„Keiner hat geredet“ Der Werkself fehlen Führungsspieler

Leverkusen · Nadiem Amiri verblüfft nach der 1:2-Heimniederlage gegen Arminia Bielefeld mit Einblicken in die Kabine. Ruhig sei es gewesen, kein Spieler habe etwas gesagt, erzählt der 24-Jährige. Das ist eins der vielen Probleme in der Mannschaft.

 Leverkusens Nadiem Amiri (l.) schlägt die Hände über dem Kopf zusammen, Bielefelds Torwart Stefan Ortega feuert seine Mitspieler an.

Leverkusens Nadiem Amiri (l.) schlägt die Hände über dem Kopf zusammen, Bielefelds Torwart Stefan Ortega feuert seine Mitspieler an.

Foto: dpa/Ina Fassbender

Kaum war die Pfeife von Schiedsrichter Sascha Stegemann ertönt, da schlichen die Profis der Werkself bereits niedergeschlagen vom Platz. Über sechs Minuten Nachspielzeit hatten sie, um aus dem 1:2 gegen den Abstiegskandidaten wenigstens noch ein 2:2 zu machen und die misslungene Partie zu einem versöhnlichen Ende zu führen. Es gelang ihnen nicht. In der Kabine setzte sich die bedrückende Gemütslage nahtlos fort, wie Nadiem Amiri berichtete. „Nichts, Ruhe, keiner hat geredet“ beantwortete er die Frage nach der Stimmung unter den Spielern. „Das Spiel müssen wir erstmal sacken lassen.“

Bayer 04 Leverkusen: Noten und Einzelkritik gegen Arminia Bielefeld
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Bayer - Bielefeld: die Werkself in der Einzelkritik

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Natürlich ist es nicht einfach, nach einer bitteren Niederlage die richtigen Worte zu finden, die Teamkollegen aufzurütteln oder aufzumuntern. Aber die Vorstellung, dass die Bayer-Profis nach dem 1:2 gegen den Aufsteiger aus Bielefeld deprimiert in der Kabine sitzen und sich minutenlang anschweigen, ist alarmierend. Überraschend ist es aber nicht, denn schon auf dem Rasen gab es kaum teaminterne Kommunikation. Außer den lautstarken Ansagen von Schlussmann Lennart Grill war nicht viel von den Leverkusenern zu hören – auch dann nicht, als nach dem frühen 0:1 die Partie zu entgleiten drohte.

Das liegt auch an der Verletztenliste, auf der sich die Wortführer der Mannschaft wiederfinden. Julian Baumgartlinger ist dabei, Lars sowie Sven Bender und Lukas Hradecky. Das sind erfahrene Spieler, die in kniffligen Situationen vorangehen, mitreißen und nicht nur durch ihre Körpersprache zeigen, dass nach einem empfindlichen Rückschlag im Spiel immer noch etwas geht – oder die wie Hradecky angespannte Stimmungen in der Kabine durch einen lockeren Spruch auflösen können. „Ja, sie fehlen uns“, sagte Trainer Peter Bosz nach der Pleite gegen die Arminia zum Thema Führungsspieler.

Doch das ist nur ein Teil des Problems. Auch gegen Bielefeld standen einige gestandene Bundesligaprofis in der Startelf, die jetzt in die Rolle des Wortführers reinwachsen müssten. Charles Aránguiz mag in Topform ein exzellenter Mittelfeldspieler sein, doch der Chilene ist nach seiner langen Verletzungspause nicht präsent genug auf dem Platz und weit von dem entfernt, was er eigentlich zu leisten imstande ist. Abgesehen davon ist er eher ein stiller Spieler, der noch nie allzu kommunikativ auf dem Spielfeld war – und insofern eine schwierige Besetzung für das Kapitänsamt.

Ihm an der Seite steht in Bayers Schaltzentrale Kerem Demirbay, der zwar in Interviews gerne mal einen markigen Spruch raushaut, sich auf dem Rasen aber meist wegduckt, wenn Verantwortung und Vorangehen gefragt ist. Und dann ist da noch Amiri, der aktuell seiner Form hinterherläuft und ohnehin nicht der Typ Leitwolf ist.

Jonathan Tah wäre einer, der zum Führungsspieler reifen könnte und es phasenweise auch ist. Der Nationalspieler sprach davon, dass die Werkself nach Bielefelds Führung verunsichert gewesen sei. „Uns war klar, dass es ein schwieriges Spiel wird und es nicht einfach so über die Bühne geht“, sagte Tah. „Das erste Gegentor hat uns zu viel beschäftigt.“ Nach dem zweiten Treffer der Gäste sei es nicht besser geworden.

Die Zeit dazwischen wäre indes passend gewesen, um die Teamkollegen auf dem Rasen mit klaren Worten aufzurütteln.

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