen: Rainer Bonhof. Er war als Spieler Welt- und Europameister, war Deutscher Meister mit Borussia Mönchengladbach, hat in Spanien gespielt, war als mein Co-Trainer Europameister, hat DFB-Nachwuchsteams trainiert, hat in Schottland gearbeitet, war Scout beim FC Chelsea und ist nun Vize-Präsident bei einem Klub, der in Deutschland einen großen Namen hat. Er kennt den Fußball in allen Facetten und ist ein Praktiker.

Es ist absolut wichtig, dass der DFB wieder praxisorientierter arbeitet. Es gibt im Moment zu viele Theoretiker. Auch Rainers Auslandserfahrung wäre sehr hilfreich. Der DFB kocht zu sehr im eigenen Saft, der Blick auf andere Verbände und der Austausch, das habe ich oft betont, muss wieder verstärkt werden. Ja, Frankreich, Argentinien oder Portugal haben ihre Superstars – aber sie haben zugleich Top-Talente in der Hinterhand. Und auch Stars müssen ausgebildet werden, damit sie bereit sind für große Taten.

Wenn ich so auf die Franzosen schaue, haben sie sich durchaus einiges bei uns abgeschaut. Champagner-Fußball konnten sie immer, aber jetzt ist da auch der nötige Pragmatismus in ihrem Spiel – und der hat früher immer deutsche Teams ausgezeichnet in den großen Spielen, in denen es darum geht, Ergebnisse zu machen.

Und Ergebnisse muss es auch bei der Europameisterschaft 2024 in Deutschland gehen. Wir sind als Gastgeber einer der Topfavoriten – und wenn ich mich an die Turniere bei uns, die Weltmeisterschaften 1974 und 2006 sowie die EM 1988 erinnere, dann waren das tolle Fußballfeste. Wir müssen da ein Team haben, das unseren Fußball wieder in die richtige Spur bringt und ihn wieder mit den Fans versöhnt. Wenn ich heute mit meinem Hund unterwegs bin und man mit Leuten in Gespräch kommt, sagen sie viel zu oft: Nein, die WM und die Nationalmannschaft verfolge ich nicht.

Das tut mir als jemandem, der den Fußball lebt und liebt, weh. Das muss wieder anders werden. Und Sympathien gewinnt man am besten zurück auch durch Erfolge. Wir brauchen jetzt Spieler und eine deutsche Fußball-Nationalmannschaft, die diesem Druck gewachsen sind. Die EM wird nach den letzten Enttäuschungen in vielen Belangen sehr, sehr wichtig sein für unseren Fußball. Das muss jeder beim DFB und in den Klubs wissen und entsprechend handeln.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort